Düsseldorf Richter wird nicht als Raser bestraft

Düsseldorf · Ein ranghoher Jurist, der mit Urteilen gegen Radarkontrollen für Aufsehen gesorgt hatte, hat erfolgreich Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid wegen zu schnellen Fahrens eingelegt. Der Fahrer auf dem Foto ist nicht eindeutig zu erkennen.

 Gohes Tempo ärgert die Anwohner.

Gohes Tempo ärgert die Anwohner.

Foto: RP, Christoph Göttert

Ein Navigationsgerät, angebracht per Saugnapf direkt an der Windschutzscheibe seines Privatwagens, hat einen 62-jährigen Richter des Oberlandesgerichts (OLG) davor bewahrt, selbst als möglicher Temposünder vor dem Amtsgericht zu stehen.

Im August 2009 war das Auto des ranghohen Juristen an der Brüsseler Straße mit Tempo 116 geblitzt worden, wo nur 80 km/h erlaubt sind. Gegen 200 Euro Bußgeld plus drei Punkte im Verkehrsregister hatte der Richter umgehend Einspruch eingelegt. Eigentlich landen solche Fälle bei einem Einzelrichter des Amtsgerichts. Aber weil das Navigations-Gerät im Weg war, konnten selbst Experten der Rechtsmedizin nicht sicher sagen, ob der OLG-Richter am Steuer gesessen hat oder nicht.

Bei Fragen zu Verkehrsdelikten ist dieser Richter ein seit Jahren anerkannter Fachmann. Für Aufsehen hatte er Anfang 2010 gesorgt. In einem Bußgeldverfahren gegen einen 54-jährigen Autofahrer hatte der OLG-Jurist die massenweise Foto- und Videomessung (ohne konkreten Anfangsverdacht) als unrechtmäßig abgelehnt. Er hielt derlei Messverfahren für einen unverhältnismäßig massiven Eingriff in die Grundrechte und daher nicht statthaft.

Ein anderer Strafsenat desselben Gerichts hat dem inzwischen widersprochen. Demnach sei die Videomessung von Autos zur Abstandskontrolle doch rechtens. Anders als ihr 62-jähriger OLG-Kollege kamen diese Richter zum Ergebnis: Fotos und Videoaufnahmen zur Kontrolle und Beweisführung sind auch dann zulässig, wenn sich ein Autofahrer noch nicht verdächtig gemacht hat.

Die rasante Fahrt mit dem Privat-Pkw des OLG-Richters an der Brüsseler Straße (dort war am 5. August 2009 an der Ausfahrt Heerdt mit einem mobilen Radargerät gemessen worden) wird wegen des dabei angefertigten "Beweisfotos" folgenlos bleiben.

Bei Einsprüchen und strittigen Fällen zieht die Justiz stets Spezialisten des Gerichtsmedizinischen Instituts hinzu. Sie vergleichen anhand spezieller Software dann ein Überwachungsfoto digital mit einer Aufnahme des Betroffenen. Dass dabei keine verwertbaren Ergebnisse herauskommen, ist kein Einzelfall.

Beim Bußgeldverfahren gegen den OLG-Richter verdeckte der Saugnapf des Navigationsgerätes das Gesicht des Fahrers und machte eine sichere Zuordnung der Gesichtszüge unmöglich.

Johannes Mocken, Sprecher der Staatsanwaltschaft, verweist auf den üblichen Ablauf bei Bußgeldverfahren: "Wenn nicht sicher festzustellen ist, wer am Steuer gesessen hat, dann werden solche Verfahren üblicherweise ohne Sanktion eingestellt. Und zwar unabhängig davon, welchen Beruf der Betroffene hat." Die beschlossene Verfahrenseinstellung durch das Amtsgericht sei dann auch nicht mehr anfechtbar.

(RP)
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