Pierre Vogel als Zeuge im Lau-Prozess "Ich glaube, dass er ein guter Mensch ist"

Im Terrorprozess gegen den Gladbacher Islamisten Sven Lau hat dessen Weggefährte Pierre Vogel als Zeuge ausgesagt. Der Salafistenprediger verteidigte den Angeklagten gegen die Vorwürfe der Bundesanwaltschaft. An vieles konnte er sich aber nicht mehr erinnern.

Pierre Vogel (38, li.) alias "Abu Hamza" und Sven Lau alias "Abu Adam" (35, re.) im Juli 2014 bei einer Kundgebung in Hamburg.

Pierre Vogel (38, li.) alias "Abu Hamza" und Sven Lau alias "Abu Adam" (35, re.) im Juli 2014 bei einer Kundgebung in Hamburg.

Foto: dpa, mks htf

Es dauert ein paar Minuten, bis Sven Lau dem Zeugen vorsichtige Blicke zuwirft. Lau sitzt hinter einer dicken Plexiglasscheibe, den Kopf stützt er auf seinen Arm, mit seinem Körper ist er dem Vorsitzenden Richter Frank Schreiber zugewandt. Aber sein Blick wandert zu Pierre Vogel. Der bekannte Salafistenprediger sagt am Dienstag im Prozess gegen seinen langjährigen Weggefährten aus.

Lau steht seit September 2016 vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht. Die Anklage wirft ihm Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland vor. Unter anderem soll der Salafistenprediger aus Mönchengladbach junge Männer für die Terrororganisation "Jamwa" in Syrien angeworben haben. "Jamwa" ging später im IS auf. Vogel soll am Dienstag zu Laus Werdegang, zu einer Pilgerreise nach Mekka 2013 und seinen Kontakten nach Syrien befragt werden.

Um 11.13 Uhr ruft der Richter den Zeugen auf. Der Auftritt ist schlicht: Vogel erscheint in langer schwarzer Uniformjacke, ausgebeulter Jeanshose und Adidas-Turnschuhen. Seine Haare hat er abrasiert, nur der für Salafisten typische Bart steht noch, und er trägt eine Brille. Alles in allem gleicht sein Erscheinungsbild kaum dem Bild des Predigers in weißem Gewand und mit Gebetskappe aus dem Internet. Vogel vermeidet Blicke auf die im Saal sitzenden Lau-Anhänger. Und Sven Lau sucht mehr den Blickkontakt zu seinen Anhängern im Publikum als zu seinem Predigerfreund. Am Dienstag sind deutlich mehr von ihnen im Saal als an anderen Verhandlungstagen.

 Sven Lau im Oberlandesgericht Düsseldorf.

Sven Lau im Oberlandesgericht Düsseldorf.

Foto: dpa, fg pil

Vogel erscheint mit einem Anwalt als Zeugenbeistand. Obwohl er für 10.30 Uhr geladen war, beginnt die Befragung eine Dreiviertelstunde später. Und der Anwalt von Vogel hat nur bis 12 Uhr Zeit. Etwa 40 Minuten bleiben dem Vorsitzenden Richter. Auf die Frage des Richters, ob er aussagen wolle, antwortet Vogel eindeutig mit "Ja".

Der Auftritt war mit Spannung erwartet worden. Das Medieninteresse am Prozess — in den vergangenen Monaten kaum vorhanden — ist nun dementsprechend groß. Doch Kamerateams und Fotografen bekommen Vogel am Dienstag nicht vor die Linse. Der Richter ruft ihn erst auf, nachdem Fotografen und Kameraleute den Saal schon wieder verlassen mussten.

Ein großer Auftritt für Pierre Vogel wird es also nicht. Vor einigen Wochen war er schon einmal als Zuhörer zugegen, damals scharte er Laus Anhänger in einer Sitzungspause um sich. Diese Gelegenheit nutzt er am Dienstag nicht.

Vogel zeichnet stattdessen ein positives Bild des Angeklagten. Er habe ihn 2003 in der Moschee in Mönchengladbach-Rheydt kennengelernt. Dort sei er als Prediger aufgetreten. Es habe sich eine "enge Freundschaft" entwickelt, die auch auf gemeinsamen religiösen Überzeugungen fußt. "Ich glaube, dass er ein sehr guter Mensch ist", sagt Vogel.

Das lässt der Richter unkommentiert. Er will vor allem wissen, was Vogel über eine gemeinsame Pilgerreise nach Mekka 2013 weiß. Die ist bereits mehrfach im Prozess thematisiert worden. Auf dieser Reise soll Lau den jungen Ismail I. für den Kampf in Syrien angeworben haben. I. hatte im Prozess als Kronzeuge ausgesagt. Er war in Stuttgart wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verurteilt worden und hatte auch Lau belastet. Doch an ihn will Vogel sich nicht erinnern. "Würde ich I. heute auf der Straße begegnen, würde ich ihn nicht erkennen. Er war ein ganz normaler Pilgerer. Einer unter vielen."

Erst im Nachhinein will sich Vogel mit der Person Ismail I. beschäftigt haben. "Ich bin davon überzeugt, dass Herr Lau unschuldig ist", sagt Vogel am Dienstag im Prozess. "Wenn einer erzählt, einer meiner besten Freunde hätte ihn zu einer Straftat angestiftet, ist der mir in der Rückschau natürlich bekannt." Protokolle von Telefongesprächen zwischen Lau und Vogel zeigen, dass beide sich über die Person I. unterhalten haben. Wie das dann zustande gekommen sei, wenn er sich eigentlich nicht an I. erinnere, will der Richter von Vogel wissen.

"Wir gehen immer davon aus, dass es einen gibt, der Lügen über uns erzählt. Unsere Szene ist von V-Männern durchlöchert wie ein Schweizer Käse. Vielleicht liegt es daran", antwortet Vogel.

Weiter interessiert den Richter, was Vogel über Laus Verbindungen nach Syrien weiß. Im Fokus ist dabei ein Mann aus dem Gladbacher Umfeld Laus: Konrad S. ist nach Syrien ausgereist und hat sich der "Jamwa" angeschlossen. Er soll später als IS-Kommandant in Syrien gekämpft haben. Er soll als eine Art Verbindungsmann für Lau nach Syrien fungiert haben. Lau soll ihn im Lager der Terrororganisation in Syrien besucht haben. Und auch I. soll später in S.' Kampfgruppe aufgenommen worden sein.

Auch über ihn weiß Vogel wenig, kann sich an vieles nicht erinnern. Lau habe ihm nur erzählt, S. sei für die Terrororganisation angeworben worden und nach Syrien gereist. Ob Lau S. in Syrien besucht habe, wisse er nicht. Bevor der Richter dazu kommt, Vogel weiter auf den Zahn zu fühlen, zeigt die Uhr 12.05. Der Richter unterbricht die Sitzung. Lau hebt die Hand kurz zum Gruß, bevor Vogel den Gerichtssaal verlässt — die einzige direkte Interaktion zwischen den beiden an diesem Verhandlungstag. Am 3. Mai soll Vogel erneut im Prozess aussagen.

(heif)
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