Düsseldorf Pilger überwinden Grenzen, suchen Gott und sich selbst

Düsseldorf · Seit mehr als 35 Jahren gibt es die Sankt-Jakobsbruderschaft, die Pilgertouren organisiert.

 Ein Mal im Monat treffen sich die Wallfahrer am Stammtisch, erzählen von ihren Erlebnissen und tauschen Erfahrungen aus.

Ein Mal im Monat treffen sich die Wallfahrer am Stammtisch, erzählen von ihren Erlebnissen und tauschen Erfahrungen aus.

Foto: Anne Orthen

Spätestens seit Hape Kerkelings Bestseller "Ich bin dann mal weg" hat das Pilgern sein antiquiertes Klischee verloren. Doch viele unterschätzen die körperlichen und auch geistigen Herausforderungen, die das Pilgern mit sich bringt. Um Interessierte darauf vorzubereiten, aber auch, um sich untereinander auszutauschen, gibt es in Düsseldorf monatlich einen Pilgerstammtisch.

Pilgern ist nicht immer nur Freude. "Es gibt Momente, in denen man sich fragt, warum man sich das antut", erzählt Wolfgang Bankamp. Zum Beispiel, wenn es bei strömenden Regen durch Schlamm und Pfützen geht. Doch am Ende sind es trotz aller Strapazen die positiven Momente, die in Erinnerung bleiben. "Der Weg ist die Strapazen wert", sagt Bankamp. Er gehört zur Sankt-Jakobusbruderschaft Düsseldorf, einem Pilgerverein, der 1979 gegründet wurde, rund 600 Mitglieder hat und regelmäßig Pilgerungen veranstaltet.

Seit 2006 findet zudem jeden ersten Montag im Monat - mit Ausnahme einer Sommerpause von Juli bis August - um 19 Uhr ein Pilgertreffen im Restaurant "El Amigo" in der Altstadt statt. Zuvor gibt es um 18 Uhr eine Pilgermesse mit Segen in der Andreaskirche. Gegründet wurde es von Pilgern, die ins spanische Santiago de Compostela pilgern und miteinander Erfahrungen austauschen wollten. Mittlerweile nehmen regelmäßig rund 40 Leute an dem Stammtisch teil, um von ihren Erfahrungen zu erzählen. So berichten regelmäßig Teilnehmer über ihre Erlebnisse auf ihren Pilgerreisen.

Die Beweggründe der Pilger unterscheiden sich voneinander. So suchen die einen nach Gott oder sich selbst, während andere die Einsamkeit oder den internationalen und gemeinschaftlichen Geist genießen. "Es ist erstaunlich, wie man sich untereinander kümmert", sagt Wolfgang Bankamp. So erlebte er, wie ein englisches Paar einer verletzten Pilgerin medizinische Hilfe leistete, wodurch sich auch ein weiterer Aspekt des Pilgerns offenbart: die Grenzenlosigkeit. Denn insbesondere auf dem Jakobsweg begegnet man Menschen aus den verschiedensten Ländern. "Jeder Europakritiker sollte einmal Pilgern gehen", sagt Wolfgang Bankamp.

Doch unabhängig von ihren Motiven eint die Pilger eine Erfahrung: "Man ist ein anderer Mensch, wenn man wiederkommt", sagt Inga Stöber. Vor Jahren pilgerte sie den gesamten Weg von Düsseldorf nach Santiago de Compostela in einer Tour. Heute teilt sie ihre Erfahrungen mit Neulingen. Denn das Pilgern - insbesondere über längere Zeiträume - bedarf einer intensiven Vorbereitung. Dabei geht es um die richtige Kleidung. Viele Anfänger machen den Fehler, neue Schuhe vor ihrer Pilgerung zu kaufen, was häufig zu Blasen an den Füßen führt, da diese nicht eingelaufen sind. Auch das Gepäck ist wichtig. Da man es die gesamte Zeit mit sich herumtragen muss, sollte nicht mehr als absolut notwendig mitgenommen werden. So wollte ein Pilger aus Brasilien einst Inga Stöber ein Buch schenken, woraufhin sie sehr pragmatisch reagierte. "Meine erste Frage war: Wie viel wiegt das?", erzählt sie. Zuletzt geht es beim Pilgern auch um Kondition. Ohne Vorbereitung lassen sich diese Strecken nur schwer bewältigen. Aus diesem Grund bietet Inga Stöber regelmäßige Probetouren durch das Rheinland an, bei denen Interessierte testen können, ob sie der körperlichen Herausforderung gewachsen sind und ob ihnen das lange Wandern überhaupt gefällt.

(RP)
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