Tödliche Hetzjagd im Kö-Center Prozess wird jetzt durch Polizei gesichert

Düsseldorf · Im Landgerichtsprozess um die tödliche Hetzjagd im Kö-Center rastete ein Bruder des Opfers am Montag aus. Wutentbrannt schlug er auf den Tisch, schrie und drohte, verbale Attacken gegen einen Zeugen und die Angeklagten folgten. Der Prozess wurde unterbrochen, bis Polizeikräfte eintrafen.

 Mehrere Polizeikräfte geleiteten den Bruder des Opfers aus dem Gerichtssaal. Eine Stunde lang wurde der Prozess wegen des Tumults unterbrochen.

Mehrere Polizeikräfte geleiteten den Bruder des Opfers aus dem Gerichtssaal. Eine Stunde lang wurde der Prozess wegen des Tumults unterbrochen.

Foto: Wulf Kannegiesser

Mit einem Fausthieb auf den Tisch unterbrach der 31-jährige Bruder des bei der Hetzjagd im Kö-Center Ende 2011 gestorbenen Ömer H. gestern im Landgericht die Aussage eines Zeugen (24) und sorgte damit für einen Eklat. Als Nebenkläger hatte die Familie des Todesopfers bis dahin den Totschlagprozess gegen zwei Männer (23 und 24) verfolgt. Dann schlug der Bruder von H. plötzlich auf den Tisch, sprang auf, schrie, tobte. Kaum hatten Justizkräfte ihn aus dem Saal geleitet, stürmte die Schwester (26) des Opfers zum Zeugentisch und ebenfalls aus dem Saal. Im Tumult soll es nach RP-Informationen sogar Morddrohungen auf Türkisch gegen die Angeklagten gegeben haben. Der Prozess ging erst nach einer Stunde weiter — und wird nun gesichert durch Polizeikräfte.

 Der Bruder von Ömer H. schrie und drohte im Gerichtssaal. Während der Verhandlung sollen sogar Morddrohungen auf Türkisch ausgesprochen worden sein.

Der Bruder von Ömer H. schrie und drohte im Gerichtssaal. Während der Verhandlung sollen sogar Morddrohungen auf Türkisch ausgesprochen worden sein.

Foto: Wulf Kannegiesser

Auslöser für den Eklat war die Aussage des besten Freundes von Ömer H. Dieser Zeuge war in der Tatnacht mit seinem 24-jährigen Freund aus Kindergartenzeiten in der Kö-Disko "Checkers". Dort kam es mit einer Gruppe, zu der die Angeklagten gehören, wegen eines vermutlich ungewollten Remplers zu einem Wortgefecht. Der Freund von Ömer H. gab an, er habe die Fronten damals klären können: "Für uns war die Sache dann gegessen!" Doch beim Verlassen der Disko habe man jene Gruppe am Fuße einer Treppe erneut getroffen. Der Zeuge fürchtete eine Prügelei, wollte Ömer H. aufhalten, umklammerte sogar den nun angeklagten 23-Jährigen. Doch der habe sich losgerissen — und der Zeuge lief zurück, rief Türsteher der Disko zu Hilfe. Das belegt das Video einer Überwachungskamera. Doch derweil hatte Ömer H. damals versucht, der Prügelei zu entkommen, war von den Angeklagten aber in vollem Lauf verfolgt, durch die Passage gejagt und laut Anklage von einem der Verfolger dann kopfüber in eine Scheibe gestoßen worden, die sofort zerbrach. H. erlitt schwerste Schnittwunden am Hals. Trotzdem soll der zweite Angeklagte noch auf ihn eingetreten haben. H. konnte noch mehrere Meter davon taumeln, brach dann zusammen. Wenig später erlag er seinen Wunden.

Sein Bruder und seine Schwester hatten zu Prozessbeginn während der Vorführung jener Videos den Saal verlassen. Als sie gestern die Bilder von der Disko-Treppe erstmals sahen, rasteten sie aus. Sie werfen dem Freund ihres toten Bruders jetzt vor, Ömer H. in dieser kritischen Phase des Streits im Stich gelassen zu haben. Die Mutter des Zeugen im Publikum wurde angepöbelt: "Was hast du da für einen Feigling großgezogen!" Auch soll es im Tumult Morddrohungen gegen die Angeklagten gegeben haben.

Das Gericht führte den Prozess erst nach langer Pause weiter. Der Zeuge war von Justizkräften bis dahin in einem anderen Gerichtssaal versteckt worden, Polizeibeamte sorgten dann für zusätzliche Sicherheit. Bis zu acht Polizisten mischten sich unter das Publikum. Der Bruder des Opfers wurde nach seinem Ausraster für den gestrigen Prozesstag ausgeschlossen — um "den geordneten Ablauf zu gewährleisten", so die Richter. Doch auch die Schwester von Ömer H. und dessen Witwe blieben der Verhandlung mittags fern, ließen sich durch Anwälte vertreten. So blieben weitere Anfeindungen aus, als ein Freund der Angeklagten als Zeuge sogar behauptete, das spätere Opfer Ömer H. sei in der Disko "sehr aggressiv" aufgetreten, habe den Streit selbst ausgelöst.

Der Prozess geht am 23. April weiter. Dann wollen sich die Angeklagten angeblich zu den Vorwürfen äußern.

(wuk/ahem/jco/top/anch/ila)
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