Straßennamen Stadt sollte mehr Frauen würdigen

Düsseldorf · Öffentliche Straßen und Plätze sind auch in Düsseldorf überwiegend nach Männern benannt. Die Rheinische Post hörte sich unter bekannten Düsseldorferinnen um: An wen würden Sie gern mit einem Straßennamen erinnern?

 Tilde Klose engagierte sich im Nazideutschland im Widerstand und starb in einem Konzentrationslager. Ein Weg in Unterrath ist nach ihr benannt.

Tilde Klose engagierte sich im Nazideutschland im Widerstand und starb in einem Konzentrationslager. Ein Weg in Unterrath ist nach ihr benannt.

Foto: Andreas Bretz

Spuren von Frauen — auf Straßenschildern sind sie selten zu finden. Oft werden ihre Leistungen erst gewürdigt, wenn andere Frauen dafür kämpfen — wie Anfang der 1980er Jahre, als sich Pazifistinnen für die Benennung eines Platzes nach Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner starkmachten.

Bürgermeisterin Marie-Agnes Strack-Zimmermann geht zurück in eine grausame Zeit der Stadtgeschichte: "In Gerresheim wurde am 16. August 1738 Agnes Olmanns als letzte Hexen verbrannt." Man hatte ihr ein Verhältnis mit dem Teufel vorgeworfen, vom Ehemann und den Nachbarn denunziert ("sie war vielleicht eine, die nicht so gut gelitten war"), gestand sie unter der Folter. Strack-Zimmermann: "In dieser Geschichte geht es um Ausgrenzung, um einen Menschen, der keine Chance hatte, sich zur Wehr zu setzen." Es sei ein gutes Signal, in Gerresheim eine Straße nach Agnes Olmanns zu benennen.

Vorbilder mit Leidenschaft

Sanda Grätz, Gleichstellungsbeauftragte der Universität, möchte die Namen von zwei Ärztinnen gern auf Straßenschildern lesen: Selma Meyer (1888—1958) war erste Professorin für Kinderheilkunde in Düsseldorf. 1933 wurde ihr als Jüdin die Lehre verboten, ihre Praxis an der Jägerhofstraße geschlossen. Im New Yorker Exil arbeitete sie bis zu ihrem Tod als Kinderärztin. Heute ist nach ihr das Mentoring-Progamm der Uni benannt. Und: Erna Eckstein-Schloßmann, geboren 1895, erste Medizin-Studentin in Düsseldorf, emigrierte während des Naziregimes in die Türkei und gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Universitätsklinik. Noch als 101-Jährige — ein Jahr vor ihrem Tod — besuchte sie das Frauenbüro. "Beide sind für mich Vorbilder, sich haben sich in der Leidenschaft für ihren Beruf nicht beirren lassen."

Zwei Vorschläge hat auch Suzanne Oetker-von Franquet, Vorsitzende der Bürgerstiftung: "Ich habe mich oft gefragt, wieso Rose Ausländer in der Geschichtsschreibung der Stadt keine größere Rolle spielt." Die bedeutende Lyrikerin lebte 22 Jahre hier, wo "diese geistreiche Frau jüdischen Glaubens nach mehrfacher Vertreibung schließlich wieder eine Heimat gefunden hatte." Mit einem Straßennamen könne man ihr Anerkennung zollen und gleichzeitig ihr Andenken bewahren.

Das gelte auch für Elisabeth von Ardenne, die als "untreue Gattin" als Vorlage für Fontanes "Effi Briest" diente. "Ihr Schicksal war symptomatisch für die hohen moralischen Ansprüche an die Frauen und für ihre Fremdbestimmung im 19. Jahrhundert.

Susanne Anna, Chefin des Stadtmuseums, möchte eine Medizinerin und Kuratorin ehren: Marta Fraenkel (1896 — 1976) war in den 1920er Jahren wissenschaftliche Geschäftsführerin der Ausstellung Gesolei, später Leiterin des Reichsmuseums für Gesellschafts- und Wirtschaftskunde im Ehrenhof. Aufgrund ihrer jüdischen Herkunft verlor sie all ihre Funktionen, sie emigrierte in die USA und arbeitete dort in der öffentlichen Gesundheitsfürsorge. In Düsseldorf aber ist ihr Name längst vergessen.

"Es gibt ja so viele Frauen, an die man erinnern sollte", die Wahl von Ruth Willigalla, Gründerin des Heimatvereins "Düsseldorfer Weiter" fällt schließlich auf Hedwig Wachenheim (1844 — 1914), die zu den Wegbereiterinnen der Sozialdemokratie zählt und die für die Rechte der Arbeiter kämpfte. "Sie war eine äußerst kritische Frau, ihre Kritik richtete sich auch gegen die eigenen Reihen, weil es ihr viel zu lange dauerte, bis SPD und Gewerkschaften eine gemeinsame Ebene fanden." Eine Verwandte im Geiste.

Journalistin mit Moral

Einen Straßennamen für eine verdiente Düsseldorferin — für nur eine? Das fällte Ariane Neuhaus-Koch, Leiterin des Frauen-Kultur-Archivs an der Heinrich-Heine-Universität schwer. Aber dann entscheidet sie sich doch für eine: Gerda Kaltwasser (1933—2001), Jahrzehnte lang Redakteurin der RP, "die die Verbindung von Journalismus und Moral lebte." Sie habe sich für benachteiligte Randgruppen ebenso eingesetzt wie für unbekannte Nachwuchskünstler. "Sie brachte die Stadtgeschichte in ihren vielen Facetten einer breiten Öffentlichkeit nahe. Kenntnisreich und mit Leidenschaft."

(RP)
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