Polizeisportler des Jahres aus Düsseldorf Mit dem Rad vom Gardasee ans Nordkap

Düsseldorf · 4500 Kilometer ist der Düsseldorfer Polizist und Extremsportler Alexander Schmitz quer durch Europa gefahren, hat in Bushaltestellen übernachtet und sich fast ausschließlich von Fastfood ernährt. Warum tut sich ein Mensch das an?

 Endlich angekommen am Nordkap: In 13 Tagen, sechs Stunden und 52 Minuten ist Alexander Schmitz die 4500 Kilometer lange Strecke von Norditalien bis nach Norwegen gefahren.

Endlich angekommen am Nordkap: In 13 Tagen, sechs Stunden und 52 Minuten ist Alexander Schmitz die 4500 Kilometer lange Strecke von Norditalien bis nach Norwegen gefahren.

Foto: Schmitz

Es war auf einer seiner Probetouren durch die Niederlande, nach 1800 Kilometern, als Alexander Schmitz einfach nicht mehr sitzen konnte. Keine Sekunde konnte er den Fahrradsattel berühren, so schlimm waren die Schmerzen am Po. „Also bin ich die letzten 100 Kilometer im Stehen gefahren“, sagt Schmitz pragmatisch, als ginge es darum, einmal zum Supermarkt und zurück zu radeln.

Für jemanden, der 4500 Kilometer mit dem Fahrrad quer durch Europa gefahren ist, mag das eine vergleichsweise kurze Distanz gewesen sein. Der 58-jährige Polizist und Extremsportler ist von Norditalien nach Norwegen, vom Gardasee bis ans Nordkap gefahren – in nur 13 Tagen, sechs Stunden und 52 Minuten.

 Alexander Schmitz bei einem kurzen Zwischenstopp in Budapest.

Alexander Schmitz bei einem kurzen Zwischenstopp in Budapest.

Foto: Schmitz

Wer mit Alexander Schmitz spricht, der erfährt viel über Gesäßschmerzen und quälend kurze Pausen bei Fastfood-Ketten, aber auch über eine besondere Faszination zum Radfahren und die Suche nach dem Machbaren. Als Jugendlicher hat er mit dem Sport begonnen. Mit 15 Jahren ist er das erste Mal mit dem Rad aus dem Rheinland zum Bodensee gefahren, um dort den Sommer auf dem Bauernhof seiner Familie zu verbringen, mit einer Karte in regenfester Folie und einem 20 Kilogramm schweren Seesack auf dem Rücken. Heute, mehr als 40 Jahre später, ist Alexander Schmitz nicht nur perfekt ausgestattet mit leichten Fahrradtaschen, GPS-Sender mit Notfallknopf und Navigationssystemen, sondern auch deutlich weiter unterwegs.

Seine erste längere Radreise 2018 auf Korsika habe ihn „angefixt“, wie er sagt. Ein Jahr später folgte ein weiteres Rennen im Oman. 1050 Kilometer und Berge mit bis zu 28 Grad Steigung, das alles in trockener Wüstenhitze. „Ich wusste nicht, wie viel ich schaffe bei den Bedingungen“, sagt Schmitz. Aber wenn er einmal fährt, schafft er ziemlich viel, um genau zu sein 500 Kilometer in den ersten 24 Stunden. Nach 52 Stunden, nur unterbrochen von kurzen Essenspausen und wenigen Stunden Schlaf in Bushaltestellen, kam er als Achter ins Ziel.

Es folgte das Rennen rund um die Niederlande, bei dem er durchschnittlich 400 Kilometer am Tag fuhr. 2021 dann das Northcape 4000, einmal quer durch Europa. „Es war schon immer mein Traum, einmal einen Kontinent mit dem Rad zu durchqueren“, sagt Schmitz. Vom Gardasee in Italien über Slowenien zum Plattensee in Ungarn, weiter über die Slowakei, quer durch Polen, Litauen, Lettland, Estland, mit der Fähre rüber nach Finnland bis nach Norwegen ans Nordkap, den nördlichsten vom Festland aus erreichbaren Punkt Europas. 22 Tage hätte er dafür Zeit gehabt, Alexander Schmitz kam schon nach 13 Tagen und sechs Stunden als Elfter ins Ziel.

Aber warum tut ein Mensch sich das an? Weil er im Auto nicht das erleben würde, was er auf dem Rad erlebt, sagt Schmitz. Weil es eine Reise durch die Landschaften ist, von 40 Grad im Süden zu vier Grad im Norden, durch die Karpaten und die Tundra, zu den Braunbären in Slowenien und den Rentieren in Finnland. Weil es ihn reizt, so frei unterwegs zu sein, sich selbst zu organisieren. Weil der Kaffee in der Sonne vor dem kleinen Supermarkt in einem Bergdorf der Beste ist, den man trinken kann. Weil das Gefühl, seine Grenzen zu übertreffen, doch noch 100 Kilometer mehr am Tag zu schaffen, als man sich vorgenommen hatte, unvergleichbar ist.

 Mit Übersetzen nach Finnland veränderte sich die Natur merklich – auch Rentiere laufen dort über die Straßen.

Mit Übersetzen nach Finnland veränderte sich die Natur merklich – auch Rentiere laufen dort über die Straßen.

Foto: Schmitz

Nur einmal an einem regnerischen Tag in Helsinki hatte Alexander Schmitz kurz überlegt, ob er einfach im Bett liegen bleibt und den Tag in der Unterkunft verbringt. Aber er ist wie jeden Tag um 5.30 Uhr aufgestanden und hat sich aufs Rad gesetzt. Warum? Weil es geht.

Hat er ein Rennen abgeschlossen, will Alexander Schmitz nur eins: nach Hause. Es vergeht aber nie viel Zeit, bis er das nächste Abenteuer plant. Diesmal soll es das „Mittelgebirge Classique“ sein, das ihn über 40 Mittelgebirgspässe im Pfälzerwald, Schwarzwald und in den Vogesen führt, fast 1100 Kilometer lang, rund 22.000 Meter bergauf. Schmitz‘ Arbeitsweg eignet sich als Trainingsmöglichkeit.

 Unterschiedlichste Landschaften, vor allem in Osteuropa, hat Alexander Schmitz auf seiner Reise erlebt.

Unterschiedlichste Landschaften, vor allem in Osteuropa, hat Alexander Schmitz auf seiner Reise erlebt.

Foto: Schmitz

Er wohnt in Erkelenz und macht sich regelmäßig bei Wind und Wetter mit dem Fahrrad auf den Weg in seine 55 Kilometer entfernte Dienststelle bei der Polizei in Düsseldorf. Für das Training für die Gebirgstour fährt er aber auch mal denselben Berg hunderte Male hoch und runter.

Wenn er in Pension ist, sagt Schmitz, wolle er Radurlaub machen, was auch sonst. Dann will er von Griechenland, Spanien oder Sizilien aus wieder nach Hause fahren, nur so 100, 150 Kilometer am Tag, in Hotels schlafen, gemütlich frühstücken, gut Abend essen. Was für die meisten so gar nicht nach Ruhestand klingt, mag man Alexander Schmitz kaum glauben. Denn theoretisch ginge ja noch mehr.

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