Beispielfall aus Düsseldorf Wenn das Zuhause verkauft wird - und die Ungewissheit beginnt

Düsseldorf · Im Juni erhalten die Mieter der Bongardstraße 4 Post: Ihr Haus wurde verkauft. Für die Mieter beginnt die Suche nach der Identität des Eigentümers - und nach einer Antwort auf die Frage, was er mit den Wohnungen vorhat.

 Das Haus in der Bongardstraße 4 ist für viele Mieter schon lange ein Zuhause. Nun ist es verkauft worden - Ausgang ungewiss.

Das Haus in der Bongardstraße 4 ist für viele Mieter schon lange ein Zuhause. Nun ist es verkauft worden - Ausgang ungewiss.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Diese Geschichte beginnt mit einem Brief. Einem unscheinbaren Brief, weißes Papier, DIN A4. Er kommt Ende Juni. Die Düsseldorfer Busch Immobilien GmbH teilt den Mietern der Bongardstraße 4 darin mit, dass die MP Marie GmbH ab dem 1. Juli der neue Eigentümer ihres Hauses ist. Die Miete sei fortan an eine Bank in Niedersachsen zu überweisen.

„In diesem ersten Brief stand noch nicht einmal, wo dieser neue Eigentümer sitzt, es gab keine Adresse, um ihn einmal zu kontaktieren“, sagt Martin Weise (Name von der Redaktion geändert). Er fühlt sich an der Bongardstraße 4 wohl, sie ist sein Zuhause. Jetzt hat er Angst, es zu verlieren.

Im Netz steht das Haus unter „Eigentumswohnungen“

Weise bittet beim Amtsgericht um Einsicht ins Grundbuch. Die MP Marie ist demnach nun als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen, sie sitzt in Grünwald. Eine Internetrecherche ergibt: Einer der Geschäftsführer der Firma ist auch Geschäftsführer der Mamisch Family Office GmbH. Die wiederum hat die gleiche Geschäftsadresse wie die MP Marie – und führt die Bongardstraße 4 auf ihrer Internetseite als Projekt, beschriftet mit dem Titel „Entwicklung Eigentumswohnungen“. Weise ist sich sicher: Das kann nur heißen, dass er und seine Nachbarn aus dem Haus ausziehen sollen.

Es ist ein schönes Haus dort im Stadtteil Pempelfort. Gebaut wurde es 1958, das Treppenhaus ist rund. Wie es mit alten Häusern aber so ist, gibt es hier und da auch immer wieder Mängel, die ausgebessert werden müssen. Weise hat einige davon auf seiner Liste. Der Voreigentümer – die GSK Cityimmobilien GmbH aus Köln – habe sich nicht gut genug gekümmert, sagt er.

Das Unternehmen hatte das Haus 2008 von einer Erbengemeinschaft erworben, seither immer wieder im gesetzlichen Rahmen, wie die Bewohner sagen, die Miete erhöht. Im Haus aber habe sich nicht viel getan. Die GSK bestreitet das auf Anfrage unserer Redaktion, alle Mängel seien beseitigt worden – bei einigen Mietern habe man allerdings Probleme, in die Wohnung zu kommen, um letzte Arbeiten fertigzustellen.

Was der neue Eigentümer vorhat, sagt der Verwalter nicht

Weise erhält ein weiteres Schreiben von der neuen Immobilienverwaltung. Man bittet um einen Gesprächstermin, später auch am Telefon. Der Mieter will zunächst wissen, was mit den Mängeln ist. Für die sei man nicht zuständig, sondern nur für den Verkauf, heißt es. Denn: Busch Immobilien ist sowohl als Hausverwalter aktiv, vermarktet aber auch Wohnungen und hilft beim Verkauf. Einigen Mietern des Hauses soll das Unternehmen deshalb sogar Geld angeboten haben für den Fall, dass sie sofort ausziehen.

Auf Anfrage unserer Redaktion erklärt das Unternehmen auf die Frage, ob dies der Fall sei, man wisse davon nichts, würde aber noch einmal nachforschen. Eine weitere Rückmeldung gibt es nicht. Allerdings, erklärt man uns auch, müssten die Mieter nicht ausziehen, schließlich gelte der Mieterschutz und ein Kauf breche den Mietvertrag nicht. Eine konkrete Antwort, was der neue Eigentümer mit dem Haus vorhat, liefert der Verwalter nicht.

Martin Weise versucht ebenfalls immer wieder, eine Antwort auf seine Fragen zu bekommen. Bislang ohne Erfolg. Er möchte erst wissen, was mit seinem Zuhause geschehen soll, bevor er sich auf ein Treffen mit der Immobilienverwaltung einlässt.  Er sagt, natürlich möchte er bleiben. Er sagt aber auch, dass, wenn es keine Möglichkeit zu bleiben gibt, er das akzeptieren müsste. Nur Gewissheit möchte er und will nur einmal mit dem Eigentümer sprechen.

Vieles habe sich verändert. Wenn jemand ausgezogen sei, habe man beispielsweise nicht immer neu vermietet. Wohnungen sollen jetzt mehr über Portale wie zum Beispiel AirBnB vergeben worden sein.

Die „Mamisch Family Office GmbH“ beantwortet keine Fragen

Anfrage unserer Redaktion bei der Mamisch Family Office GmbH: Was hat es mit der MP Marie auf sich? Was soll an der Bongardstraße entwickelt werden und was bedeutet das für die Mieter? Ist es korrekt, dass ein Großteil der Wohnungen über AirBnB und andere Portale genutzt wird? Wurde Bewohnern des Hauses Geld geboten, damit sie ausziehen?

Zwei Mails bleiben unbeantwortet, am Telefon heißt es dann, man habe die Nachricht erhalten, werde aber kein Statement abgeben, auch eine dritte E-Mail danach wird nicht beantwortet.

Martin Weise will weiter dranbleiben, bis er Gewissheit hat, was mit seinem Zuhause geschehen soll. Bis dahin verharren er und seine Nachbarn in der Schwebe.

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