Lokalsport Zu gut für ihre Altersgenossen

Düsseldorf · Leonie Berger ist ein Ausnahme-Tischtennistalent. Die 14-jährige Schülermeisterin von der Borussia trainiert meist mit älteren Jungen.

Im Arag Center Court im Tischtenniszentrum am Staufenplatz ist es viel lauter als gewohnt. Da, wo sonst die Zuschauer mit gespannter Aufmerksamkeit fast lautlos Spiele des Rekordmeisters Borussia an nur einer Platte verfolgen, sind jetzt zwölf Spieltische aufgebaut, an denen Spielerinnen und Spieler temperamentvoll Aufschläge, Schlagkombinationen und Schmetterbälle üben.

An einer Platte fällt sofort auf, dass dort eine noch ganz junge Dame einen wesentlich älteren und größeren männlichen Akteur mit ihren Schlägen von einer Ecke in die andere jagt. Ihre Vor- und Rückhandbälle scheinen gleichschnell wie gepeitscht auf die andere Seite der Platte zu kommen. Stützpunkttrainer Johannes Dimmig, der das Geschehen beobachtet, hat die dafür passenden Hinweise parat: "Der junge Mann ist 19 Jahre alt und spielt immerhin in der Oberliga. Und er hat seine liebe Mühe, die Schläge der erst 14-jährigen Leonie Berger zu erreichen und zurückzubringen."

Tatsächlich wirbelt die sehr zierliche Spielerin aus der ersten Damen-Mannschaft der Borussia wie ein Irrwisch auf ihrer Seite des Spieltisches hin und her, scheint fast an jeden Schlag ihres Gegners heranzukommen. Ihr dabei hin- und herfliegender blonder Pferdeschwanz betont noch ihre Schnelligkeit. Trainer Dimmig liefert erste Erklärungen zu diesem Tischtennis-Talent, das scheinbar mühelos ihre Gegner das Fürchten lehrt: " Wir vom Westdeutschen Tischtennis-Verband sind sehr stolz auf Leonie, die gerade erst bei den deutschen Schülermeisterschaften zwei Titel geholt hat, dazu beim Top 48, 24 und 12 zuvor erfolgreich war. Sie gewann Gold im Einzel und mit ihrer Partnerin Hannah Schönau Silber im Doppel. Wir hoffen, dass der DTTB sie für die Europameisterschaften nominieren wird."

Im Gespräch mit Leonie, die zum Lessing-Gymnasium geht, und ihrer Freundin und Vertrauten Melanie Dorfmann vom Drittligateam der Borussen wird der Weg der jungen gebürtigen Werstenerin zum Spitzentischtennis deutlich. "Meine Eltern und meine beiden älteren Brüder Niklas und Tobias haben Tischtennis gespielt. Und da ich nicht allein zu Hause bleiben konnte, haben sie mich mitgenommen", erzählt sie unbefangen. "Da wurde es mir zu langweilig, und ich habe auch mit Tischtennis angefangen. Da war ich sechs oder sieben Jahre alt." Etwas verlegen antwortet sie dann auf die Frage, wann es so weit war, dass sie ihre Eltern und Brüder besiegt habe: "Weiß ich nicht mehr."

Nachdem sie ihre ersten Schritte zum Erfolg im Nachwuchszentrum des TTC Champions gemacht hatte, wechselte sie zur DJK Holzbüttgen. Zwei Jahre später zog es sie wieder in ihre Heimat nach Düsseldorf zurück. "Leonie stand hier und wollte hier spielen. Ich wusste von ihr nur, dass sie gut ist" - so erzählt die Kapitänin der Damen-Mannschaft, Melanie Dorfmann, Leonies Tischtennis-Geschichte weiter. Keine Frage, dass das Ausnahme-Talent ab sofort zur Borussia-Familie gehörte. Wenn es die Schule zulässt (Leonie: "Da läuft es nicht so gut"), trainiert sie dort im Leistungszentrum an fünf Tagen in der Woche jeweils gut zwei Stunden lang. "Meistens mit Jungen", wie sie sagt. Natürlich denkt sie an eine spätere Laufbahn als Profispielerin oder als Trainerin in ihrem Sport. "Oder ich mache was ganz anderes", fügt sie schnell an.

Etwas anderes als nur reines Tischtennis hat sie schon gemacht, und das vor 4.86 Millionen Fernseh-Zuschauern. In der Samstagabend-Show "Klein gegen Groß" mit Moderator Kai Pflaume trat sie zum Duell mit dem Ex-Weltklassespieler und jetzigen Bundestrainer Jörg Roßkopf an. Die Aufgabe war, den Tischtennisball so oft wie möglich in einer Minute gegen eine Metallleiste, die eine Tischkante simulierte, zu schlagen. Wer gewann? Leonie, die scheinbar ohne jede Nervosität unglaubliche 240 Treffer in 60 Sekunden schaffte. Der ehemalige Welt- und Europameister Roßkopf kam "nur" auf 200 Treffer.

(RP)
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