Mobile Redaktion An der Heyestraße herrscht Unzufriedenheit

Gerresheim · Der Neubau für Flüchtlinge und Obdachlose spaltet Gerresheim. Am Freitag kommt die Mobile Redaktion an die Heyestraße.

 Die stark italienisch geprägte Heyestraße ist die zentrale Einkaufsstraße im Gerresheimer Süden.

Die stark italienisch geprägte Heyestraße ist die zentrale Einkaufsstraße im Gerresheimer Süden.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Klein-Italien sagen die Gerresheimer immer noch gerne zu dem Viertel rund um die Heyestraße. Wegen der vielen Pizzerien, Eisdielen und Cafés, der Menschen, die ihre familiären Wurzeln in Italien haben, auch wenn sie zum Großteil in Deutschland geboren wurden. Doch das mediterrane Flair hat in der letzten Zeit gelitten.

Den Stein ins Rollen brachte Joachim Loos, der Stimme des Unteren Gerresheim, das im Schatten der Glashütte schon immer als das Arbeiterviertel galt. Der Vorsitzende des Nachbarschaftsvereins „WIR – Gemeinschaft Heye Siedlung“ pflegt einen engen Kontakt zu den Einzelhändlern, kennt deren Sorgen, und die werden nach seiner Einschätzung immer größer. Viele der Geschäftsleute würden längst von der Hand in den Mund leben, würden massive Umsatzeinbußen beklagen. Gründe dafür gebe es viele: die lange Sperrung wegen der Kanalarbeiten, das vergebliche Warten auf das Glasmacherviertel, jetzt zieht noch die Unfallkasse NRW mit 300 Mitarbeitern aus Gerresheim weg, und an der Hagener Straße werden bald die Häuser abgerissen. Loos hofft darauf, dass sich Oberbürgermeister Thomas Geisel einschaltet, der doch versprochen habe, sich mehr um die Stadtteile zu kümmern.

Dann folgte die Nachricht, dass an der Hausnummer 51 bis 53 für die nicht mehr benötigte Flüchtlingsunterkunft Sozialwohnungen entstehen sollen, die – so war es zuerst geplant – ausschließlich von anerkannten Asylbewerbern und Obdachlosen bewohnt werden sollten. Die CDU schlug zuerst Alarm, forderte einen gemischten Wohnungsbau. „Bei dem Bauvorhaben sollen Haushalte mit unterschiedlichem Einkommen berücksichtigt werden“, erklärte Angelika Penack-Bielor. In Gesprächen mit dem Oberbürgermeister und dem Stadtdirektor wurde dann aber vereinbart, dass es eine Drittel-Belegung geben soll: Obdachlose, Flüchtlinge mit gefestigtem Aufenthaltsstatus und Wohnungssuchende aus der Liste des Wohnungsamtes.

Diese Lösung war jedoch noch nicht offen kommuniziert, als jener Brief von Bürger- und Heimatverein Gerresheim sowie des Nachbarschaftsvereins „WIR – Gemeinschaft Heye Siedlung“ an Thomas Geisel öffentlich wurde. Die Vorsitzenden Rosemarie Theiß und Joachim Loos forderten darin „eine gesunde Mischung der Bewohner“, das südliche Gerresheim habe schon mit mehr als genug Problemen zu kämpfen. Das Handlungskonzept Wohnen müsse auch bei der Neubebauung des Grundstücks Heyestraße 51 bis 53 Anwendung finden. „Gerade für die Heyestraße führt schon derzeit jede zusätzliche Belastung zu großen weiteren Problemen“, schreiben Theiß und Loos verärgert. So habe die lndustrie- und Handelskammer Düsseldorf die Heyestraße in ihrem Bericht zum Einzelhandel in den Stadtteilen eindeutig zu den Problemfällen gerechnet und sie mit „trading-down“ gebrandmarkt.

Jetzt war die Spaltung im Stadtteil perfekt. Zunächst bezog die zweite stellvertretende Bürgermeisterin Maria Icking von den Grünen Stellung. Obwohl Mitglied in beiden Vereinen distanzierte sie sich ausdrücklich vom Inhalt des Briefs. „Es widerstrebt mir zutiefst, diese Bevölkerungsgruppen nur als Belastung für einen Stadtteil zu sehen. Sie sind zum Beispiel wegen Flucht, Arbeitslosigkeit oder Krankheit oft unverschuldet in diese Situation der Unterstützungsbedürftigkeit geraten“, sagt sie mit Blick auf die Personen, die in dem Neubau wohnen sollen. Schließlich zog auch Bezirksbürgermeister Karsten Kunert (SPD) nach. Die Meinung von Bürgerverein und Nachbarschaftsverein bezeichnet er als „schädlich für das Miteinander“. Und: „Der Brief schadet dem solidarischen Grundkonsens in Gerresheim. Mit ihrer Wortwahl stigmatisieren beide Vereine die Bewohner von Sozialwohnungen als gesellschaftliche Randgruppe.“ Es gibt also Redebedarf.

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