Analyse Fortunas Krise beginnt in der Führung

Düsseldorf · Vordergründig steckt nur die Mannschaft des Fußball-Zweitligisten in einem ausgeprägten Tief. Doch auch hinter den Kulissen des wirtschaftlich so soliden Klubs rumort es – eine gefährliche Entwicklung.

Mike Büskens' Reaktion während des Fortuna-Talks der Rheinische Post Mediengruppe sprach Bände. Ob er sich manchmal allein gelassen fühle, wurde der Trainer des Fußball-Zweitligisten gefragt, ob ihn die Vereinsführung womöglich manchmal im Regen stehen lasse. "Wie kommen Sie denn darauf?" fragte der Coach zurück, und der beißende Sarkasmus war ihm an den Augen abzulesen.

Fortuna gibt derzeit in der Öffentlichkeit kein gutes Bild ab, und das hat nur zum Teil mit dem schlechten Tabellenstand der Zweitliga-Mannschaft zu tun. Noch nachhaltiger könnten die Probleme werden, die sich aus dem Machtvakuum an der Vereinsspitze ergeben, das nun schon viel zu lange dauert. Am Montagabend trifft sich der Aufsichtsrat zur turnusmäßigen Sitzung mit dem Vorstand, doch über die Nachfolge des zur Winterpause ausscheidenden Vorstandsvorsitzenden Peter Frymuth wird dann vermutlich immer noch nicht entschieden – zunächst soll nur die Struktur beschlossen werden, zum Beispiel also die Anzahl der Vorstandsmitglieder (derzeit vier).

Frymuth, der als Vizepräsident zum DFB wechselt, will sich bis zu seinem letzten Amtstag voll für Fortuna einsetzen. Das ist ihm auch abzunehmen – und doch krankt der Verein daran, dass jeder nur auf den neuen Präsidenten wartet. Gleiches gilt für Sportvorstand Wolf Werner. Dessen Nachfolger Helmut Schulte steht zwar schon fest, nimmt aber erst am 1. Januar seine Arbeit auf. In Werners Fall hat der Aufsichtsrat versäumt, frühzeitig den Wechsel einzuleiten. Ein Modell, nach dem der aus Altersgründen ausscheidende Werner bis zum Saisonende im Vorstand bleibt, an seiner Seite aber bereits ein neuer Manager arbeitet, wäre leicht denkbar gewesen.

Ein Leidtragender dieser Hängepartie ist Mike Büskens. Vor drei Wochen hat ihm die Fortuna-Führung das Vertrauen ausgesprochen – doch ein klares Bekenntnis zum Trainer war das nicht. Im kleinen Kreis unterstrichen einzelne Mitglieder von Aufsichtsrat und Vorstand, dass sie zu Büskens stünden, nur Werner tat dies öffentlich. Andere meldeten dafür Zweifel an. Als Finanzvorstand Paul Jäger über Ex-Trainer Norbert Meier nachdachte, taten das seine Führungskollegen einhellig als Alleingang ab – dabei fragte mindestens einer bei Helmut Schulte nach, was der künftige Manager von der Idee halte.

Jäger, der als Favorit für die Frymuth-Nachfolge galt, bezog verbale Prügel und soll plötzlich nicht mehr erste Wahl sein. Dirk Kall dagegen, der Aufsichtsratsvorsitzende, rückt wieder verstärkt ins Blickfeld, obwohl er erst kürzlich öffentlich erklärte, nicht für das Amt des Vorstandsvorsitzenden zur Verfügung zu stehen. Ein klarer Kurs sieht anders aus. Zudem drängt sich die Frage auf, ob künftig vier hauptamtliche Vorstandsmitglieder (Kall, Jäger, Schulte und Sven Mühlenbeck) für einen Zweitligisten wirklich nötig sind. Wäre es nicht besser, das Gremium zu verkleinern oder durch einen renommierten Ehrenamtler zu ergänzen? Es sollte möglich sein, in Düsseldorf einen zu finden.

Doch wer auch immer den Job bekommt: Es muss unverzüglich eine klare Positionierung in der Trainerfrage geben. Wenn Fortunas Führung nicht mehr von Mike Büskens überzeugt ist, muss sie schnell handeln. Glaubt sie fest an den Coach, muss sie dies unmissverständlich öffentlich zum Ausdruck bringen und sich nicht nur von Spiel zu Spiel hangeln und wegducken, wenn es kritisch wird. Frymuth, Jäger, Kall und Co. haben den Verein entschuldet und sich große Verdienste erworben. Jetzt müssen alle Beteiligten aufpassen, dass Fortuna nicht in alte, wirre Zeiten zurückfällt.

(RP)
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