Robertino Wild aus Düsseldorf Der Mann mit Benzin im Blut

Robertino Wild ist Physiker, Gastronom und Inhaber des Autozulieferers Capricorn. Bekannt wurde das Unternehmen, weil es den Nürburgring kaufen wollte, ein Thema, das Wild bis heute beschäftigt.

 Capricorn-Inhaber Robertino Wild aus Düsseldorf an seinem Schreibtisch: Sein Unternehmen hat sich auf die Produktion von Leichtbau-Komponenten für Autos, vor allem für Sportwagen, spezialisiert.

Capricorn-Inhaber Robertino Wild aus Düsseldorf an seinem Schreibtisch: Sein Unternehmen hat sich auf die Produktion von Leichtbau-Komponenten für Autos, vor allem für Sportwagen, spezialisiert.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

In Zeiten drohender Diesel-Fahrverbote und Umweltspuren, E-Autos und der Verteufelung von Verbrennungsmotoren mag der Spruch merkwürdig klingen – aber hier passt er: Ein Mann wie Robertino Wild (56) hat Benzin im Blut. Es ist noch nicht lange her, da wurden mit diesem Satz Menschen beschrieben, bei denen sich mit dem Auto viel Emotionalität verband. Bei dem Inhaber der Firma Capricorn trifft das ohne Zweifel auch heute noch zu, allerdings ist der studierte Physiker und Mediziner viel zu sehr Kopfmensch, als dass er mit naiver Begeisterung für PS und Drehmoment durchs Leben steuerte. Wild lebt ganz offensichtlich eine Begeisterung für individuelle Mobilität, wie er es nennt. Unabhängig von der Energie, aus der diese Bewegung ihren Antrieb schöpft.

Und das kann er auch begründen: Was wäre der Mensch ohne sein Auto, wie würde er leben ohne die Gewissheit, jetzt und gleich, ohne Fahrplan, von A nach B fahren zu können? Nicht vorstellbar für uns alle, und für ihn schon gar nicht. Wobei es ihm vermutlich egal ist, ob das Vehikel von fossilen Brennstoffen, Strom, Wasserstoff oder was auch immer angetrieben wird. Denn als Mann der Naturwissenschaft sieht er natürlich die Entwicklungen und glaubt eh an die normative Kraft des Faktischen. Das ist kein Wunder, denn er erlebt sie täglich. Seine Firma Capricorn (Steinbock – sein Sternzeichen) stellt möglichst leichte Komponenten für Autos her. In Mönchengladbach und in der Nähe des Nürburgrings.

Diese legendäre und mit vielen Mythen belastete, weltberühmte Rennstrecke hat einst über ein paar Jahre sein Leben geprägt. Und die Erinnerung daran tut das immer noch. Damals versuchte er, den Nürburgring zu kaufen – dieses Beton gewordene Symbol deutscher Rennfahrerhistorie, tief verwurzelt im kollektiven Gedächtnis der Deutschen, die dort noch Jim Clark, Jochen Rindt oder John Surtees durch die engen Kehren rasen sahen. Dass dies seit Mitte der 1970er Jahre Vergangenheit ist und der Nürburgring international als Rennstrecke keine Rolle mehr spielt, haben viele nicht begriffen und nicht begreifen wollen. Entsprechend skeptisch reagierten vor allem die Menschen im unmittelbaren Umfeld des Rings, als dieser Kaufmann aus Düsseldorf allen Ernstes versuchte, den fast bankrotten Nürburgring vom Land Rheinland-Pfalz zu übernehmen. Was folgte, war ein Politik-, Wirtschafts- und Medienspektakel, an dessen Ende Wild akzeptieren musste, sein Projekt nicht durchziehen zu können und staunend lernte, wie sehr ihm dieses gescheiterte Projekt bis heute anhängt. Längst gibt es einen neuen Eigner (ein Oli­garch aus Russland), Wild ist rechtzeitig ausgestiegen und hat das Thema für sich eigentlich abgehakt. „Wir hätten das damals nicht über die Jahre der juristischen Streitigkeiten durchstehen können. Ich musste meine Firma schützen!“, sagt er rückblickend auf diese Zeiten.

Dabei hätte es gepasst. Denn Capricorn, ein Unternehmen, das 400 Mitarbeiter in vier Ländern hat, ist Spezialist für Leichtbau-Komponenten für Autos. Vor allem für Sportwagen. Das Unternehmen entwirft und baut Autoteile aus hoch variablen Carbon-Verbindungen. Beispiele: Die Kopf- und Nackenschutz-Konstruktionen für Formel-1-Fahrer, (genannt HANS – Head and Neck Support) werden bei Capricorn gebaut. Außerdem die Radmuttern für sämtliche Mercedes-Formel-1-Autos: aus Aluminium geschmiedet, 80 Euro pro Stück teuer und nur einmal zu benutzen. Dafür aber in Sekundenbruchteilen beim Boxen-Stopp mit einem Dreh anzubringen, blitzschnell also – und damit womöglich das Rennen entscheidend in Zeiten, in denen das Tausendstel einer Sekunde den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage ausmachen kann. Wild kann sich für solche Details begeistern. Seine Augen leuchten, wenn er sie beschreibt. Und man merkt, wie tief er drin ist in diesen technischen Leckerbissen, die ihn und seine Leute für begehrte Partner sämtlicher Automobil-Firmen wie Porsche, Audi, VW, Mercedes und andere machen. In NRW sieht er sich perfekt aufgehoben – das Land ist bundesweit die Nummer eins bei der Herstellung von Automobilteilen, was – so Wild – nur wenigen bewusst ist. Aus tiefer Überzeugung bekennt sich Wild zu seiner Begeisterung für den hoch umstrittenen Porsche-, VW- und Audi-Strippenzieher Ferdinand Piëch, dem er aberwitzige Genialität bescheinigt.

Was ihn aber nicht daran hinderte, einst einen Top-Job abzulehnen, den Piëch ihm anbot. Auch das ist lange her. Heute ist Robertino Wild in seiner Branche als eigenwilliger und durchsetzungsstarker Unternehmer bekannt, und er ist nicht unumstritten – manche nennen ihn eine schillernde Figur, und einige, die das sagen, meinen es keineswegs positiv.

Dass er seit Jahren auch als Gastronom tätig ist, scheint – jedenfalls auf den ersten Blick – zu seiner eigentlichen Leidenschaft – den Autos – nicht zu passen. Das Restaurant Lido im Hafen und die Gastronomie des Malkastens gehören ihm. Warum er das tut? Wegen seiner Mutter, die in Kaiserswerth seit 60 Jahren ein Eiscafé betreibt und immer noch fast jeden Tag selbst im Geschäft steht. Der hatte er einst versprochen, zumindest den Namen des Cafés – Lido – weitertragen zu wollen. Das hat er erfüllt – mit dem Restaurant auf dem Wasser des Hafenbeckens.

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