Wehrhahn-Anschlag Jüdische Gemeinde erleichtert über Prozessbeginn

Düsseldorf · Am Donnerstag hat in Düsseldorf der Prozess gegen den mutmaßlichen Wehrhahn-Bomber Ralf S. begonnen. Er soll im Jahr 2000 zehn jüdische Sprachschüler mit einem Sprengsatz verletzt haben. Der Vorstand der Jüdischen Gemeinde in Düsseldorf hofft nun auf ein Urteil.

S-Bahnhof Wehrhahn in Düsseldorf: Bomben-Anschlag im Juli 2000
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2000: Bomben-Anschlag in Düsseldorf am S-Bahnhof Wehrhahn

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Foto: Werner Gabriel

Über 17 Jahre nach dem Bombenanschlag auf jüdische Zuwanderer in Düsseldorf beginnt am Donnerstag der Prozess gegen den mutmaßlichen Attentäter Ralf S.. Der 51-Jährige steht wegen zwölffachen Mordversuchs vor Gericht. Er soll die Tat aus Fremdenhass begangen haben.

Am 27. Juli 2000 war am S-Bahnhof Wehrhahn in Düsseldorf eine ferngezündete Rohrbombe explodiert. Die überwiegend jüdischen Opfer kamen vom Deutschunterricht an einer Sprachschule. Von der zwölfköpfigen Gruppe wurden zehn Menschen verletzt. Ein ungeborenes Baby starb im Mutterleib.

"Wir blicken mit großer Erleichterung auf den Prozessbeginn", sagte der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf, Michael Szentei-Heise, unserer Redaktion. "Natürlich ist die Panne bei den Ermittlungen peinlich und ärgerlich, dass es so lange gedauert hat, bis der vermeintliche Täter gefasst wurde. Auch wenn wir da niemandem einen Vorsatz unterstellen."

Jahrelang schien der Fall trotz des gewaltigen Aufwands der Ermittler nicht aufzuklären zu sein. 1500 Menschen wurden befragt, mehr als 300 Spuren verfolgt, 450 Beweisstücke gesammelt.

Mal wurde vermutet, dass islamistische Terroristen hinter dem Anschlag stecken könnten, dann wurde geprüft, ob er auf das Konto des rechtsterroristischen Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) gehen könnte.

So sieht der S-Bahnhof Wehrhahn in Düsseldorf heute aus
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So sieht der S-Bahnhof Wehrhahn in Düsseldorf heute aus

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Foto: dpa, mku

Der heute Angeklagte war bereits direkt nach der Tat unter Verdacht geraten, der sich damals aber aus Sicht der Ermittler nicht erhärten ließ. Der 51-Jährige betrieb damals in der Nähe des Tatorts einen Militaria-Laden. Doch vor vier Jahren soll der Mann sich im Gespräch mit einem Mitgefangenen verraten haben, als er wegen einer anderen Sache im Gefängnis saß. Der Angeklagte bestreitet die Vorwürfe allerdings. Bis Juli sind 40 Verhandlungstage vor dem Düsseldorfer Landesgericht angesetzt.

"Wir erhoffen uns eine Verurteilung, damit die Betroffenen von damals mit der Tat abschließen können. Denn das ist schon eine große Belastung", sagte Szentei-Heise. Einige der Verletzten von damals treten als Nebenkläger im Prozess auf.

Die jüdische Gemeinde in Düsseldorf arbeite gut mit der Stadt und mit den Sicherheitsbehörden zusammen, so dass Juden hier gut und sicher leben können. Doch seit etwa zwei Jahren stelle man eine massive Zunahme judenfeindlicher Angriffe fest. "Es ist zwar so, dass die meisten Straftaten gegen Juden aus dem rechtsradikalen Milieu kommen, aber judenfeindliche Angriffe aus dem muslimischen Milieu nehmen zu. Und da müssen wir sehen, dass wir dem entgegentreten." Die jüdische Gemeinde wolle weiterhin mit ihrer Kultur und ihrer Tradition in der städtischen Gesellschaft präsent sein. So wird die Gemeinde in diesem Jahr erstmalig mit einem Karnevalswagen im Düsseldorfer Rosenmontagszug vertreten sein.

(heif)
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