Landgericht Schüsse: Täter schuldunfähig?

Düsseldorf · Mit einem Gutachten zur Schuldfähigkeit des Angeklagten wird morgen der Landgerichtsprozess um die Schüsse und Geiselnahmen eines 48-Jährigen am Hauptbahnhof fortgesetzt.

Die Fassungslosigkeit nach dem Amoklauf
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Der Mann war laut Anklage Ende Mai 2011 mit sechs Nachbauten historischer Pistolen bewaffnet aus seiner Heimatstadt Bochum nach Düsseldorf gereist. Als Bundespolizisten den Mann kontrollierten, begann er um sich zu schießen. Auf der Flucht vor der Polizei benutzte er einen Schüler (13) als Schutzschild.

Mit einer seiner Pistolen schoss er einer 22-jährigen Studentin in den Kopf. Das Opfer hatte unglaubliches Glück: Die Kugel prallte am Schädelknochen ab, die junge Frau überlebte. Offenbar wurden die Pistolen nur mit einem schwachen Treibmittel abgeschossen, so dass sich nicht die Energie einer scharfen Waffe entwickeln konnte.

Weil sie über Kopfhörer Musik hörte, hatte die junge Frau zunächst nichts mitbekommen. Vor Gericht sagte sie zuletzt: "Ich hatte Todesangst. Ich habe die Waffe am Kopf gespürt. Und dann hat er abgedrückt." Seitdem muss die junge Frau therapeutisch betreut werden.

Im Prozess wegen Geiselnahme und Mordversuchs will das Gericht nun klären, ob der Angeklagte wegen einer schweren Psychose in eine Psychiatrie-Klinik eingewiesen oder zu einer Haftstrafe verurteilt wird. Der mutmaßliche Täter ist seit 1976 psychisch krank. Er lebte jahrelang in geschlossenen Einrichtungen. Wegen Schizophrenie und Verfolgungswahn gilt der Mann als gefährlich. Tests durch einen Gutachter hatte er immer wieder abgelehnt. Allerdings ist er bis zu dem Tag der Tat nie polizeilich aufgefallen.

"Verwirrten Eindruck"

Zuletzt machte er vor Gericht einen verwirrten Eindruck. So gab er der jungen Frau die Schuld am Kopfschuss: "Ich wollte an ihrem Ohr vorbei schießen. Aber sie war so zappelig", sagte der Angeklagte. Möglicherweise war Frust im Spiel, weil sein Hartz-IV-Geld nicht rechtzeitig auf seinem Konto gelandet war. Bei den sechs Waffen handelte es sich um etwa 15 Zentimeter lange Nachbauten historischer Vorderlader. Der Angeklagte hatte sie so manipuliert, dass man damit schießen konnte. Acht weitere Waffen hatte die Polizei in der Bochumer Wohnung des Mannes gefunden.

Landgericht, 4.1., 9 Uhr, Saal E.122

(RP/anch)
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