Rotlichtszene Rethelstraße in Düsseldorf So beginnt der Bordell-Prozess

Düsseldorf · Ab Montag verhandelt das Landgericht in einem der größten Strafprozesse um angeblich organisierte Kriminalität in Düsseldorfer Bordellen. Ein Urteil wird frühestens 2014 erwartet – nach 93 Prozesstagen.

Rotlicht-Razzia Düsseldorf – die Beweismittel
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Foto: dpa, Daniel Naupold

Ab Montag verhandelt das Landgericht in einem der größten Strafprozesse um angeblich organisierte Kriminalität in Düsseldorfer Bordellen. Ein Urteil wird frühestens 2014 erwartet — nach 93 Prozesstagen.

Neun Angeklagte, doppelt so viele Verteidiger, 93 Prozesstage, rund acht Monate Verhandlungsdauer und ungewöhnlich scharfe Kritik eines Hauptverteidigers: Schon vor Prozessbeginn ist der bislang größte Düsseldorfer Strafprozess um angeblich kriminelle Bandenbildung im Rotlichtmilieu gespickt mit Superlativen. Am Montag ab 9 Uhr (Saal E.116) will die 10. Große Strafkammer unter Vorsitz von Richter Markus Fuchs die auf 638 Anklage-Seiten aufgelisteten Vorwürfe prüfen.

Darin wirft die Staatsanwaltschaft den fünf Männern und vier Frauen die systematische Betäubung und anschließende Ausplünderung von 27 Bordellkunden vor. Mehr als eine halbe Million Euro sollte den Opfern demnach abgeknöpft werden. Doch der Anwalt des mutmaßlichen Haupttäters hat am Donnerstag im Gespräch mit unserer Redaktion die Behörden und ihre Ermittlungen scharf attackiert.

Kunden mit Drogen willenlos gemacht?

Rund ein Jahr nach einer Großrazzia in drei Bordellen an der Rethelstraße sowie einem Erotik-Hotel in Bahnhofsnähe hat Staatsanwältin Julia Hartmann 89 Zeugen benannt, fünf Gutachter sowie 265 Sonderbände mit Urkunden, um jetzt alle 27 Vorwürfe gegen die neun Angeklagten zu beweisen. Gemeinsam mit Staatsanwalts-Kollege Peter Großbach will die Anklägerin damit Thomas M. (48) als damaligen Geschäftsführer mehrerer Bordellbetriebe als den Rädelsführer einer kriminellen Organisation überführen.

Ab 2007 habe M. sich dazu entschlossen, zahlungskräftige Bordellbesucher durch Alkohol oder Drogenkonsum dermaßen willenlos zu machen, dass Bordell-Angestellte (die als Wirtschafter, Servicekraft oder Prostituierte tätig waren) heimlich und unberechtigt mit den Bankkarten der Gäste fast 300 000 Euro auf ein Konto der Bordellbetriebe abzweigen konnten.

Dazu wurden die Gäste-Konten angeblich bis ans Konto-Limit belastet. Gäste, die allmählich aus ihrer Benommenheit erwachten, sollen zusätzlich noch gedrängt worden sein, Schuldscheine über hohe Beträge zugunsten der Bordellbetriebe zu unterschreiben — andernfalls, so die Anklage, könnten sie das Bordell nicht mehr verlassen.

Schweigende Verteidigung

Verteidiger Benedikt Pauka, der hier den angeblichen Drahtzieher Thomas M. bei Gericht vertritt, kündigte am Donnerstag an, sein Mandant werde sich "schweigend verteidigen". Im gleichen Atemzug holte Pauka dann zum Rundumschlag gegen die Ermittlungsbehörden und deren Vorgehen aus: "Herr M. bat seine Verteidigung darum, intensiv an der Aufklärung der Wahrheit mitzuwirken, damit die Geheimermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft jetzt ihren Weg in die Gerichts-Öffentlichkeit finden!" Das sehe sein Mandant Thomas M. "auch als eine Chance".

Auf Nachfrage hat Pauka im Gespräch mit unserer Redaktion präzisiert, was sein Begriff von "Geheimermittlungen" bedeuten soll: "Man meint, man habe es mit dem nordkoreanischen Ministerium für Staatssicherheit zu tun — und nicht mit Düsseldorfer Ermittlungsbehörden."

Mit einem vorzeitigen Prozessende, also einem frühen Urteil, rechnet Pauka demnach nicht: "Bei der schwachen und durch die Ermittlungsbehörden verfälschten Beweislage gehe ich von einer schwierigen und umfangreichen Verhandlung aus." Zu Prozessbeginn und im weiteren Verhandlungsverlauf ist demnach wohl nicht mit Geständnissen aller Angeklagten zu rechnen.

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