Hoffnung für Patienten Schrittmacher hilft gegen chronische Schmerzen

Düsseldorf · Jan Vesper hat erstmals einen Schrittmacher, der weitgehend selbstständig arbeitet, implantiert.

 Professor Jan Vesper (M.) mit seinen Teamkollegen Apostolos Chatzikalfas (l.) und Philipp Jörg Slotty. An einem Rückenmarksmodell erklären sie den Eingriff.

Professor Jan Vesper (M.) mit seinen Teamkollegen Apostolos Chatzikalfas (l.) und Philipp Jörg Slotty. An einem Rückenmarksmodell erklären sie den Eingriff.

Foto: Uniklinik

Für Jan Vesper ist das neue Gerät ein Quantensprung in der Behandlung von chronischen Schmerzen. Der Leiter der Sektion Funktionelle Neurochirurgie und Stereotaxie an der Klinik für Neurochirurgie der Düsseldorfer Uniklinik hat erstmals in Europa einem Patienten einen Schrittmacher gegen Nervenschmerzen implantiert, der fast alles automatisch macht: „Er empfängt die Schmerzsignale auf Rückenmarksebene, zeichnet diese Messwerte auf, speichert sie und sendet automatisch die richtigen Stromimpulse.“

Bei der Rückenmarksstimulation werden ein oder zwei Stimulationselektroden in den Rückenmarkskanal der Wirbelsäule gesetzt. „Sie werden an einen Stimulator – den Schmerzschrittmacher – angeschlossen, der schwache elektrische Impulse an das Rückenmark sendet“, so Vesper. Durch diese Stimulation werden die Schmerzimpulse blockiert und nicht mehr an das Gehirn weitergeleitet. Der Patient hat zwar weiter Schmerzen, spürt sie aber somit nicht mehr: „Wir tricksen mit der Technik das Gehirn quasi aus.“

Der Schmerzschrittmacher soll Menschen mit chronischen Schmerzen helfen, die eine lange Leidensgeschichte haben. Jeder fünfte Mensch in Europa leidet unter Schmerzen, die immer wieder kommen. Für rund 15 Millionen Deutsche gehören dauerhafte Rückenschmerzen, Migräne oder Nervenschmerzen gar zum Alltag – mit teils großen Einschränkungen der Lebensqualität, die bis hin zur Berufsunfähigkeit führen können. Von chronischen Schmerzen spricht man in der Medizin meist, wenn Schmerzen länger als sechs Monate andauern. Sie bleiben, obwohl die Schmerzursache – etwa ein Bandscheibenvorfall – längst verheilt ist. Der Schmerz ist zu einer eigenständigen Krankheit geworden.

Bei den üblichen Schmerzschrittmachern haben die Patienten bisher eine Art Fernbedienung, mit der sie die Signalstärke der Stimulation einstellen können. „Das erfordert ein bisschen Erfahrung und die subjektive Einschätzung der Schmerzen sorgt auch immer mal dafür, dass die falsche Impulsstärke gegeben wird. Moderne Schmerzschrittmacher messen die Reaktion des Rückenmarks auf Bewegungen und Handlungen“, sagt der Neurochirurg Apostolos Chatzikalfas aus Vespers Team.

Das ist beim neuen Schmerzschrittmacher eben nun anders. „Das Gerät macht alles automatisch und stimuliert genau passend auf die speziellen Bedürfnisse der Betroffenen. Der Patient hat seine Fernbedienung nur noch für ganz persönliche Anpassungen“, sagt Vesper.

Semiha Ünlü

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort