Interview mit Hans-Helmut Schild "Rheinufer wird Museumspromenade"

Düsseldorf · Hans-Helmut Schild, Experte für die Vitalisierung von Stadtbereichen, spricht über die Ideen für die Gestaltung des Rheinufers, die möglichen Vorteile für die Museen und die Mentalität der Spaziergänger an der Promenade.

Herr Schild, wie gefallen Ihnen die Pläne für die Verlängerung der Rheinuferpromenade?

Schild Das sieht sehr gut aus. Das Rheinufer würde an seinem nördlichen Ende nicht einfach so auslaufen wie heute, sondern an der Rheinterrasse ein definiertes Ende erhalten. Ein weiterer Aspekt für die Diskussion ist sicher, dass die Parkplätze auf dem Unteren Werft nicht verloren gehen. Sie werden für die Museen und die Tonhalle benötigt, aber nun kaschiert. Fast 150 neue Bäume sind zudem ein Gewinn, vom Zuwachs an Lebensqualität ganz zu schweigen.

Sie sind ein Experte für die Vitalisierung von Stadtbereichen. Was bedeutet die Maßnahme unter diesem Gesichtspunkt?

Schild Es lässt sich ein schönes Stück Rheinufer, wenn die Maßnahme umgesetzt wird, besser erleben. Die Museen sind zudem fußläufig heute nicht so gut erschlossen, sie würden besser gefasst — das spürt man schon durch die möglichen Namen für die Verlängerung, über die Sie berichtet haben: Museumsufer oder Museumspromenade. Die Ausstellungshäuser dürften zusätzliche Besucher gewinnen.

Wie geschieht das?

Schild Natürlich gibt es die Menschen, die eine Ausstellung sehen wollen und die Museen gezielt ansteuern. Aber für eine Stadt wie Düsseldorf mit den Kulturbauten am Rhein sind andere Besuchertypen ebenso wichtig. Im Tourismusjargon sprechen wir von den Stolperern und den Entdeckern. Die einen haben keinen engen Zeitplan, bewegen sich in der Freizeit mit dem Fahrrad oder zu Fuß und bleiben dann an einem für sie interessanten Angebot hängen. Die anderen sind irgendwie auf der Suche nach dem Besonderen. Kulturmarketing und Stadtplanung stellen sich idealerweise auf diese Mentalitäten ein.

Sie sprachen davon, dass das Rheinufer am Nordende besser gefasst werde. Warum ist das wichtig?

Schild Diese definierten Punkte schaffen Orientierung und ein Ziel. Die Rheinterrasse würde an Bedeutung gewinnen als Ausgangs- und Zielpunkt der Promenade, auch von Norden aus betrachtet, als Übergang zwischen dem freieren Landschaftserleben ab dem Rheinpark und den konzentrierten Reizen des Stadtkerns. Deswegen wäre es sicher gut, wenn es in diesem Bereich neben dem Biergarten auch ein festes gastronomisches Angebot gäbe. Das muss nicht "High End" sein, ein gutes Bistro reicht aus.

Weil man dann so schön Pause machen kann.

Schild Da sind wir wieder bei den Mentalitäten. Wir haben einmal das Spazierverhalten von Skandinaviern und Deutschen untersucht. Die Skandinavier sind glücklich, wenn sie zwei Stunden durch die Natur laufen, dann gehen sie nach Hause. Die Deutschen lieben es, wenn es auf ihrer Route, am besten in der Mitte, ein Ausflugslokal gibt. Da belohnen sie sich dafür, dass sie spazieren gehen, und treten dann den Rückweg an.

Die 650 Meter lange neue Promenade rückt durch die Überbauung der Parkplätze ja näher ans Wasser, sie erscheint insgesamt auffälliger. Ist das ein Vorteil für die Vermarktung?

Schild Das ist nicht entscheidend, die Aussage der Rheinuferpromenade ist ja jetzt schon sehr gut. Damit hat sich Düsseldorf den größten Gefallen getan.

Wie ordnen Sie diesen Umbau unter dem Gesichtspunkt der Stadtreparatur ein?

Schild Als man zu Beginn der achtziger Jahre in die Altstadt wollte, fuhr man unten am Rhein entlang und versuchte, irgendwo unterhalb des Schlossturms zu parken. Das war ein vernachlässigter Bereich, städtebaulich nichts Besonderes. Als sich die Chance bot, aus dem Bereich eine Attraktion zu machen, haben die Politiker zugegriffen. Heute sehen wir, dass es ein großer Vorzug ist, eine Stadt am Strom zu sein. Da hat ein Paradigmenwechsel stattgefunden.

Können Sie das konkretisieren?

Schild Die meisten Städte am Rhein haben sich mit dem Rücken zum Strom und damit nach innen entwickelt, am Fluss wurden Straßen oder Eisenbahnstrecken gebaut. Nur die Erlebnisstädte wie etwa Königswinter haben das vor gut hundert Jahren anders gemacht. Die Düsseldorfer haben dann vor 25 Jahren von der Rückkehr der Stadt an den Fluss gesprochen und damit eine Neugewichtung vorgenommen. Das war sehr klug und sie haben die Idee mit hoher Qualität umgesetzt. Die Stadt ist damit Vorreiter, hat zudem das Glück des in der Ebene dahinfließenden Stroms. Für die Region Bonn, wo es beginnt, hügelig zu werden, sieht es wegen der Gleit- und Pralllagen am Strom schon anders aus. Es spielt zudem die bessere Gewässerqualität eine Rolle. Früher hat es am Rhein gerochen, da wollte man sich nicht unbedingt aufhalten.

Die Grünen haben sogar mehrfach vorgeschlagen, eine Badeanstalt einzurichten. Was halten Sie davon?

Schild Die Rheinbadeanstalten gab es früher, hygienische und Sicherheits-Bedenken haben sie dann aussterben lassen. Wenn man so etwas wieder machte in einer großen Stadt, dann in Düsseldorf. Hier ist man so aufgeschlossen.

UWE-JENS RUHNAU FÜHRTE DAS GESPRÄCH

(RP)
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