Interview mit OB Dirk Elbers "Reißt den Tausendfüßler ab!"

Düsseldorf · Oberbürgermeister Dirk Elbers (CDU) ist fast drei Jahre im Amt. Im RP-Gespräch zieht er eine Halbzeitbilanz und sagt, wie es mit dem Kö-Bogen, bei der Stadt und ihrer Sparkasse weitergeht.

 Es ist gut, dass sich hier die Kräne drehen“: Oberbürgermeister Dirk Elbers (CDU) ist stolz, dass viel in Düsseldorf investiert wird.

Es ist gut, dass sich hier die Kräne drehen“: Oberbürgermeister Dirk Elbers (CDU) ist stolz, dass viel in Düsseldorf investiert wird.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Herr Oberbürgermeister, vor knapp drei Jahren, am 31. August 2008, wurden Sie mit 59,7 Prozent der Stimmen in Ihr Amt gewählt. Wie groß wäre Ihrer Meinung die Zustimmung, wenn am Sonntag wieder OB-Wahl wäre?

Elbers Das hinge von vielen Faktoren ab, auch von der politischen Situation in Bund und Land. Ich bin aber überzeugt, dass es Düsseldorf sehr gut geht und die Menschen hier gut regiert werden.

Sie gehen in die zweite Halbzeit in Ihrem Amt. Welche Entscheidungen in den vergangenen drei Jahren würden Sie im Rückblick anders treffen?

Elbers Als ich meine Amtszeit 2008 begann, geschah dies im Zeichen der heraufziehenden weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise. Die städtischen Einnahmen waren bis dahin hoch, doch es ging in erster Linie einmal um Risikovorsorge und darum, eine Finanzpolitik zu machen, die uns gut durch die Krise bringt. Natürlich gibt es Dinge in den drei Jahren, die man hätte anders machen können. Aber rückblickend weiß man es immer besser.

Und worauf sind Sie besonders stolz?

Elbers Dass es gelungen ist, gestärkt aus der Finanzkrise zu kommen, dabei dennoch die Schuldenfreiheit zu erhalten und die Stadt in allen Bereichen weiterzuentwickeln.

Sie erwähnen nicht den Eurovision Song Contest (ESC) im Mai dieses Jahres. Zwischenzeitlich war der Eindruck, dass dieses Ereignis Ihnen mehr als alles andere am Herzen lag.

Elbers Es war gut, dass wir den ESC nach Düsseldorf geholt haben. Die weltweite Werbewirkung des ESC —der so genannte Mediawert — wird gerade berechnet. Aber die ersten Zahlen, die Übernachtungen in Düsseldorf und den umliegenden Städten, sind hervorragend. Insofern ist das für Düsseldorf ein wirklich gutes Ereignis gewesen, das die Stadt in Europa deutlich positioniert hat.

Im Düsseldorfer Rathaus regieren seit 1999 CDU und FDP. Hat eigentlich schon Kanzlerin Merkel angerufen, um zu fragen, warum Sie das mit dem schwarz-gelben Bündnis ohne öffentlichen Streit hinbekommen?

Elbers Dass es bei uns gut funktioniert, liegt sicherlich daran, dass wir gemeinsam seit zwölf Jahren erfolgreich für die Stadt zusammenarbeiten. Das sehen auch beide Fraktionen. Natürlich menschelt es überall, und in den Anfangsjahren des Bündnisses hat es auch mal geknallt zwischen den Partnern. Doch inzwischen funktioniert die Zusammenarbeit reibungslos.

Sie können auch gut mit den Grünen. Wäre ein schwarz-grün regiertes Rathaus nach der nächsten Kommunalwahl denkbar?

Elbers Das entscheiden die Wähler, nicht ich. Ich kann nur sagen: Die Zusammenarbeit mit der FDP ist gut. Alles andere muss man dem Wahlergebnis überlassen. Ich weiß, dass es in anderen Städten unterschiedliche Bündnisse gibt. Meist nicht zur Freude der Bürgermeister.

Was denken Sie eigentlich, wenn Sie aus dem Rathaus aufs neue Altstadtpflaster blicken, dessen schlechter Zustand für Diskussionen sorgt?

Elbers Wenn die Schäden des Pflasters die Stadt so beschäftigen, dann ist das ein Zeichen dafür, wie gut es Düsseldorf geht. Wir wollten die Vielfalt der Straßenbeläge durch etwas Schönes ersetzen und haben dafür 5,7 Millionen Euro in die Hand genommen. Da ist klar, dass mich die Schadenserie ärgert. Ich gehe aber davon aus, dass das bald erledigt ist.

Auch die Handwerkskammer hat sich zu Wort gemeldet, hält falsche Fugen als Ursache der beschädigten Platten für möglich.

Elbers Es fühlen sich viele berufen, dazu ungefragt Stellungnahmen abzugeben. Ich bin kein Fachmann für das Verlegen von Platten. Ich stelle aber fest, dass die Stabilität des Pflasters alle Tests bestanden hat und es nicht an der Verfugung liegt. An einigen Stellen gibt es Hinweise, dass Platten möglicherweise mutwillig beschädigt wurden.

Wer könnte daran Interesse haben?

Elbers Das weiß ich nicht.

Auch bei der Stadtsparkasse Düsseldorf reißt der Ärger nicht ab. Zuletzt gab es wieder Ärger in der Führungsetage: Einem Vorstandsmitglied wurden intern Unregelmäßigkeiten beim Hausbau vorgeworfen, der Vorstandsvorsitzende Peter Fröhlich muss vorzeitig gehen. Was ist da los?

Elbers Natürlich wurde die Affäre im Anfangsstadium besonders beachtet, weil es sich bei der zweifelhaften Kreditvergabe an Herrn Pooth um einen so genannten prominenten Unternehmer handelte. Das hat für starke mediale Aufmerksamkeit gesorgt. Die Prozesse der Stadtsparkasse mit ehemaligen Vorstandsmitgliedern laufen teilweise heute noch. Die Sparkasse hat sich davon noch nicht erholt. Das hat viel Kraft gekostet und der Sparkasse geschadet. Für die aktuellen Zwistigkeiten der Vorstandsmitglieder untereinander fehlt mir jedes Verständnis.

Aber der Vorgang, dass ein Vorstandsmitglied wegen seines Hausbaus aus dem eigenen Umfeld angeschwärzt wird und Sie eine Prüfung beauftragen, ist doch einzigartig ...

Elbers Als Verwaltungsrat-Vorsitzender musste ich den Vorwürfen nachgehen, dazu bin ich gesetzlich verpflichtet. Die Untersuchung hat ergeben, dass die Vorwürfe keine juristische Relevanz haben.

Es soll nun eine interne Prüfung geben, von wem und warum die Vorwürfe gegen das Vorstandsmitglied erhoben wurden. Trifft das zu?

Elbers Diese interne Prüfung wird in den kommenden Tagen abgeschlossen. Abhängig vom Ergebnis werden wir Konsequenzen ziehen.

In der Öffentlichkeit unverständlich bleibt, warum der Vertrag des Vorstandschefs Peter Fröhlich trotz guter Zahlen nicht verlängert wird.

Elbers Der Verwaltungsrat hat entschieden, dass ein personeller Neuanfang notwendig ist und das nur mit einem Vorstandsvorsitzenden von außen geht.

Düsseldorf steht in der zweiten Phase Ihrer Amtszeit vor einschneidenden Veränderungen. Der Kö-Bogen soll das Bild der Innenstadt prägen. Nun hat der Landeskonservator den dafür nötigen Abriss der denkmalgeschützten Hochstraße Tausendfüßler abgelehnt. NRW-Verkehrsminister Voigtsberger soll über den Abriss entscheiden. Wie blicken Sie dem entgegen?

Elbers Mehr als 90 Prozent der Bürger dieser Stadt wollen den Kö-Bogen und freuen sich darauf. In fast allen Gesprächen, die ich führe, höre ich: Reißt den Tausendfüßler ab! Der Kö-Bogen wird die Lebensqualität in der Innenstadt verbessern. Ich denke deshalb, dass Minister Voigtsberger, den ich schätze und der nach meiner Wahrnehmung viel von der gesetzlich garantierten kommunalen Selbstverwaltung hält, in unserem Sinne entscheiden wird.

Wird die Stadt klagen, falls der Minister den Abriss ebenfalls ablehnt?

Elbers Wir werden die Argumente abwägen müssen, falls es so kommt. Aber es ist ein so wichtiges Projekt für Düsseldorf, deshalb werden wir natürlich alle Mittel ausschöpfen.

Wäre ein Schlichtungsverfahren wie in Stuttgart denkbar?

Elbers In Stuttgart werden so viele Stresstests gemacht, bis es passt. Das ist keine zuverlässige Stadtplanung. Außerdem haben wir keinen Bürgerprotest von dem Ausmaß.

Bürgerbeteiligung ist ein Thema. Wie stehen Sie zu Volksentscheiden?

Elbers Ich bin Fan von hoher Transparenz. Deshalb auch der Pavillon, in dem sich Bürger über den Kö-Bogen und die Wehrhahn-Linie informieren können. Man muss die Menschen in ihren Ideen ernst nehmen. Im Nachhinein muss ich sagen, dass die Stadt ihre Pläne beim Kö-Bogen von Beginn an hätte offener kommunizieren sollen. Generelle Volksentscheide halte ich aber nicht für richtig. Dann bräuchten wir keinen Stadtrat mehr.

Die Bürger sind genervt von den vielen Baustellen. Sollten Großprojekte künftig anders portioniert werden?

Elbers Wir haben die Chance gehabt, das U-Bahnnetz mit der Wehrhahn-Linie zu ergänzen, zeitgleich kommen der Kö-Bogen und private Investitionen hinzu. 2014 sind wir ja noch nicht fertig. Dann machen wir mit der Schadowstraße weiter. Es ist gut, dass sich in Düsseldorf die Kräne drehen, weil das zeigt, dass hier investiert wird.

Die Industrie- und Handelskammern in Düsseldorf und Köln fordern seit langem eine eigene Metropolregion Rheinland. Was halten Sie von dieser Idee?

Elbers Ich finde die Aktivitäten sehr lobenswert, aber man kann den Gemeinden nicht einfach eine Metropolregion überstülpen. Das hat das Scheitern der Metropolregion Rhein-Ruhr gezeigt. Man kann das nicht verordnen, sondern muss es mit Leben füllen. Schritt für Schritt.

Am 22. September kommt es zum Regio-Gipfel mit den anderen rheinischen Städten, den Sie bereits kurz nach Ihrer Wahl angekündigt hatten. Warum erst jetzt?

Elbers Erstens mussten alle Beteiligten an der dafür nötigen positiven Atmosphäre arbeiten. Zweitens gibt es in der Region bereits ganz konkrete Zusammenarbeit. Jetzt haben wir gerade mit den Landkreisen Neuss und Mettmann einen Kooperationsvertrag geschlossen. Das ist mancherorts nicht ohne Kritik geblieben. Wir müssen auch einige Animositäten abbauen.

Sie feilen auch am Image Düsseldorfs. Modestadt, Architekturstadt, Kulturstadt — was ist Düsseldorf?

Elbers Man kann eine Stadt nicht in einem Begriff zusammenfassen. Ich sehe auch nicht "Modestadt" als Untertitel auf Ortsschildern. Das wäre zu wenig. Wir sind Landeshauptstadt und haben viele Stärken. Das muss auch nach außen erkennbar sein. Deshalb möchte ich zum Beispiel die städtische Wirtschaftsförderung und das Stadtmarketing unserer Tochter DMT wieder stärker verzahnen.

Besteht nicht die Gefahr von Beliebigkeit, falls Sie sich nicht auf ein Imagemerkmal konzentrieren?

Elbers Nein. wir haben nunmal nicht das eine Merkmal. Wir können auch keinen Dom bauen. Mode und Kreativität sind sehr wichtig, aber nicht alles. Ich möchte einen einheitlichen Auftritt nach außen. Dazu gehören ein neues Logo, das historische Symbole der Stadt aufgreift. Daran arbeiten wir.

Die nächste OB-Wahl steht 2014 an. Werden Sie wieder antreten?

Elbers Das entscheide nicht ich, sondern meine Partei, wenn es so weit ist. Aber: Ich bin von Herzen gern Oberbürgermeister. Mein Amt bereitet mir viel Freude.

Sven Gösmann und Denisa Richters führten das Interview.

(RP)
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