Tageseltern in Düsseldorf Stadt macht Rückzieher bei Reform der Kinder-Tagespflege

Düsseldorf · Die Reform der Tagespflege in Düsseldorf wird doch noch einmal verschoben. Eigentlich sollten die Betreuer ihre Zeiten von August an genau dokumentieren und nur noch einen Teil ihrer Einnahmen im Voraus erhalten. Jetzt werden erst einmal Daten anonym erhoben. Die Betreuer fühlen sich unter Generalverdacht gestellt.

 Tagesvater Holger Jahn betreute gestern (v. l.) Leni (2), Martha (1), Julian (2), Hector (1). Eine nachträgliche Vergütung von Stunden lehnt er ab.

Tagesvater Holger Jahn betreute gestern (v. l.) Leni (2), Martha (1), Julian (2), Hector (1). Eine nachträgliche Vergütung von Stunden lehnt er ab.

Foto: Anne Orthen

Eine Neu-Organisation der Tagespflege hatte zu Jahresbeginn ganz oben auf der Reform-Agenda der Stadtverwaltung gestanden. Stadtdirektor Burkhard Hintzsche und Jugendamtsleiter Johannes Horn verkündeten die neuen Spielregeln vor einem Dutzend Journalisten. Eine politische Mehrheit schien reine Formsache. Vieles sollte sich ändern, vor allem bei der Abrechnung der Arbeitszeit. Bislang erhalten die rund 900 Tagesmütter und -väter ihr Geld im Voraus, unabhängig davon, wie lang die von ihnen betreuten Kinder tatsächlich vor Ort sind. Geplant war, diese Vorab-Vergütung auf 35 Stunden pro Woche zu deckeln. Jede weitere Stunde sollte dokumentiert und erst im Anschluss bezahlt werden. Anlass für die Verschärfung waren laut Horn "Unregelmäßigkeiten in rund 50 Fällen".

Doch während die Christdemokraten der Verwaltung den Rücken stärkten, konnte sich die Ampel-Kooperation aus SPD, FDP und Grünen nicht darauf verständigen, den Plan der Verwaltungsspitze zu stützen. Eher nebenbei verkündete Horn in dieser Woche im Jugendhilfe-Ausschuss, man werde nun erst einmal anonymisierte Daten in den Tagespflege-Einrichtungen sammeln. Zwei Workshops sollen im Oktober und Februar folgen, dann werde neu beraten. Ergebnisoffen.

300.000 Euro gehen verloren

"Jeden Monat gehen jetzt bis zu 300.000 Euro verloren, die man durch eine genauere Abrechnung hätte sparen können. Steuerzahler und Eltern werden sich fragen, warum das auf die lange Bank geschoben wird", sagt Andreas-Paul Stieber, jugendpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Ganz anders sieht das Paula Elsholz von den Grünen. Die Ratsfrau hatte von Beginn an zu den Kritikern der Rathaus-Pläne gehört. "Eltern und Tageseltern wurden durch die seinerzeit verkündeten Vorgaben massiv verunsichert. Dabei könnten wir in Düsseldorf die Kleinkinder-Betreuung ohne diese Säule gar nicht bewältigen", sagt sie und begrüßt die Verschiebung des Plans um mindestens ein Jahr.

Das tun auch die Betroffenen. "Ich hätte mit rund 2700 Euro jeden Monat in Vorleistung gehen müssen, das ist für mich nicht darstellbar", sagt Birgit Schlebusch, die in Flehe und Benrath zwei Großtagespflegen - dort werden jeweils neun Kinder betreut - betreibt. Wichtig sind ihr auch die so genannten Flexi-Tage, "Zwei von neun Kindern können auch mal früher abgeholt werden, ohne dass uns die Pauschale gekürzt wird. Bei den Reformplänen sollte das gestrichen werden", sagt sie.

Als "Atempause", die möglicherweise auch dem Wahljahr geschuldet sei, betrachtet Tagesvater Holger Jahn die Entscheidung, im kommenden Kindergarten-Jahr erst einmal alles beim alten zu lassen. So ganz traut er dem Braten aber nicht. "Viele Kitas dokumentieren nur, welches Kind an einem bestimmten Tag da war, die genauen Zeiten werden nicht erfasst. Warum sollen eigentlich nur wir Tageseltern das so machen?", fragt er. Die Dokumentationspflicht nur für Tageseltern stelle seine Berufsgruppe unter Generalverdacht.

Welche Regelungen am Ende der Datenerhebung in einem Jahr denkbar sein werden, darüber wollte Elsholz gestern nicht spekulieren. "Es bringt nichts, jetzt schon Vor-Festlegungen nach dem Motto ,Bis 40 Stunden wird weiter pauschal vergütet' zu treffen. Warten wir doch die Daten einfach ab."

Lesen Sie hier einen Kommentar zur Reform der Tagespflege in Düsseldorf: "Verkehrte Politik-Welt"

(jj)
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