Düsseldorf Präses: kein Theater an Karfreitag

Düsseldorf · Nikolaus Schneider hat kein Verständnis dafür, dass die Stadt beim Feiertagsgesetz Ermessensspielraum reklamiert. Der Präses der evangelischen Kirche im Rheinland mahnt: Dieser hohe Feiertag dürfe nicht übertönt und überspielt werden. Katholische Geistliche pflichten ihm bei.

Düsseldorf: Präses: kein Theater an Karfreitag
Foto: RP/ Krebs

In den Streit um die Einhaltung des Feiertagsgesetzes zu Karfreitag hat sich der Präses der evangelischen Kirche im Rheinland, Nikolaus Schneider, eingeschaltet. Dieser hohe Feiertag dürfe nicht "übertönt und überspielt werden", sagte er im Gespräch mit der Rheinischen Post. "Karfreitag und Ostern sind für uns Protestanten ganz zentrale Feiertage. Tod und Auferstehung Jesu Christi, an die wir mit diesen Tagen erinnern, stehen im Zentrum unseres Glaubens." Daher verdienten diese Tage eines besonderen Schutzes durch den Gesetzgeber.

Schneider begrüßt daher die Haltung von Regierungspräsidentin Anne Lütkes (Grüne). Sie hat die Stadt Essen angewiesen, die Aufführung der Oper "Madame Butterfly" an Karfreitag zu untersagen. Erklären müssen sich auch die Verantwortlichen im Düsseldorfer Rathaus. Bis Donnerstag haben sie Zeit, gegenüber der Bezirksregierung zu erklären, welche Stücke aufgeführt werden sollen — und ob sie geeignet sind, gespielt zu werden. "Zulässig an den stillen Feiertagen sind nur Veranstaltungen religiöser oder weihevoller Art oder sonst ernsten Charakters, die dem besonderen Wesen dieser Feiertage entsprechen", heißt es in einem Schreiben der kommunalen Aufsichtsbehörde.

Im Veranstaltungskalender der Landeshauptstadt finden sich unter anderem die Oper "Billy Budd", die Uraufführung eines Juli-Zeh-Stückes im Schauspielhaus, ein Flamenco-Abend im Tanzhaus NRW und das Stück "Der lustige Witwer" im Theater an der Kö. Die Bezirksregierung will anhand der städtischen Stellungnahme rund zehn Tage vor Karfreitag entscheiden, ob die Stadt Aufführungen verbieten muss. Folgt sie ihrer eigenen Argumentation, kann sie eigentlich nicht anders verfahren als im Falle Essen, sagen Experten. Und das bedeutet, dass es in der Landeshauptstadt an Karfreitag keine Aufführungen geben darf.

Nach Ansicht von Präses Schneider gibt es dazu keine Alternativen, Ausnahmen dürfe es daher nicht geben: "Es gibt ein merkwürdiges, um nicht zu sagen: plattes Verständnis von Freiheit. Es muss daher einen Rahmen geben, in dem durch Regeln und Gesetze bestimmte Lebensbereiche geschützt werden." Das NRW-Feiertagsgesetz schließt alles aus, was der Unterhaltung dient, angenehmen Zeitvertreib, Geselligkeit sowie Erholung und Entspannung vermitteln soll. Dazu zählen unter anderem Theateraufführungen, Opern, Musicals und Puppenspiel. "Wer selber seine eigene Regelung nicht ernst nimmt, nimmt sich selbst nicht ernst und wird nicht ernst genommen", sagt Schneider.

Unterstützung erhalten die Protestanten von der katholischen Seite: Michael Dederichs, Pfarrer von St. Antonius im linksrheinischen Teil Düsseldorfs, beklagt den schwindenden Respekt vor dem Christentum: "Es scheint für den ,modernen' Menschen kaum möglich, Ruhe auszuhalten. Der Advent, als Zeit der Ruhe, wird schon durch das Gedudel der Weihnachtsmärkte zerstört. Der Karfreitag, Tag des Leidens und Sterbens Christi, ein Tag der Ruhe und der Besinnung, soll auch durchbrochen werden, damit der ,moderne' Mensch vor der Ruhe fliehen kann."

Henrike Tetz, Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises, kann der Diskussion etwas Positives abgewinnen: Es sei gut, dass durch solche Fragestellungen über christliche Werte gestritten werde und sie wieder ins Bewusstsein der Menschen gerückt würden. Das Gleiche erfahren die beiden großen Kirchen derzeit im Zusammenhang mit einem anderen Thema: dem verkaufsoffenen Sonntag im Einzelhandel. Sie nehmen nicht hin, dass die Begehrlichkeiten der Geschäftsleute immer größer werden und die Politiker Anträge für die Genehmigung ohne Diskussion durchwinken.

Der Streit um den Karfreitag hat es derweil sogar bis ins Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung geschafft. Weil Ordnungsdezernent Stephan Keller (CDU) ein Gerichtsurteil bemüht, worin zwischen Veranstaltungen hinter verschlossenen Türen und solchen in der Öffentlichkeit unterscheiden wird, glaubt man in der Hessen-Metropole an eine rheinische Lösung: "Die Rücksicht eines weltlichen Rechts auf religiöse Belange wäre so weit ins Ermessen der Stadt gestellt, dass es nach Belieben umgangen werden kann."

(RP)
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