Düsseldorf Prozess im Fall Hanaa S. begonnen

Düsseldorf · Fünf Verwandte sollen die 35-Jährige in Düsseldorf getötet haben.

 Bei den Ermittlungen wurde 2015 ein Kiosk in Unterbilk durchsucht.

Bei den Ermittlungen wurde 2015 ein Kiosk in Unterbilk durchsucht.

Foto: end

Im Fall der verschwundenen Hanaa S. müssen sich seit gestern fünf Angehörige wegen eines mutmaßlichen Mordkomplotts verantworten. Der Ehemann, ihr Sohn sowie zwei Brüder und eine Schwester des Ehemannes sollen die 35-jährige Irakerin in Düsseldorf umgebracht haben, um "die Familienehre wiederherzustellen". Die Frau hatte sich von ihrem Mann getrennt und war im April 2015 spurlos verschwunden. Ihre Leiche ist bis heute nicht gefunden worden.

Am Ende eines langen Verhandlungstages konnte gestern doch die Anklage verlesen werden. Bis zum Nachmittag hatten die Verteidiger mit immer neuen Anträgen versucht, das zu verhindern. Sie halten den Vorsitzenden Richter Thomas Bittner für befangen. Außerdem zweifeln sie an, dass das Landgericht Wuppertal überhaupt zuständig ist für das Verfahren, für das bereits jetzt 47 Verhandlungstage terminiert sind. Der schwierige Prozessbeginn gibt einen Vorgeschmack darauf, wie problematisch es werden könnte, den Mord an Hanaa S. aufzuklären. Die Tatverdächtigen haben sich nicht zu den Vorwürfen geäußert. Auch bei den Zeugenaussagen zeichnen sich Probleme ab, da ein Großteil der Geladenen mit den Angeklagten verwandt ist und viele daher ein Recht auf Verweigerung der Aussage haben. 50 Zeugen stehen bereits auf der Ladungsliste des Gerichts.

Die Staatsanwaltschaft ist überzeugt, dass die Angeklagten gemeinsam den Entschluss fassten, die 35-Jährige zu töten. Staatsanwalt Heribert Kaune-Gebhardt sprach in der Anklage von einem konservativ-patriarchalischen Familienbild, nach dem Haana S. getötet werden musste, um die Familienehre wieder herzustellen. Jahrelange Misshandlungen sollen der Grund dafür gewesen sein, dass sie mit ihrer jüngsten Tochter aus der ehelichen Wohnung in Düsseldorf auszog und fortan in Solingen lebte. Als sie einen neuen Mann kennenlernte und mit ihm zusammenzog, sah sich der Familien-Clan laut Anklage gezwungen zu töten. Eine Bekannte soll Haana S. zu diesem Zweck in ihre ehemalige Wohnung in Solingen gelockt haben, die sie gerade auflösen wollte. Dort soll es zu einem Kampf gekommen sein, bei dem Haana S. ihren 25-jährigen Schwager verletzt hat. Entsprechende Spuren konnten gesichert werden.

Kaune-Gebhardt ist sicher, dass die Frau bei diesem Treffen getötet und dann, in einen Teppich gerollt, in den Hildener Stadtwald gebracht wurde. Dort soll ihr Ehemann gewartet haben, um sich vom Tod der Frau zu überzeugen. Unter Umständen könnte die Frau auch dort erst vom Ehemann getötet worden sein. Die Leiche von Haana S. suchen die Ermittler bisher vergeblich. Sie wird in einem Waldstück bei Kronau (Baden-Württemberg) vermutet.

(aki)
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