Null-Toleranz-Strategie Polizei hat die Altstadt im Griff

Düsseldorf · Die Null-Toleranz-Strategie gegen Störer zeigt Erfolge: Zweieinhalb Jahre nach den Gewaltexzessen auf Bolker- und Andreasstraße wird in diesem Sommer an der längsten Theke der Welt wieder überwiegend friedlich gefeiert. Und das liegt nicht nur am schlechten Wetter.

 Den Respekt zurückerobert: Polizisten in der Altstadt begegnen Störern der großen Party mit Null-Toleranz.

Den Respekt zurückerobert: Polizisten in der Altstadt begegnen Störern der großen Party mit Null-Toleranz.

Foto: Christoph Göttert

Es waren nur zwei Worte, die sich der Fußballfan aus Stuttgart an diesem Abend nach dem 1:1 in Mönchengladbach merken musste. Aber sechs Stunden nach dem Abpfiff sind "Fritz-Röber-Straße" und "Tonhalle" aus seinem Gedächtnis gelöscht. "Ey, Polizei, wo isser Tonplatz?" bölkt er Andrea Seib an. Die Polizistin fordert ihn freundlich, aber bestimmt auf, ein bisschen höflicher zu sein. Und als er sich erstaunt entschuldigt, zeigt sie ihm den Weg zu dem Bus, der ihn nach Hause bringen wird.

Das Bestehen auf Respekt gehört zur Einsatzstrategie der Altstadt-Polizei, die schon aus Personalknappheit früher oft ignorieren musste, wenn Betrunkene Beamte anpöbelten oder ihnen Beleidigungen nachriefen. Seit im Herbst 2008 ein erfahrener Altstadt-Polizist in einem Brief vor drohenden Gewalteskalationen warnte, hat sich die Polizei neu aufgestellt. Und sich den Respekt zurückerobert. Die Atmosphäre in der Altstadt hat sich spürbar entspannt.

Junggesellen aus aller Welt

Natürlich trägt in diesem Sommer auch das Wetter dazu bei. Die Bolkerstraße ist zwar voll und die Kneipen sind es auch. Aber wer die Altstadt kennt, weiß, dass dort auch die doppelte Besucherzahl noch Platz fände. Bei Nieselregen und ungemütlichen Temperaturen aber verzichten viele dann doch auf die Straßenpartys. Wer die Altstadt fest gebucht hat, wie die Stuttgarter Fußballfans auf dem Heimweg oder die rund 50 Junggesellenabschiede aus der ganzen Republik, feiert natürlich auch im Regen.

Entspannt und friedlich — das hat in der Altstadt eine andere Bedeutung als in Niederkassel oder Flehe. Beides gehört zum Arbeitsbereich der Polizeiinspektion Mitte, die dort in der Nacht zum Sonntag kaum etwas zu tun hat, während auf der Flinger Straße ein Raub zu klären ist, auf der Neustraße ein Mann mit blutiger Nase versucht, sich daran zu erinnern, wer ihn warum geschlagen hat und in der Kapuzinergasse ein Rettungswagen eine Frau abholt, die zu betrunken ist, um sich von ihren Freunden zum Taxi bringen zu lassen.

Wo sie zusammengebrochen ist, haben sich zuvor zwei Bayern erleichtert. Der Ordnungsdienst der Stadt hat um diese Zeit längst Feierabend. Aber auch der Polizei stinken die Wildpinkler. Andrea Seib und ihre Kollegen sprechen die beiden an, die verschämt Besserung geloben. Ein junger Mann, der eine Glasflasche über die Andreasstraße schleudert, kommt damit nicht davon: Platzverweis für diese Nacht. Wenn ihn die Polizisten heute noch mal sehen, muss er ins Gewahrsam. "Das hat sich bei den einheimischen Gästen herumgesprochen," sagt Dienstgruppenleiter Olaf Krätzer. Die Zahl der ignorierten Platzverweise sei merklich zurückgegangen. "Wir sind keine Spaßverderber. Aber wir lassen keine gefährlichen Aktionen durchgehen."

Um die Null-Toleranz für Störer des Partyfriedens durchzusetzen, hat die Polizei vor einem Jahr das Altstadtkonzept 2020 gestartet. Sie kann dabei auf Kollegen aus der Hundertschaft oder den Einsatztrupp Prios zurückgreifen, vor allem aber aufs eigene Personal setzen, das freiwillig öfter als anderswo am Wochenende Nachtdienst macht. Dann gehen sie zu viert auf Streife. Das ist schon deshalb nötig, weil immer wieder Angetrunkene versuchen, sich in Polizeieinsätze einzumischen.

Die Viererstreifen demonstrieren die erstarkte Polizeipräsenz. Die zeigt sich auch außerhalb der eigentlichen Partyzone, wo sich Beamte darum kümmern, Ruhestörungen abzustellen, Minderjährige um Mitternacht nach Hause zu schicken und am Taxistand für Ordnung zu sorgen. Genug zu tun gibt es für die Beamten eben auch in einer ruhigen Altstadtnacht.

(RP)
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