Safer Internet Safe Düsseldorf Hass im Netz beschädigt die Demokratie

Medienexperten und Prominente sprachen beim „Safer Internet Day“ an der Werner-Siemens-Realschule über Cyber-Mobbing und Hate Speech.

 Beim Aktionstag an der Werner-von-Siemens-Realschule diskutieren Niki, Frieda, Mohamed, Hicham und Max (v.l.), wie man sich vor Hasskommentaren im Netz schützen kann.

Beim Aktionstag an der Werner-von-Siemens-Realschule diskutieren Niki, Frieda, Mohamed, Hicham und Max (v.l.), wie man sich vor Hasskommentaren im Netz schützen kann.

Foto: Endermann, Andreas (end)

Silvi Carlsson und Hazel Ly wissen genau, wie es ist, im Internet beleidigt zu werden. Unter ihren Videos auf YouTube können die beiden „Influencer“ schließlich ständig aggressive oder beleidigende Kommentare von irgendwelchen anonymen Nutzern lesen – auch wenn diese überhaupt gar keinen Bezug zum Thema des Videos haben. Während Ly wegen ihrer asiatischen Wurzeln häufig rassistisch angefeindet wird, sieht sich Carlsson öfters beleidigenden Bemerkungen zu ihrem Körper ausgesetzt – und dass, obwohl gerade sie sich in ihrem Kanal für die Akzeptanz des eigenen Körpers und gegen vermeintliche Schönheitsideale einsetzt.

Zwar wissen die beiden inzwischen, wie man mit sogenannten Hasskommentaren umgehen muss – viele ihrer jungen Fans aber nicht, obwohl dieses Phänomen eine häufig auftauchende Form des Cyber-Mobbings unter Jugendlichen darstellt. Genau dieses Thema stand auch am gestrigen „Safer Internet Day“ an der Werner-Siemens-Realschule im Fokus. Organisiert von der EU-Initiative „klicksafe“ waren Medienexperten, Internetbekanntheiten und Prominente aus Musik und Film an der Schule zu Gast, um die Schüler für das Thema „Hate Speech“ in Workshops zu sensibilisieren. Ziel war es, den Schülern zu vermitteln, wie man Hasskommentare erkennt, gegen sie vorgehen kann und wo die rechtlichen Grenzen der Meinungsäußerung liegen.

Wie stark sich diese Problematik mittlerweile im Netz ausprägt, zeigt eine von der Landesanstalt für Medien NRW in Auftrag gegebene Studie. Laut dem Meinungsforschungsinstitut Forsa ist jedem zweiten der 1005 Befragten ab 14 Jahren schon einmal ein Hasskommentar im Internet begegnet. Die allgemeine Wahrnehmung über alle Altersstufen hinweg deutet sogar auf ein gesamt-gesellschaftliches Problem hin: Über 78 Prozent der befragten Bevölkerung seit Sommer 2018 sah sich demnach schon mit Hassrede konfrontiert. „Viele Menschen fürchten solche Reaktionen in Form von Hasskommentaren und trauen sich nicht mehr, ihre Meinung kundzutun. Dadurch wird die Meinungsfreiheit blockiert, auch wenn dies meist nur von einer kleinen Gruppe ausgeht. Hass im Netz ist damit mit Gewalt gegen Demokratie gleichzusetzen“, sagt der Leiter der Landesmedienanstalt, Tobias Schmid. Notwendig sei, stärker strafrechtlich gegen die Verantwortlichen vorzugehen. „Zum anderen müssen junge Menschen verstehen, wie das Internet funktioniert.“ Dies gehe nur über derartige Aktionstage oder Initiativen wie die Medienscouts.

„Die haben alle Hände voll zu tun“, sagt Konrektor Thomas Bauerle. Einmal wöchentlich werden Linda und Anisa von Mitschülern angesprochen, die Cyber-Mobbing ausgesetzt sind. Auch die 13-Jährigen lasen schon einige beleidigende Kommentare unter ihren Instagram-Profilen. „Ich passe deshalb sehr auf, was ich poste. Sehe ich irgendwelche Hasskommentare, lösche ich sie dann meist, damit meine Familie sich keine Sorgen machen muss“, sagt Anisa.

Sogar richtige Hass-Gruppen bei WhatsApp und in den sozialen Netzwerken gebe es bereits, in denen verhöhnende Bilder oder beleidigende Kommentare ausgetauscht werden. Befindet sich ein Schüler in einer solchen Situation und bittet um Hilfe, holen die beiden Medien­scouts die Täter dann aus dem Unterricht, um sie zusammen mit Opfer und Vertrauenslehrer zur Rede zu stellen.

Sich nicht einschüchtern zu lassen und auf die Täter einzugehen, sei genau die richtige Strategie, findet Comedian Faisal Kawusi. Gemeinsam mit den Rappern Eko Fresh und Afrob sowie Schauspieler Patrick Mölleken sprachen die Prominenten mit den Schülern und ermutigten sie, stärker gegen Hasskommentare in Aktion zu treten. „Man darf sich bloß nicht mundtot machen lassen. Diese Menschen wollen nur provozieren. Deshalb sollte man humorvoll reagieren. Mit Lachen nimmt man ihrer Waffe die Schärfe“, sagt Kawusi.

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