Düsseldorf Spuren des Majolika-Häuschens entdeckt

Düsseldorf · Das Jugendstil-Gebäude im Hofgarten wurde 1926 in einer heimlichen Nacht-Aktion abgerissen. Jetzt wunden Keramik-Reste gefunden.

 Axel Starkloff und Melanie Florin sind begeistert von den Keramik-Fundstücken des Majolika-Häuschens.

Axel Starkloff und Melanie Florin sind begeistert von den Keramik-Fundstücken des Majolika-Häuschens.

Foto: Andreas Bretz

Der Gesteinsbrocken mit bunt schillernden Keramikplatten fiel Gartenamtsmitarbeiter Michael Willers sofort ins Auge. Das konnte kein gewöhnlicher Bauschutt sein, den der Bagger bei den Erdarbeiten für den neuen Spielplatz im Hofgarten nahe des Ehrenhofes zutage gefördert hatte. Und als Kenner des Parks hatte Willers gleich die Vermutung, dass die Keramikplatten von dem als verschollen geltenden Majolika-Häuschen stammen könnten. Eine Untersuchung der Keramik-Fachleute des Hetjens-Museums brachte dann die Gewissheit: Die Arbeiter waren auf Spuren des Majolika-Häuschens gestoßen, das als Ausstellungs-Pavillon der Keramik- Firma Villeroy & Boch für die Industrie-, Gewerbe- und Kunstausstellung 1902 gebaut und später als Milchhaus und Gartencafé genutzt worden war.

 Das Majolika-Häuschen mit seinem Café und seiner außergewöhnlichen Gestaltung war ein beliebtes Ausflugsziel im Hofgarten.

Das Majolika-Häuschen mit seinem Café und seiner außergewöhnlichen Gestaltung war ein beliebtes Ausflugsziel im Hofgarten.

Foto: Grupello-Verlag

Von dieser Nachricht war Kunsthistorikerin Melanie Florin völlig begeistert. "Es war so gut wie nicht damit zu rechnen, Überreste von dem Majolika-Häuchen zu finden", erklärt Florin, Autorin eines Buches über das Jugendstilbauwerk mit dem üppigen Keramikschmuck. Und Reste liegen reichlich in der Erde des Hofgartens. Blaue, grüne, gelbe Keramikplatten, kunstvoll geformte Schmuckelemente wie Äpfel oder Blätterranken oder Köpfe von Säulchen. "Viele Stücke sind dem Schmuck an den Wänden genau zuzuordnen, die erhaltenen Abbildungen machen es möglich", so Florin. Der Apfel gehörte beispielsweise zu einem Fries am Kamin des Gebäudes, der mit einem Baum verziert war. Sie ist fasziniert von der Schönheit der Keramiken, mit denen die Firma Villeroy & Boch ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen wollte und unterschiedlichste Keramik-Werke mit farbiger Glasur (sie wurden Majolika genannt) in einem Raum gleichsam als Gesamtkunstwerk zeigte.

Den Düsseldorfern ging es am Anfang des 20. Jahrhunderts ebenso. Und nachdem das Unternehmen der Stadt das Gebäude nach der Ausstellung geschenkt hatte und dort zuerst ein Milchhaus und dann ein Café eingerichtet wurde, gehörte ein Ausflug in den Hofgarten zum Freizeitprogramm.

Doch bei der folgenden großen Ausstellung, der Gesolei, war das Majolika-Häuschen ein Stein des Anstoßes. Den Architekt des Ehrenhofes mit den streng gegliederten Backsteingebäuden, Wilhelm Kreis, störte das "Jugendstilgebäude mit seinem Schnörkelprunk und seiner Ornamentkleberei", er setzte sich für einen Abriss ein, schildert Florin die damalige Stimmungslage. Aber dagegen protestierten die Düsseldorfer. Eine Abrissgenehmigung war in dieser Situation nicht wahrscheinlich. Doch plötzlich war das Majolika-Häuschen in der Nacht des 9. Februar 1926 verschwunden, es fanden sich keine Reste, hat Florin recherchiert. Die Tat wurde nicht aufgeklärt, bis 1964 ein Mitarbeiter der damaligen Bautrupps sich dazu bekannte, mit Handwerkern das Haus abgebaut und die Teile abtransportiert zu haben, um Architekt Kreis einen Gefallen zu tun.

"Es ist ein glücklicher Zufall, dass jetzt bei den Erdarbeiten für den Spielplatz Keramikteile gefunden wurden", sagt Umweltdezernentin Helga Stulgies. Nach der Entdeckung wurden Denkmalpfleger aktiv, legten Fundamentreste frei, vermaßen deren Lage, ließen das Erdreich durchsuchen. Die weiteren Funde werden im Hetjens-Museum untersucht und "können mehr Aufschluss geben über die Kultur im Hofgarten", so Gartenamtsleiterin Doris Törkel.

Davon ist auch Axel Starkloff begeistert. Der Sohn des damaligen Kaffeehaus-Pächters, der von dem Abbruch das Majolika-Häuschens sehr betroffen war, kannte das Gebäude bisher nur von Bildern. Sein Vater hatte ein neues Café eröffnet und als Erinnerung das Majolika-Haus als Lebkuchenhaus nachgebildet. Selbst das zog die Düsseldorfer an, berichtet Starkloff.

(RP)
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