Social Dinner Zuhause kochen für Fremde

Auf Online-Portalen verabreden sich Menschen zum Essen - obwohl sie sich nicht kennen. Unsere Autorin war bei so einem Social Dinner in Düsseldorf dabei - und hat einige Foodie-Tipps für Düsseldorf daraus mitnehmen können.

Eindrücke vom Eatwith-Dinner in Düsseldorf
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Eindrücke vom Eatwith-Dinner in Düsseldorf

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An dieser Haustür in Derendorf zu klingeln, ist ein bisschen als ob man zu einem Blind Date geht. Nur ist der Mann, der aufmacht kein Date, sondern der Koch für eine Nacht. Und man isst auch nicht zu zweit, sondern es kommen vier weitere Fremde.

Jens Feger ist Hobby-Koch in Düsseldorf und hat eingeladen. Organisiert hat er das Event über die Online-Plattform "Eatwith", das Airbnb der Gastronomie. Mehr als 500 Köche in 200 Städten weltweit bieten hier ihre Dienste an. Die Idee: Hungrige Reisende erfahren bei gastfreundlichen Köchen mehr über Land und Leute. Längst nutzen jedoch nicht nur Touristen die Plattform, sondern auch kontaktfreudige Einheimische, die etwas ausprobieren wollen. So ist das auch heute Abend: von fünf Gästen kommen drei aus Düsseldorf, das Paar aus Mettmann hat den längsten Anfahrtsweg.

Hobbykoch Jens ist der einzige, der solche Dinner in Düsseldorf auf "Eatwith" anbietet. Auf der Konkurrenz-Plattform "ChefOne", die durch das TV-Format "Höhle der Löwen" bekannt wurde, gibt es noch zwei weitere Anbieter. Wer sich bei Jens einbucht, kann zum italienischen Menü kommen oder zur Fusionküche, einer Kombination aus verschiedenen Esskulturen. Heute gibt es letzteres. Der 36-Jährige nennt es "Menü Bang Boom Bang". Enthalten sind:

  • Aperitif
  • Vorspeise: Ceviche von der Dorade
  • Zweiter Gang: Salmon Tataki aus rohem Lachs in Sesamkruste, Erbsen-Minzsalat und einer Wasabisauce
  • Hauptspeise: Risotto mit Morcheln
  • Nachtisch: Carrotcake mit Krokant und Zitronensorbet

Den Menüplan bekommt man auch auf "Eatwith" angezeigt. Der Gastgeber lädt Fotos vom Essen und von der Wohnung hoch, er beschreibt sich selbst und man sieht seine Bewertungen. Bestätigt der Gastgeber die Anfrage, wird der Teilnahmebetrag per Paypal eingezogen. Heute sind das 56 Euro pro Person. Wer sonst noch kommt, erfährt man am Tisch.

Das sind die beiden Freundinnen und Marketing-Expertinnen Sibylle Geisert (45) aus Oberkassel und Tanja Ossowski (48) aus Pempelfort sowie das Ehepaar Karen (45) und Michael (52) Witt aus Mettmann. Gegessen wird in der Küche einer schicken Altbauwohnung. Es ist der Lieblingsraum von Jens. Das liegt auch daran, dass er die Inneneinrichtung selbst konzipiert hat. Der massive Holztisch ist nur mit dem nötigsten eingedeckt und doch hat Jens nichts dem Zufall überlassen. Besonders leichte Weingläser aus Österreich stehen neben Steingut-Tellern in modernem Design.

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Foto: Shutterstock/Standret

Zu Beginn gibt es erst einmal ein Gläschen Rose-Sekt. "Ich hoffe, dass es euch allen heute Abend schmeckt - und wenn nicht, versuche ich wenigstens ein guter Gastgeber zu sein, damit ihr zumindest viel gelacht habt", sagt Jens. Es wird angestoßen, begrüßt, gedutzt. Dann legt der Hobbykoch richtig los. Die Vorspeise muss zubereitet werden. Bei ihm ging die Begeisterung fürs Kochen neben dem Sportstudium in Köln los. Damals hat er sich oft von Ravioli aus der Dose ernährt. Dann hat ein Freund in der Küche eines Sternerestaurants angefangen. Da ist er eine Woche lang mitgelaufen. Das habe ihn so fasziniert, dass er sich mehr mit dem Thema Kochen beschäftigen musste.

"Essen macht einfach glücklich", sagt Sybille. "Allerdings muss es schon gutes Essen sein." Alle in der Runde nicken. Jens ist nicht der Einzige mit Leidenschaft fürs Kochen. Jeder am Tisch zaubert regelmäßig mehrgängige Menüs für Freunde und Familie. Kochsendungen sind fester Bestandteil des Feierabendprogramms. Sibylle plant gerade ihr eigenes Menü für Eatwith. Michael hat schon Name, Logo und Konzept für sein eigenes Home-Restaurant zusammen. "Ich wollte einfach mal jemandem über die Schulter sehen, der das schon anbietet", sagt Michael. "Ihr könnte mich ruhig alles fragen", sagt Jens, der an der Küchenzeile wirbelt.

Dann folgt die erste Kostprobe. Jens bringt das Ceviche an den Tisch. Es ist butterzart, nicht aufdringlich, mit einer deutlichen Note von Limette. Das Gericht kommt übrigens aus Peru und der Name eignet sich meistens, wenn Fischsalat auf dem Tisch steht. Alle sind begeistert.

Sibylle hat Weißwein mitgebracht. Bei den meisten "Eatwith-Events" ist es so üblich, dass sich die Gäste selbst mit Wein versorgen. "Mir ist es wichtig, mit wirklich hochwertigen Produkten zu kochen", sagt Jens. "Alles bio, alles vom Markt." Der Preis für das Essen müsste deutlich steigen, wenn er noch Weine dazu anbieten würde. Weil Wissen über Wein für die meisten Foodies Ehrensache ist, beginnen alle sofort, über die besten Winzer und Weinläden zu fachsimpeln.

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Foto: Endermann, Andreas

Hier die Weintipps aus der Runde:

  1. Hobbykoch Jens kauft seine Weine in Pipcos Wine Compilation an der Helmholtzstraße. Die hätten viele ungewöhnliche Tropfen im Angebot.
  2. Außerdem empfiehlt er das Concept Riesling am Carlsplatz.
  3. "Plus cher de Pinot Meunier Secco" vom Weingut von Racknitz ist der Aperitif des heutigen Abends. Er eignet sich nicht zum Essen, vorneweg ist er aber sehr süffig.
  4. "Sauvignon Blanc" vom Weingut Thomas Hensel ist eine Empfehlung zum Fisch von Jens.
  5. Alle sind sich außerdem einig, dass Dr. Kosch auf der Roßstraße den besten Sommelier der Stadt hat. Ein alter Hase im Geschäft, der die besten Tipps gibt.

Dann bringt Jens den zweiten Gang auf den Tisch. Lachs-Sashimi im Sesammantel mit Erbsen-Minz-Salat. Plötzlich schweigen alle. Es folgt ein im Kanon gebrummtes "Mmmh." Lange hält die andächtige Stimmung aber nicht an. Nach der Wein-Diskussion braucht eine andere dringende Frage Antworten: Welches ist das beste Restaurant in Düsseldorf? Langsam wird klar, andere Themen als Essen und Trinken wird es in dieser Gruppe nicht geben. Dafür kommen einige Restaurant-Tipps für Düsseldorf heraus:

  1. Cafe de Bretagne am Carlsplatz ist ein echter Geheimtipp in Sachen Meeresfrüchte.
  2. Soll es ein Italiener sein, sollte man das A Tavola ausprobieren oder das Primitivo in Pempelfort.
  3. Für Sushi empfehlen sie das Yabase auf der Klosterstraße.
  4. Wer sich mal ein Sternemenü zu vernünftigen Preisen leisten möchte, der sollte im Hotel Fritz ins Fritz`s Frau Franz gehen. Das Restaurant hat seit kurzem einen Stern und bietet ein zwei-gängiges Mittagsmenü inklusive Wasser und Süßigkeit für rund 20 Euro an.
  5. Kein Restaurant ist an diesem Abend so häufig Thema wie die Bar Olio auf der Schirmerstraße. Den Gästen gefällt dort einfach alles: das Essen sei innovativ, Weine und Ambiente angenehm. Sogar die ruppigen Kellner geben Charakter. Besonders zu empfehlen seien laut Sibylle der Octopussalat und die warmen Schokotörtchen mit flüssigem Kern.

Jens macht das übrigens nicht hauptberuflich, auch wenn er beim Schnippeln, Brutzeln, Anrichten so aussieht. Eigentlich ist er Einkäufer für Herrenmode. "Ganz so einfach ist das aber nicht, die prüfen die Bewerber schon sehr genau", sagt er. Man muss Bilder einstellen, ein Menü konzipieren und ein Motivationsschreiben aufsetzen. Hat "Eatwith" das gefallen, muss man ein Probe-Dinner geben, das von den Gästen positiv bewertet wird. Danach wird der Account offiziell freigeschaltet. "Das ist jetzt ein Jahr her und seitdem mache ich das einmal im Monat." Ein eigenes Restaurant ist Jens ein zu großes finanzielles Risiko, "und so persönlich wie an den Eatwith-Abenden wäre es auch nicht."

Zwischen Morchel-Risotto (das stark nach Speck schmeckt, obwohl Morcheln Pilze sind) und Carrotcake-Kombination als Grand Finale gibt es einen wilden Ritt durch die Kochwelt. Man kennt sich ja jetzt. Kann also plaudern über Fasten, Grillabende, den Geschmack von Quallensalat, Kräuterläden, Schnaps und Kochbücher.

Hier die drei ungewöhnlichsten Empfehlungen für Kochbücher (Achtung: alle sauteuer):

  1. Cuisine Modernist (eine Buchreihe für Kochgrundlagen)
  2. The Nomad (ein Schweizer Spitzenkoch gibt Einblicke ins Fine-Dining)
  3. Green Glamour (Vegetarisches sensationell angerichtet)

Um 23.30 Uhr ist der letzte Teller leer gegessen. Das Dessert war für Jens die größte Herausforderung. Mit Sorbet, Carrotcake, Erdnusskrokant und Frischkäseschaum hatte es die meisten Komponenten. Jetzt kann er sich auch an den Tisch setzen und erzählen. Zum Beispiel von der Zeit, als er eine Ausbildung zum Pizzabäcker in Neapel gemacht hat. Oder davon, dass er keinen Schluck Alkohol getrunken hat, bis er 30 Jahre alt war.

Um ein Uhr nachts torkeln wir voll und gut gelaunt aus dem Haus. Vielleicht sieht man sich ja wieder beim "Eatwith"-Dinner von Sibylle oder Michael. Oder bei einem anderen Food-Event in dieser Stadt. Für heute reicht es aber, nach Hause zu finden. Nur Jens muss noch seine Küche schrubben und die Gläser spülen. Wie es ein echter Gastronom halt so macht.

(ham)
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