370.000 Euro Steuern hinterzogen Schönheits-Chirurg vor Gericht

Düsseldorf · Der 74-jährige Mediziner soll 370.000 Euro Steuern hinterzogen haben. 232 Zeugen müssen geladen werden. Gestern wurde der Arzt vorübergehend verhaftet, weil ihn eine Patientin auf Schmerzensgeld verklagt hatte.

Er kam bloß bis zum Ende der Treppe. Kaum hatte ein 74-jähriger Schönheits-Chirurg gestern nach einem Prozess wegen Steuerhinterziehung das Gerichtsgebäude verlassen, wurde er von Justizwachtmeistern und Gerichtsvollziehern umringt und gemäß Haftbefehl festgenommen.

Ein unrühmlicher Abgang für den Mediziner, der offenbar tief in finanziellen Problemen steckt. In einem Mammutprozess will das Amtsgericht ihm demnächst nachweisen, dass er Hunderte von Patientinnen gegen Barzahlung behandelt und so rund 370000 Euro Steuern hinterzogen hat.

Das Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Bernhard Schemkämper hatte den Chirurgen gestern gehen lassen. Nach mehrstündiger Verhandlung war der Prozess gescheitert: Der 74-Jährige bestreitet den Vorwurf, in den Jahren 2000 bis 2003 in neun Fällen Steuern hinterzogen zu haben. Nicht einmal Schönheits-Chirurg will er genannt werden. Er sei bloß Arzt, habe seine Praxis im Jahr 2001 geschlossen und sich in sein Schweizer Domizil zurückgezogen, wo er seither von bis zu 80000 Euro Rente lebe.

Weitere Operationen habe er bloß noch "ehrenamtlich" gegen Erstattung seiner Auslagen und Reisekosten durchgeführt. Dass ihm nun hohe Umsätze und fällige Steuern angerechnet werden, findet er "von vorne bis hinten völlig falsch", schimpfte er von der Anklagebank. Durch Grundstücksgeschäfte mit der Treuhandanstalt in den neuen Bundesländern habe er sechs Millionen Euro verloren, fühle sich vom Staat betrogen und jetzt noch zu Unrecht als Steuerhinterzieher angeklagt.

Das sehen Staatsanwaltschaft und Finanzbehörden nicht so. 272 Patientenkarten waren bei Durchsuchungen sichergestellt worden, 232 dieser Patienten hatten über Operationen und Bargeldzahlungen ausgesagt. Und eine Ex-Mitarbeiterin bestätigte damals, dass sie dem Angeklagten Patientengelder in bar auch ausgehändigt habe. "Alles für meine Reisekosten", winkte der Arzt ab, der erst kürzlich vom Amtsgericht wegen Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe von 175000 Euro verurteilt wurde.

Das Gericht hätte sich und ihm einen monatelangen neuen Prozess und die Vernehmung der 232 Patienten gern erspart. Bei einem Geständnis bot ihm die Kammer gar eine Bewährungsstrafe an - vergeblich. Nun müssen die Zeugen alle vorgeladen werden, der Prozess wird neu aufgerollt.

Dass der Mediziner das Gerichtsgebäude nicht verlassen durfte, hat er einer anderen früheren Patientinnen zu verdanken. Sie hatte per Zivilprozess 20000 Euro Schmerzensgeld von ihm erstritten. Da der Doktor nicht zahlte, erwirkte sie einen Haftbefehl gegen ihn - um ihn zu zwingen, jetzt die Eidesstattliche Versicherung abzulegen. Erst, als er seine Vermögensverhältnisse in allen Details offenbart hatte, durfte er gehen - diesmal benutzte er allerdings einen Hinterausgang.

(RP)
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