Düsseldorfer Grüne fordern Radrouten statt Fahrspuren

Düsseldorf · Die Ökopartei setzt im Endspurt des Kommunalwahlkampfs auf ein radikales Konzept: Auf Hauptverkehrsachsen wie Kaiserstraße und Luegallee sollen Auto-Spuren reduziert und für Fahrradfahrer freigegeben werden. Staus werden in Kauf genommen, damit der Autoverkehr sinkt. Experten warnen.

Wenige Tage vor der Kommunalwahl am Sonntag ziehen die Grünen einen Vorschlag aus der Tasche, der äußerst provokant ist und bisher nicht in ihrem Wahlprogramm steht: Sie möchten an mehreren Stellen der Stadt Fahrrad-Express-Routen einrichten, Schnellbahnen für Radfahrer - auf Kosten des Autoverkehrs. Die Ökopartei denkt dabei nicht an Nebenstraßen, sondern hat Hauptverkehrsachsen im Blick. Erste Vorschläge haben die Ratsherren Norbert Czerwinski und Günter Karen-Jungen gestern präsentiert, wobei diese Liste noch offen ist:

Nord-Süd-Route: Auf der Strecke Fischerstraße, Kaiserstraße, Berliner Allee soll für den Autoverkehr je Fahrtrichtung eine Spur entfallen und den Radfahrern zugeschlagen werden. Laut Andrea Blome, Leiterin des Amts für Verkehrsmanagement, fahren laut der aktuellsten Verkehrszählung werktags von morgens bis in die Nacht zwischen 33.000 (Berliner Allee) und 49.500 (Kaiserstraße) Kraftfahrzeuge auf dieser Strecke.

Schadowstraße: Die Einkaufsstraße soll mit dem Start der U-Bahn Wehrhahn-Linie 2014 nach Ansicht der Grünen zur Fußgängerzone werden. Wo heute die Straßenbahngleise verlaufen, möchten sie einen breiten Radstreifen einrichten. Heute fahren dort werktags im Schnitt 12.500 Autos.

Merowinger Straße: Eine Autospur soll zur Radroute werden. 24.500 Kraftfahrzeuge sind dort heute im Schnitt unterwegs.

Friedrichstraße: Die Einbahnstraße mit Fahrtrichtung Innenstadt soll Fahrradstraße und nur noch von Anliegern mit dem Auto befahren werden. Die parallel verlaufende Elisabethstraße, Einbahnstraße Richtung Bilk, soll in beide Richtungen befahrbar sein. Zwischen 16000 (Höhe Kirchfeldstraße) und 30.000 (S-Bahnhof Bilk) Autos wurden auf der Friedrichstraße gezählt.

Luegallee: Was der inzwischen verstorbene OB Erwin (CDU) nach seiner Wahl 1999 rückgängig machte, wollen die Grünen wieder einführen: Die Luegallee soll pro Fahrtrichtung nur noch einspurig für die Autos befahrbar sein, der Rest, die andere Spur, soll für den Radverkehr freigehalten werden. Auf der Luegallee sind täglich bis zu 27.000 Autos unterwegs.

Kölner Straße: vom Wehrhahn bis zum Oberbilker Markt je Fahrtrichtung soll eine Spur von Auto- zur Radroute umgewandelt werden. Auf dieser Strecke fahren 19.500 bis 22.500 Kraftfahrzeuge.

Hinter den Möglichkeiten

"Mit acht Prozent Radverkehrsanteil bleibt Düsseldorf weit hinter seinen Möglichkeiten", sagt Czerwinski. Das im Rat verabschiedete Klimaschutzprogramm sehe 16 Prozent vor, die AG fahrradfreundlicher Städte, zu der die Stadt gehöre, gar 25 Prozent. Die Grünen verweisen dabei auf ähnliche Vorstöße in Paris und London, wo sogar konservative Politiker aufs Rad setzten und der Autoverkehr gesunken sei. Staus nimmt man deshalb in Kauf, hofft, dass Autofahrer aufs Rad oder den ÖPNV umsteigen.

Verkehrs-Experte Michael Schreckenberg, Professor an der Uni Duisburg-Essen, warnt vor solchen Experimenten: "Der Versuch Luegallee hat gezeigt, dass sich dadurch die Verkehrssituation so verschlechterte, dass es Rückstaus bis zur Heine-Allee gab." Solche Engstellen könnten bei täglich 165.000 in die Stadt einpendelnden Pkw kombiniert mit großen Messen zu chaotischen Zuständen führen und sich dramatisch bis in die Region auswirken.

Zudem bestehe die Gefahr, dass Autofahrer Schleichwege durch Wohnviertel suchten. Schreckenberg sieht auch die Schnellrouten für Radfahrer an sich skeptisch: "Denn Fahrradfahrer verhalten sich gegenüber Fußgängern ähnlich rücksichtslos wie Autofahrer gegenüber Radfahrern."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort