Prozess gegen 83-Jährigen Rektor: Täglich Hinweise auf sexuellen Missbrauch

Düsseldorf · Mit seiner Zeugenaussage sorgte der 61-jährige Rektor einer Sonderschule gestern im Landgerichtsprozess gegen einen 83-jährigen Rentner für Raunen im Publikum: "In der Schule gibt es täglich Hinweise auf sexuellen Missbrauch."

Weiter berichtete der Schulleiter von der Unsicherheit der Pädagogen im Umgang mit solchem Wissen. Auch die Tochter des Angeklagten hatte sich ab 1998 an diesen Rektor gewandt, hatte von häuslicher sexueller Gewalt durch ihren Vater berichtet.

Der jetzt 83-Jährige hatte den vielfachen Missbrauch und die Vergewaltigung seiner Tochter im Prozess zugegeben. Zu den Schlussplädoyers kam das Gericht gestern trotzdem nicht. Wegen des Gesundheitszustandes des Angeklagten, bei dem Verdacht auf Lungenkrebs besteht, kann das Gericht nur stundenweise gegen ihn verhandeln.

Das missbrauchte Mädchen habe "wahnsinnige Angst gehabt vor ihrem Vater", habe deshalb nicht gewollt, dass gegen ihn juristisch vorgegangen wird. Der Rektor als Zeuge sagte weiter, er habe nicht gewusst, wie er mit diesen Informationen umgehen sollte. Als er deshalb einen Staatsanwalt ansprach, habe er erfahren, dass derlei Wissen vertraulich zu behandeln sei - wie bei einem Seelsorger. So kam es, dass der sexuelle Missbrauch für dieses Mädchen, laut dem Rektor ein "äußerst aufgewecktes, sprachgewandtes und hellwaches Kind", erst 2004 aktenkundig wurde. Da hatte die 1983 geborene Tochter bereits jahrelang ihrem Vater sexuell zu Willen sein müssen, war von ihm von 1993 bis 2002 mehrfach missbraucht und vergewaltigt worden.

Ärzte und Ämter sind unsicher

Johannes Mocken, Sprecher der Staatsanwaltschaft, bestätigte, dass die Ermittler immer wieder mit Unsicherheiten im Umgang mit kindlichen Informationen über Missbrauch zu tun haben. Etwa bei Ärzten und Jugendämtern bestehe eine gewisse Unsicherheit, "wann sie Anzeige erstatten oder Betroffenen dazu raten sollen". Die Staatsanwaltschaft sehe aber auch "das Spannungsverhältnis zwischen Kindeswohl und dem Wunsch, zur Strafverfolgung beizutragen". Maßnahmen zu mehr Aufklärung in diesem Bereich zeigten aber Erfolge.

Der Prozess gegen den 83-Jährigen wird am 8. August mit weiteren Zeugenvernehmungen fortgesetzt.

(RP)
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