Ausbildung Speed-Dating für Azubis

Düsseldorf · Die Industrie- und Handelskammer lud gestern zu einer besonderen Art der Bewerbung: 60 Unternehmen verschiedener Branchen empfingen im Foyer der Rheinoper möglichst viele Bewerber und führten mit ihnen Gespräche im Zehn-Minuten-Takt.

 Im Foyer der Deutschen Oper am Rhein bauten am Dienstag 60 Unternehmen ihre Tische auf und warteten auf Bewerber. Der Andrang war groß, an den meisten Tischen blieben die Plätze dauerbesetzt.

Im Foyer der Deutschen Oper am Rhein bauten am Dienstag 60 Unternehmen ihre Tische auf und warteten auf Bewerber. Der Andrang war groß, an den meisten Tischen blieben die Plätze dauerbesetzt.

Foto: Endermann, Andreas

Der junge Mann wirft einen Seitenblick in Richtung der Eieruhr auf dem Tisch. Die letzten Reste des Inhalts rieseln gerade nach unten und zeigen an, dass zehn Minuten vorbei sind. Der Bewerber konzentriert sich rasch wieder auf seinen Gesprächspartner, zeigt noch einmal auf ein Detail seines Lebenslaufs. "Wir melden uns bei Ihnen", sagt der schließlich, man schüttelt sich die Hände, und kaum ist der junge Mann weg, folgt der nächste: "Ich würde mich gerne bei Ihnen bewerben, darf ich mich setzen?"

Die Industrie- und Handelskammer Düsseldorf veranstaltete gestern ihr erstes "Azubi-Speed-Dating" in der Deutschen Oper am Rhein. 60 Unternehmen hatten dort ihre Tische aufgebaut und warteten auf Bewerber. Diese konnten sich beim potenziellen Arbeitgeber ihrer Wahl hinsetzen, ihre Bewerbungsunterlagen über den Tisch reichen und dann zum Gespräch übergehen. "Das hat für beide Seiten Vorteile", sagt der Leiter der IHK-Abteilung Berufsbildung/Prüfungen, Clemens Urbanek. Die Unternehmen könnten sich gleich ein Bild von der Persönlichkeit eines Interessenten machen und seien nicht nur auf dessen Unterlagen angewiesen. Umgekehrt hätten auch Bewerber die Chance, kleine Schwächen durch ihr Auftreten wieder wettzumachen. Und: Neben den bekannten Großunternehmen träfen die jungen Leute hier auch auf kleinere Firmen, auf die sie sonst gar nicht kämen. "Bisher ist der Eindruck sehr positiv", so Urbanek in einem ersten Zwischenfazit. Der Andrang sei groß, aber nicht zu groß - und die Unternehmen seien mit den Abläufen zufrieden.

Im Foyer herrscht reges Treiben. Einige Jugendliche sind in Gruppen gekommen, schauen gemeinsam auf die Liste der Unternehmen und beraten über die nächsten Schritte. Andere richten schnell noch einmal ihre Kleidung, ehe sie ins nächste Gespräch starten. Der Schüler Qendrim Vesiqi gehört zu den eher wenigen, die bei der Wahl des Outfits förmlicher waren und sich für einen Anzug entschieden haben - er sitzt nun am Tisch der Kreissparkasse und bemüht sich um einen guten ersten Eindruck. "Ich war sehr aufgeregt, aber insgesamt war das Gespräch in Ordnung", befindet der 19-Jährige anschließend. "Die Atmosphäre ist auf jeden Fall entspannter, als wenn man direkt ein Einzelgespräch im Büro des Unternehmens hätte." Seine Gesprächspartner hätten seine Unterlagen behalten und versprochen, sich bei ihm zu melden.

Gleich zwei Jugendliche warten darauf, sich beim Unternehmen Staffpool als Veranstaltungskaufmann zu bewerben. "Ich finde es sehr gut, mich persönlich vorzustellen", sagt der 19-jährige Jan Spriestersbach. "So wissen auch die Unternehmen sofort, ob sie sich das vorstellen können." Seine bisherigen Gespräche fand er gelungen: "Mit beiden werde ich einen Termin vereinbaren und einen Tag zur Probe arbeiten", sagt er. Neben Jan wartet der ebenfalls 19 Jahre alte Dominic Geier, der begeistert von der Speed-Dating-Idee ist. "Es geht mir nicht darum, dass ich mir einen Schritt bei der Bewerbung spare", betont er. "Sondern, dass ich am liebsten die Leute direkt ansprechen möchte. Und das kann ich hier." Gelohnt habe sich der Tag schon jetzt für ihn, weil er einiges an Erfahrungen mitnehme.

Auch für die Unternehmen lohnt sich augenscheinlich das Engagement. Viele können einen Bewerber nach dem anderen empfangen, treffen auf eine große Zahl Kandidaten. Rainer Hohenstatt, Ausbildungsleiter bei Bosch Sicherheitssysteme, sucht Bewerber für eine Ausbildung als System-Informatiker. Es gebe heutzutage zwar noch immer viele Bewerbungen, aber weniger geeignete Kandidaten, sagt er. "Man zieht deshalb auch als Unternehmen alle Register, um Bewerber zu gewinnen." Dass er hier die jungen Leute gleich persönlich trifft, kommt seinen Wünschen entgegen: "Man hat in diesem Beruf oft direkten Kontakt zu Kunden. Deshalb ist das Auftreten sehr wichtig."

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