Mieter in Düsseldorf "Qualmender Sturkopf": Pressestimmen zum Raucher-Urteil 2014
Das Urteil gegen Friedhelm Adolfs dürfte viele Mieter aufhorchen lassen. Der Raucher muss seine Düsseldorfer Wohnung nach 40 Jahren räumen. Wir haben die Pressestimmen zum Urteil gegen den rauchenden Mieter am 26. Juni 2014 gesammelt.
Trierischer Volksfreund: Die Düsseldorfer Richter waren klug genug, die Gretchenfrage erst gar nicht zu stellen. Nicht "Wie hältst du es mit dem Rauchen?", wollten sie wissen, sondern: "Wie hältst du es mit dem Lüften?" Und genau das ist der Punkt, auf den es ankommt. Er hat die Kollateralbelästigung für seine Wohnungsnachbarn unnötig verschärft, sein Gedünst in den Hausflur entsorgt, seine Bude so verräuchert, dass es förmlich durch die Decke drang. Anders formuliert: Er hat sich zutiefst asozial verhalten.
Nordwest-Zeitung: Natürlich ist es hart, nach 40 Jahren aus einer Mietwohnung ausziehen zu müssen. Dennoch ist der Raucher Friedhelm Adolfs für seine missliche Lage selbst verantwortlich. Seine Vermieterin hatte ihn mehrfach gewarnt, was der 75-Jährige jedoch an sich abprallen ließ. Im Gegenteil: Durch mangelndes Lüften und das Nichtleeren von Aschenbechern verschärfte er die Situation. Der notorische Raucher hat nicht nur sich selbst zugequalmt, sondern auch das Treppenhaus - und somit die Mieter der anderen Wohnungen in unzumutbarer Weise belästigt. Das Urteil des Landgerichts Düsseldorf ist somit richtig.
Mittelbayerische Zeitung: Raucher werden über das Urteil entsetzt sein: Das Landgericht Düsseldorf bestätigt den Rauswurf eines Rentners aus seiner Mietwohnung, weil seine Dauerqualmerei den Hausflur verpestet haben soll. Die Aufregung ist aber unbegründet. Bei der Verhandlung ging es nicht darum, ob das Rauchen in einer Mietwohnung generell erlaubt sein soll oder nicht. In mehreren Urteilen haben Gerichte der persönlichen Freiheit in diesem Zusammenhang einen hohen Stellenwert eingeräumt - zu Recht. Ein uneingeschränktes Rauchverbot in Mietverträgen ist unzulässig, Beeinträchtigungen durch Zigarettenrauch müssen hingenommen werden. Diese Freiheit endet aber dort, wo andere durch Passivrauchen gefährdet werden. Raucher konnten bereits vorher schadensersatzpflichtig gemacht werden, wenn exzessive Qualmerei Tapeten vergilbt. Es gibt keinen Grund, warum die Gesundheit der anderen Mieter geringer eingestuft werden sollte als Schäden an der Einrichtung. Das aktuelle Urteil wird dafür kritisiert, dass es die Rechte der Vermieter gegenüber den Mietern einseitig stärkt. Das mag sein - richtig ist es trotzdem: Jeder kann in seiner Wohnung rauchen, so viel er will. Schädigt er damit andere, muss er aber ausziehen.
Westfalenblatt: Das Urteil ist eindeutig: Nach 40 Jahren in der gleichen Wohnung soll ein 75 Jahre alter Mieter Ende des Jahres ausziehen. Das hört sich ziemlich hart an, ist es aber nicht. Der nach Helmut Schmidt zweitbekannteste Raucher Deutschlands hatte es darauf angelegt, seine Vermieterin in die Schranken zu weisen. Dabei hat ihn nun das Düsseldorfer Landgericht gestoppt. Es ist nämlich keineswegs so, dass nach diesem Urteil allen Mietern das Rauchen in der eigenen Wohnung untersagt wird und sie mit einem Rauswurf rechnen müssen. Jeder darf so vernünftig oder unvernünftig mit seiner Gesundheit umgehen wie er will - aber eben solange seine Mitmenschen nicht darunter zu leiden haben. Dabei hätte der Rentner das Urteil vermeiden können. Es ist nicht zuviel verlangt, nach dem Rauchen zum Lüften die Fenster zu öffnen. Wenn der Qualm unter die Korridortür ins Treppenhaus zieht, beginnt die Belästigung. Das will der qualmende Sturkopf nicht einsehen und zieht zum Bundesgerichtshof. Sein persönliches Risiko ist gering: Er erhält Prozesskostenhilfe und setzt auf Spenden seiner Gesinnungsgenossen.
Freie Presse (Chemnitz): Das Urteil ist deshalb auch keine schlechte Nachricht für Mieter, wie Adolfs' Anwalt seine Niederlage verstanden wissen wollte. Das Gegenteil ist der Fall: Es ist eine klare Entscheidung dafür, die Mehrheit vor der Rücksichtslosigkeit eines Einzelnen zu schützen. Deshalb eignet sich dieser konkrete Fall auch (noch) nicht als Beleg dafür, dass sich die Bundesrepublik auf dem Weg in ein diktatorisch überreguliertes Land der Tugend befindet. Doch das könnte sich ändern. Wegen eines unheilbaren Formfehlers von Adolfs' erster Anwältin haben die Düsseldorfer Richter nicht über den Einwand der Vermieterin entscheiden können, ob durch Adolfs Rauchbelästigung eine Gefährdung der Mitbewohner ausgeht. Sich dieses Dilemmas bewusst, haben sie schließlich die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Dort könnte es tatsächlich ein Grundsatzurteil dazu geben, ob das Rauchen eines Mieters als Kündigungsgrund zulässig ist. Sollte das der Bundesgerichtshof bejahen, wäre das tatsächlich ein schwarzer Tag für Mieter.
Pforzheimer Zeitung: Wer mit Juristen über Mietrechtsurteile spricht, der hört einen Satz besonders oft: Es zählt stets der Einzelfall. Das heißt, den Inhalt eines solchen Urteils schlicht zu verallgemeinern, bedeutet, sich auf dünnes Eis zu begeben. Vermutlich war den Düsseldorfern Richtern ebenfalls das Eis zu dünn, auf das sie ihren Spruch gründeten. Warum sonst haben sie überraschenderweise Revision gegen ihren Spruch zugelassen? Damit eröffnet sich dem Bundesgerichtshof die Chance, Grundsätzliches zur Abwägung der Freiheitsrechte von Rauchern mit den Schutzrechten der Hausnachbarn zu entscheiden.