Kofferversteigerung am Flughafen in Düsseldorf Der schwierige Kampf um eine Tasche

Düsseldorf · Hunderte Gepäckstücke bleiben jedes Jahr herrenlos am Flughafen in Düsseldorf liegen. Wenn ihr Besitzer nicht ermittelt werden kann, kommen sie unter den Hammer. Wer einen der begehrten Koffer ersteigern will, braucht Mut und Nerven.

Es ist warm im Kinosaal auf dem Flughafengelände in Düsseldorf. Mehrere Hundert Menschen sind gekommen, um bei der vierten Kofferversteigerung in diesem Jahr ihr Glück zu versuchen. Der Saal ist brechend voll - die ersten Bieter waren schon drei Stunden vorher da. Auch ich darf bei der Auktion mitbieten, 100 Euro stehen mir zur Verfügung. Ob sie reichen, um einen der geheimnisvollen Gepäckstücke zu ergattern? Ich bin unsicher.

30.000 Gepäckstücke werden im Durchschnitt an einem Tag am Düsseldorfer Flughafen aufgegeben. "Drei von ihnen gehen vielleicht verloren", schätzt Pressesprecher Christian Hinkel. Durch das Etikett an den Taschen könne der Besitzer in 90 Prozent der Fälle aber ermittelt werden. Der Rest bleibt liegen. Sechs Monate lang, so schreibt es der Gesetzgeber vor, müssen die Gepäckstücke am Flughafen bleiben, bis sie versteigert werden dürfen. Am Flughafen in Düsseldorf probieren die Flughafenbetreiber sogar ein Jahr lang, den Besitzer eines verloren gegangenen Gepäckstückes ausfindig zu machen, erklärt Hinkel.

So lief die Kofferversteigerung am Düsseldorfer Flughafen
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Dabei wird der gesamte Inhalt des Koffers nach Hinweisen durchwühlt, keine Hosentasche außer Acht gelassen. "Bei dreckiger Wäsche ist das schon manchmal ein bisschen eklig", berichtet Michael Bloss, dessen Firma Apcoa für die Kofferversteigerung am Flughafen zuständig ist. "Wir haben einen großen Vorrat an Latexhandschuhen in allen Größen", sagt er. Bevor die herrenlosen Taschen dann zur Auktion freigegeben werden, wird der Inhalt auf illegale Gegenstände und verderbliche Lebensmittel überprüft. Waffen und Drogen kommen raus.

"So voll war es noch nie"

Ich bin spät dran, kann mich nur noch in die Menge quetschen, um einen Blick auf die begehrten Taschen zu erhaschen. "So voll war es noch nie", sagt Auktionator Klaus Bach. Seit 1975 ist er als öffentlich bestellter und von der IHK vereidigter Auktionator für bewegliche Sachen tätig, seit vielen Jahren leitet er auch die Kofferversteigerung am Flughafen Düsseldorf. Der Andrang sei "beängstigend", so der 69-Jährige. Wer sich weiter vorne hinstellt, bekommt böse Kommentare aus den hinteren Reihen zu hören. Die Stimmung ist angespannt.

"Ganz ruhig meine Damen und Herren", beginnt Bach das Spektakel. Und schon kommt der erste Koffer unter den Hammer. Der Startpreis liegt bei 10 Euro, Dutzende Hände gehen in die Höhe: "20, 25, 30 Euro", ruft Bach in den Saal. Anfangs erhöht sich der Preis noch in Fünferschritten, später ruft die Masse nur noch Beträge in den Raum. Der erste Koffer ist für 80 Euro versteigert worden. Es folgen große und kleine Taschen, heile und kaputte, Marken- und No-Name-Ware. Der Inhalt bleibt geheim. Aber auch kuriose Gegenstände stehen auf der Liste von Klaus Bach: Ein Bündel Gehstöcker, ein Haufen Regenschirme, eine große Musikbox, ein Paket voller Brillen. Sind die Koffer versteigert, stehen noch herrenlose Handys, Uhren und Schmuck auf der Liste des Auktionators.

Viele Bieter haben sich, so wie ich, eine Budgetgrenze gesetzt. Ein Mann neben mir zählt seine Scheine, 500 Euro könne er ausgeben. Ein, zwei Mutige ersteigern sogar mehrere Koffer. Ich solle auf kleine Handgepäckstücke spekulieren, verrät mir ein Mann, der schon mehrmals bei der Kofferversteigerung in Düsseldorf war. "Da sind die wertvollsten Gegenstände drin", sagt er mir. Viele Menschen im Saal sind einfach nur neugierig und schauen zu.

"Die Preise sind verrückt"

Langsam werde ich nervös. Obwohl gerade mal die Hälfte der Koffer versteigert wurde, mache ich mir Sorgen, überhaupt noch einen zu bekommen. Und dann der Schock: Zum gebotenen Preis wird noch eine Auktionsgebühr von 15 Prozent draufgeschlagen. Das wusste ich nicht. Eifrig hebe ich die Hand, rufe Beträge in den Raum, aber immer werde ich überboten. Die meisten Koffer gehen für über 200 Euro an ihren neuen Besitzer. Das Höchstgebot liegt an diesem Tag bei 290 Euro, insgesamt sind Gelder im fünfstelligen Bereich über den Tisch gegangen. "Die Preise sind einfach nur verrückt", sagt Auktionator Bach. Auch er kennt den Inhalt der Koffer nicht.

Dann kommt eine kleine, schwarze Tasche auf den Tisch. Ich denke an den Tipp, den mir der erfahrene Bieter gegeben hat, und gebe Gas. Der Auktionator legt mittlerweile gar keinen Startpreis mehr fest, sondern wartet auf das erste Gebot. "50 Euro", rufe ich von der Seite. "70 Euro", schallt es von einer anderen. "80", kontere ich. "90", höre ich von wo anders. Dann ist es einige Sekunden still. "100 Euro", rufe ich mutig in den Raum — auch wenn ich inklusive Gebühr über meiner Budgetgrenze liege. Bach fängt an, herunter zu zählen: "Zum ersten, zum zweiten, zum dritten" — eine gefühlte Ewigkeit vergeht. "Verkauft!", an die Dame an der Seite. "Du musstest ja auch endlich mal was bekommen", sagt er schmunzelnd in meine Richtung. Überglücklich laufe ich nach vorne und bezahle die 115 Euro für Fundnummer 0512090. Dann nehme ich meine kleine Adidas-Tasche in die Hand und merke, sie ist ganz schön schwer. Was da wohl drin ist?

Und genau das können Sie nun herausfinden, indem Sie bei unserer Facebook-Verlosung teilnehmen. Folgen Sie einfach diesem Link und kommentieren Sie bis Montag, 9. Dezember um 12 Uhr, das Foto der Adidas-Tasche. Dreckige Unterwäsche oder doch wertvoller Schmuck? Natürlich möchten wir mit der Kamera dabei sein, wenn Sie das Geheimnis lüften, was sich hinter dem Reißverschluss verbirgt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

(met)
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