Lokalsport Borussia macht das Triple perfekt

Düsseldorf · Durch einen 3:1-Erfolg über die TTF Ochsenhausen wird der Tischtennisklub zum 30. Mal deutscher Meister. Zuvor hatte die Truppe um Timo Boll bereits die Champions League und den Pokal gewonnen.

Um 16.02 Uhr setzt Kristian Karlsson zur spektakulärsten Aktion des Tages an. Wie von einem Hornissenschwarm verfolgt, springt der Schwede aus seinem Stuhl und in einer fließenden Bewegung über die mehr als hüfthohe Umrandung des Center Courts, fliegt zum Abschluss dieser akrobatischen Einlage in die weit ausgebreiteten Arme Timo Bolls. Der hat soeben seinen neunten Matchball gegen Hugo Calderano verwandelt und Borussias Tischtennisprofis damit die 30. deutsche Mannschaftsmeisterschaft, das dritte Triple aus Champions League, nationaler Meisterschaft und Pokal sowie den 71. Titel insgesamt beschert.

"Wir sind überglücklich", sagt Borussias Manager Andreas Preuß und fasst damit in Worte, was ihm ohnehin jeder am Gesicht ablesen kann. "Ochsenhausen war ein ganz starker Gegner, und die Sache hing am seidenen Faden." An den Zahlen lässt sich das nicht ohne Weiteres ablesen, denn die Düsseldorfer gewinnen das Finale in der Frankfurter Fraport-Arena 3:1, und Spitzenspieler Boll entledigt sich seiner Aufgaben gegen den für Portugal spielenden Brasilianer Calderano und den Franzosen Simon Gauzy jeweils mit 3:0 Sätzen.

Doch die Zahlen sind diesmal nur die halbe Wahrheit. Denn vor Bolls zweitem Sieg wird zwar Karlsson als 18. der Weltrangliste seiner Favoritenrolle gegen die Nummer 85, Joao Geraldo, gerecht - allerdings erst nach einem 0:2-Satzrückstand. "Kristian war zwei Sätze lang hektisch und übernervös, er war total im Stress", berichtet Trainer Danny Heister später, und Preuß ergänzt: "Kristian hat die falschen Aufschläge gespielt und viel zu hart agiert. Dann jedoch hat er den Schalter umgelegt, die Aufschläge gerade und insgesamt weicher gespielt." Doch wie kam es zu diesem Wandel? "Den konnte Kristian letztlich nur selbst bewirken", betont Heister. "Ich konnte nur versuchen, ihn zu beruhigen. Ich habe ihm gesagt, er solle Geraldo beobachten und die Ecken der Platte suchen. Das hat er fantastisch gemacht."

Es war der Schlüssel zum Triple. Denn hätte Geraldo den Schweden geschlagen und Ochsenhausen in Führung gebracht, wäre das Finale eine ganz heiße Kiste geworden. Zumal da Boll zu Protokoll gibt: "Wenn ich den dritten Satz gegen Hugo nach neun Matchbällen noch abgegeben hätte, hätte das sehr, sehr weh getan." Preuß fügt an: "Calderano hätte in diesem Fall ganz sicher noch eins draufgelegt." Doch es bleibt beim Konjunktiv. Karlsson findet seine Form, Boll erlebt die Schmerzen eines Satzverlusts nicht. Am Ende ist es der 21-jährige Portugiese Geraldo, der hemmungslos weint, während Borussia feiert.

"Dieses Gefühl ist nicht zu beschreiben", sagt Heister. "Ich hatte den Jungs nach dem Champions-League-Titel in Orenburg gesagt: Wir haben eine Torte, aber da muss jetzt noch die Kirsche drauf." Dann hängt er noch grinsend dran: "Timo hätte das aber ruhig schneller erledigen können." Der Weltranglisten-Dritte steckt den freundlichen Spott lächelnd weg. Bereits gestern flog er wie seine Teamkameraden zu den China Open nach Peking. Keine Zeit zum Feiern also? "Nach der Team-WM hatte ich auch einen kleinen Absturz", berichtet er. "Die Champions League haben wir trotzdem gewonnen." Wenn man Timo Boll heißt, geht eben fast alles.

(jol)
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