Land muss zahlen Polizist überfährt Seniorin

Düsseldorf · Abends halb acht ist es im November duster. Die Dunkelheit und ein Moment der Unaufmerksamkeit bei einem Kradfahrer der Polizei wurden einer 82-jährigen Frau aus Meerbusch vor drei Jahren zum Verhängnis. Als die Rentnerin zu Fuß die Bundesstraße 222 überquerte, wurde sie von dem Polizeimotorrad auf Einsatzfahrt umgerissen, 18 Tage danach starb sie.

Im Zivilprozess um Schmerzensgeld und Schadenersatz hat das Landgericht dem Polizeibeamten jetzt die Hauptschuld an dem Unfall zugesprochen. Die Kreispolizeibehörde Neuss und das Land müssen 20 930 Euro an den hinterbliebenen Neffen zahlen, 15 000 Euro davon sind Schmerzensgeld. (Az: 2b 54/08)

Der Polizist und die alte Dame — beide haben Fehler gemacht. Das hat die Zivilkammer ausdrücklich festgestellt. Die Rentnerin, die sich damals gegen 19.40 Uhr auf dem Heimweg befand, hätte das Polizeimotorrad mit dem Blaulicht unbedingt sehen müssen. Hundert Meter entfernt gab es zudem einen Fußgänger-Überweg. Zu einem Drittel, so das Urteil, hat die 82-Jährige den Unfall und ihren Tod daher mitverschuldet. Die Hauptschuld an der Kollision sah das Gericht aber beim Kradfahrer der Polizei.

Auf seiner Einsatzfahrt hatte er Blaulicht eingeschaltet, auf das Martinshorn verzichtet. Mit einem Tempo von mindestens 60 km/h hatte er vor dem Zusammenprall mehrere Autos überholt, war zum Einscheren gerade nach rechts gezogen, als seine Maschine nahe der Straßenmitte mit der Rentnerin kollidierte. Als ortskundiger Polizist hätte er wissen müssen, dass es in der Nähe ein Altenheim gibt, beklagte der Neffe des Opfers im Prozess. Wegen des Fehlverhaltens des Beamten forderte der Neffe Schmerzensgeld für die Zeit, in der seine Tante im Krankenhaus schwerste Schmerzen und psychische Pein erleiden musste. Zusätzlich sollten Polizei und Land die Beerdigung zahlen (4000 Euro), die Bewirtung von 18 Trauergästen (250 Euro), die Kosten für Grabstein, Grabanlage und Testamentseröffnung (3000 Euro) sowie Anwaltskosten von 1500 Euro.

In fast allen Punkten hat das Gericht der Klage des Neffe stattgegeben. Zur Begründung hieß es, der Polizist hätte trotz Blaulicht und Einsatzfahrt die "allgemeine Sorgfaltspflicht" beachten müssen, sprich: Im Einsatz haben Polizeibeamte zwar Sonderrechte, müssen aber größtmögliche Sorgfalt walten lassen. Dienstunfälle mit Polizeifahrzeugen sind im Bereich des Polizeipräsidiums Düsseldorf allerdings auch die Ausnahme. 2008 registrierte die Polizei 24 Unfälle bei Einsatzfahrten, im ersten Halbjahr 2009 waren es sieben. Jährlich legen die Düsseldorfer Beamten etwa 11,5 Millionen Kilometer zurück.

Diverse Forderungen des Klägers hat das Gericht aber nicht anerkannt. So verlangte der Neffe 500 Euro dafür, dass er die Wohnung seiner Tante ausräumen musste. Auch habe er für die Bewirtung der Trauergäste keine Rechnung vorgelegt, muss diese Kosten daher selbst tragen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

(RP)
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