Senioren aus sinkendem Auto gezogen Die Retter vom Kö-Graben in Düsseldorf

Philip Roth und Murat Alkan gehörten zu den Helfern, die am Dienstag drei Menschen aus dem Kö-Graben retteten. Ein Pkw war in das Wasser gefahren und hatte einen Fußgänger mitgerissen.

Philip Roth war auf dem Rückweg von der Schule auf der Königsallee unterwegs, als er am Dienstagnachmittag Zeuge des spektakulären Unfalls war. Der 13-Jährige beobachtete, wie ein dunkler VW Golf, offenbar beim Einparken, über den Bürgersteig fuhr, einen Passanten touchierte und das Geländer des Kö-Grabens durchbrach. Sowohl der gestreifte Fußgänger als auch der Wagen samt beider Insassen stürzten in den Wassergraben der Düsseldorfer Einkaufsstraße.

„Es war wie in einem schlechten Film, ich habe mich zuerst gefragt, ob da etwas gedreht wird“, sagt Philip Roth einen Tag nach dem Unfall. Dann erkannte er, wie die Insassen des Wagens vergeblich versuchten, das Fahrzeug zu verlassen. Da wurde dem Schüler klar, dass er helfen musste.

 Philip Roth half dem Fußgänger aus dem Kö-Graben.

Philip Roth half dem Fußgänger aus dem Kö-Graben.

Foto: Dominik Schneider

„Ich habe gerufen, dass jemand die Polizei holen müsse, und bin dann sofort auf die andere Seite der Kö gerannt, das Ufer hinunter geklettert und habe geholfen, den Mann aus dem Wasser zu ziehen“, sagt Philip. Nachdem der gestreifte Fußgänger, offenbar unverletzt, in Sicherheit war, filmte der 13-Jährige mit dem Handy die Rettungsaktion, zu der mehrere Passanten ins Wasser gestiegen waren.

Einer davon war Murat Alkan, der als Sicherheitsmann auf der Königsallee unterwegs ist. „Ich habe einen lauten Knall gehört, bin zum Graben gerannt und habe gesehen, dass da ein Auto im Wasser liegt. Ich habe einen Kindersitz gesehen und nur gedacht: hoffentlich sitzt da kein Kind drin!“, erinnert sich der Ersthelfer.

Murat Alkan zog die Frau aus dem Graben.

Murat Alkan zog die Frau aus dem Graben.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Die 79 Jahre alte Fahrerin des Unfallwagens und ihr 82-jähriger Beifahrer schafften es nicht mehr aus eigener Kraft, sich aus dem rasch voll laufenden Golf zu befreien. „Es war schwer, die Tür zu öffnen, und auch der Sicherheitsgurt wollte zuerst nicht aufgehen“, erinnert sich Alkan. Dennoch sei es ihm und einem anderen Helfer gelungen, beide Insassen des Wagens unverletzt ans Ufer zu bringen. Sie wurden zur Beobachtung in ein Krankenhaus gebracht.

Auch, wenn er es am Tag nach dem Ereignis mehrfach gehört hat, Murat Alkan will nicht als Held bezeichnet werden. „Ich habe nur getan, was jeder Mensch hätte in der Situation tun müssen. So etwas sollte selbstverständlich sein“, sagt Alkan und ärgert sich über die vielen Schaulustigen, die sich bereits kurz nach dem Unfall untätig am Kö-Graben versammelt hatten. „Ich hoffe nur, dass den Betroffenen wirklich nichts fehlt, und wünsche ihnen gute Besserung“, so der Helfer, der am Tag nach dem Unfall bereits wieder auf der Kö im Einsatz war.

Philip Roth war selbst nicht im Wasser, hat jedoch geholfen, den dritten Beteiligten aus dem Graben zu ziehen. „Danach waren bereits genug Menschen im Wasser, man hat mir gesagt, ich solle rausbleiben“, so der Schüler. „Ich bin zwar regelmäßig hier unterwegs, aber ich weiß nicht genau, wie tief der Kö-Graben ist.“

„Philip war auch Stunden nach der Aktion noch sehr aufgeregt“, berichtet Vater Andreas Roth, der erst am Abend von der Tat seines Sohnes erfuhr. „Ich bin froh, dass er sich in dieser Situation genau so verhalten hat, wie man es tun sollte“, so Roth. Hilfe rufen, dann zuerst die einfachere, schnellere Rettung in Angriff nehmen – Philip Roth hat sich instinktiv richtig verhalten.

Düsseldorf - Auto fährt in Kö-Graben
11 Bilder

Düsseldorf - Auto fährt in Kö-Graben

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Foto: dpa/Martin Gerten

Beschäftigen werden ihn die Bilder des Tages noch einige Zeit: „Es war wirklich gruselig zu sehen, wie die beiden Senioren im Wagen saßen und nicht raus kamen, während das Wasser immer höher stieg.“ Großes Aufsehen will auch er nicht: „Ich finde, man kann so etwas von jedem erwarten. Helfen so gut man kann, ohne sich in Gefahr zu begeben, sollte jeder Mensch“, so der 13-Jähirge. Er hofft, dass auch er gerettet wird, sollte er jemals in eine vergleichbare Situation kommen.

An der Kö sind noch die Spuren zu sehen: Das Geländer ist aus der Verankerung gerissen, ragt über den Graben. Ein Absperrgitter markiert die Stelle, wo der Wagen durch die Lücke zwischen einem Baum und einem Stromkasten gebrochen ist. Die Polizei ist noch auf der Suche nach dem genauen Hergang des Unfalls, ein Fahrfehler der 79-jährigen Frau am Steuer gilt als wahrscheinlich.

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