Düsseldorf Rotlicht-Prozess läuft wohl noch ein Jahr

Düsseldorf · Das Verfahren um den angeblichen Serien-Betrug an Besuchern von Bordellen an der Rethelstraße zieht sich hin. Die Prozesskosten könnten bis nächsten März mehr als 1,5 Millionen Euro betragen.

Der Hauptangeklagte Thomas M. zwischen seinen Verteidigern Benedikt Pauka (r.) und Johannes Daners im Verhandlungssaal des Düsseldorfer Landgerichts

Der Hauptangeklagte Thomas M. zwischen seinen Verteidigern Benedikt Pauka (r.) und Johannes Daners im Verhandlungssaal des Düsseldorfer Landgerichts

Foto: Bernd Schaller

Anwälte, die in Prozesspausen beieinander stehen, besprechen meist die aktuelle Entwicklung des Strafverfahrens. Aber beim so genannten Rotlicht-Prozess um angeblichen Serien-Banden-Betrug an Bordellbesuchern der Rethelstraße, der seit Mitte 2013 läuft, ist das längst anders. Plaudern Anwälte in einer der unzähligen Prozessunterbrechungen miteinander, geht es immer öfter um private Themen wie die Grippewelle, die Urlaubsplanung oder welche Route zum Landgericht morgens staufrei ist.

Und weil es hier dauernd neue Verhandlungspausen gibt und kaum noch wahrnehmbare Fortschritte beim Prozessthema, trudelt der Mammutprozess seit Monaten vor sich hin. Und das Landgericht hat schon weitere Termine bis weit in den März hinein festgelegt - und zwar in den März des nächsten Jahres. Die Prozesskosten von mindestens 6000 Euro pro Tag dürften dann mehr als 1,5 Millionen Euro betragen. Zahlbar aus der Staatskasse, so lange kein rechtskräftiges Urteil gegen einen Angeklagten vorliegt. Doch ob und wann es dazu kommt, ist ungewiss.

Verfahren geht kaum voran

Schier endlose Scharmützel zwischen den Verteidigern mit dem Gericht oder den beiden Staatsanwälten um beinahe jede formal-juristische Kleinigkeit, außerdem säumige Zeugen, die reihenweise verspätet erscheinen oder erst im dritten Anlauf und sich dann regelmäßig auf Erinnerungslücken berufen - die Gründe, warum es in diesem Prozess kaum noch vorangeht, sind vielfach. Und stets bemüht sich der Vorsitzende Richter Markus Fuchs, weiterhin allen möglichen Anträgen, Anregungen oder Vorschlägen von Verteidigern, von Opferanwälten, von Zeugenbeiständen oder Angeklagten nachzukommen.

Zeitweise wurde die Verhandlung um einen angeblichen Serienbetrug an 29 Bordellbesuchern sogar vom Kleinkind einer Angeklagten abhängig gemacht: Weil jene Frau für ihr Töchterlein keine Tagesmutter fand, brachte sie ihr Kind flugs mit zum Prozess. Die Verhandlung kam also nur so lange voran, wie das Kind in seinem rosafarbenen Wägelchen still vor sich hin schlummerte.

Erst drei von 29 Fällen abgehandelt

Von ursprünglich neun Angeklagten sind aktuell ohnehin nur noch vier übrig. Alle anderen Verfahren wurden abgetrennt oder endeten in einem Fall sogar mit Freispruch. Von 29 Fällen, in denen Freier in diesen Bordellen durch K.O.-Tropfen, Alkohol oder Drogen angeblich willenlos gemacht - und deren Kreditkarten dann illegal bis ans Limit belastet wurden, hat das Landgericht in den bisherigen 129 Prozesstagen gerade mal drei Fälle komplett abgehandelt. Und eine Tendenz von Staatsanwaltschaft, Gericht oder Verteidigern, den Prozessablauf gegen den hauptangeklagten Bordell-Chef Thomas M. (49) abzukürzen oder doch bündiger zu gestalten, zeichnet sich aktuell nicht ab.

So konnte sich auch am Montag eine Ex-Prostituierte ungehindert auf angebliche Erinnerungslücken berufen, sobald es um die spezielle "Behandlung" eines mutmaßlich betäubten und dann abgezockten Bordellgastes ging. Das Gericht verzichtete darauf, die Zeugin zwischendurch an ihre Wahrheitspflicht im Zeugenstand zu erinnern - was in der Folge prompt dazu führte, dass die Verteidiger eine Vielzahl von Nachfragen an diese Zeugin stellten.

Am Dienstag soll dieser Prozess fortgesetzt werden. Falls nicht doch irgendein Grund wieder mal dazu führt, dass der Verhandlungstag abgesagt wird.

(RP)
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