Pfingststurm 2014 In Düsseldorf dauert der Wiederaufbau nach Ela noch bis 2022

Düsseldorf · Vor vier Jahren wütete Orkan Ela. Noch heute sind die Auswirkungen sichtbar. Dafür zuständig, die Schäden zu reparieren, ist unter anderem die Leiterin des Düsseldorfer Gartenamts. Im Interview spricht sie über eine einzigartige Herausforderung.

 Im Hofgarten waren 2016 noch deutliche Sturmschäden zu sehen - bis heute sind nicht alle in Düsseldorfer Parks beseitigt (Archivbild).

Im Hofgarten waren 2016 noch deutliche Sturmschäden zu sehen - bis heute sind nicht alle in Düsseldorfer Parks beseitigt (Archivbild).

Foto: Andreas Bretz

Seit einem Jahr war Doris Törkel 2014 Leiterin des Garten-, Friedhofs- und Forstamtes. Dann kam genau heute vor vier Jahren Orkan Ela - und die Landschaftsarchitektin musste eine bis dahin einzigartige Krise managen. Im Interview spricht sie über diese Zeit und den Zustand von Düsseldorfs Parks.

Frau Törkel, wo waren Sie am Abend des 9. Juni 2014 und wie haben Sie von dem Sturm erfahren, der über Düsseldorf gewütet hat?

Doris Törkel Ich war zu Hause in Krefeld. Die Gewitterfront kam, es wurde dunkel und ich habe mir das Schauspiel auf meinem Balkon angeschaut. Ich wusste sofort, dass das Handy gehen würde. Das passierte dann auch, nachts um halb eins bekam ich den ersten Anruf, dass am nächsten Tag morgens der Krisenstab einberufen wird. Ich bin dann sehr früh morgens losgefahren, und je näher ich unserem Büro an der Kaiserswerther Straße kam, desto mehr ahnte ich das Ausmaß des Sturms. Im Büro warteten dann alle Abteilungsleiter auf mich, und um 11 Uhr saßen wir dann das erste Mal zusammen. Keiner von uns hatte bislang solche Sturmschäden erlebt.

 Doris Törkel im Nordpark. Der Park liegt direkt vor ihrer Haustür - gewissermaßen: Das Gartenamt hat seinen Standort an der Kaiserswerther Straße.

Doris Törkel im Nordpark. Der Park liegt direkt vor ihrer Haustür - gewissermaßen: Das Gartenamt hat seinen Standort an der Kaiserswerther Straße.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Wie sah Ihr Arbeitsalltag in den ersten Wochen nach Ela aus?

Törkel Das war schon außerhalb des normalen Arbeitsalltags. Ich war von morgens bis abends hier. Als die große Spendenbereitschaft anrollte, hat sich glücklicherweise die Unternehmensberatung McKinsey bereiterklärt, uns pro bono zu unterstützen. Die ersten sechs Wochen wurden wir in allen Fragen des Krisenmanagements unterstützt.

Waren diese sechs Wochen dann auch der Zeitraum, der besonders intensiv war, oder wie lange hat diese Phase im Krisenmodus angehalten?

Törkel Das ging noch länger. Bestimmt das erste halbe Jahr lang ging es nur um die Koordination der Aufräumarbeiten. Wir haben dabei mehrere Phasen durchlaufen: Zunächst mussten wir uns einen Überblick darüber verschaffen, was das Ausmaß des Schadens ist. Das war das reine Krisenmanagement. Denn es ging ja auch darum, sofort nach dem Sturm die Verkehrssicherheit wiederherzustellen. Dann kam die Erfassung der Schäden und die dritte Phase war das Aufräumen zusammen mit der Frage, wie wir den Wiederaufbau organisieren.

In welcher Reihenfolge haben Sie aufgeräumt?

Törkel Die Schulwege und die Straßen mussten zuerst gesichert werden. Zu genau dieser Zeit stand ja außerdem die Oberbürgermeisterwahl an und wir mussten dafür sorgen, dass alle Wahlbüros frei zugänglich sind. Auf den Friedhöfen war der spezielle Fall, dass es ja weiter Beisetzungen gab. Man kann einen Friedhof ja nicht einfach schließen. Da war dann die Frage, welche Wege zu den Beisetzungsorten freigeräumt werden müssen. Im Wald sind wir dagegen so vorgegangen, dass wir das Betreten generell zunächst verboten haben.

An die Verbote haben sich aber nicht alle gehalten, viele Bürger haben auch Selfies vor den umgestürzten Bäumen gemacht.

Törkel Am Anfang hatten wir alles mit Flatterband abgesperrt - weil das eben am schnellsten geht. Auch an den Eingängen zum Hofgarten haben wir das zum Beispiel gemacht. Und es wurde gar nicht respektiert. Die Leute haben das Band abgerissen oder sind drunter durchgekrochen. Das waren heikle Situationen: Man hört das Knacken in den Baumkronen und die Menschen joggen daran vorbei. Das Anerkennen von Gefahren ist vielen Menschen in unserer Gesellschaft abhandengekommen. Wir haben nachher Konsequenzen daraus gezogen und die Parkanlagen, die stark beschädigt waren, wie den Hofgarten mit Bauzäunen abgesperrt, so dass da niemand mehr durchkam.

Seit vier Jahren läuft nun der Wiederaufbau. An welcher Stelle stehen wir?

Törkel Die am stärksten getroffenen Parks in der Innenstadt waren der Hofgarten und der Rheinpark. Beim Hofgarten sind wir jetzt im ersten Bauabschnitt, der Ende des Jahres abgeschlossen sein wird. Insgesamt wird er in drei Bauabschnitten wieder aufgebaut - da haben wir also gut ein Drittel geschafft. Wenn nicht sogar mehr: Denn außerhalb dieser Arbeiten haben wir ja auch durch die enorme Spendenbereitschaft viele Maßnahmen vorgezogen.

Wie kann das denn beides organisatorisch funktionieren?

Törkel Das war immer die Gleichzeitigkeit, von der wir gesprochen haben: Wir mussten eine solide Planungsbasis schaffen, gerade in den Gartendenkmälern. Das haben wir mit Parkpflegewerken gemacht, damit wir wissen, was wir wie neu aufbauen können, was an welche Stelle gehört, und was werterhaltend für den Park ist. Gleichzeitig wollten wir der Spendenbereitschaft gerecht werden. Die Menschen wollten ja sehen, was mit ihrer Geldspende passiert. Ohne dass das Parkpflegewerk schon fertig war, mussten wir für diese Bäume schon Standorte finden. Das war etwas Besonderes: In der Pflanzsaison nach Ela, also im Herbst 2014, haben wir schon die ersten vorgezogenen Maßnahmen gemacht.

Und wie weit ist der Rheinpark? Da ist noch nicht viel passiert, oder?

Törkel Nein. Da ist jetzt das Parkpflegewerk beschlossen. Das bedeutet, wir wissen genau, was wir aufzubauen haben und wo wir pflanzen müssen. Der Aufbau fängt laut Planung im Jahr 2021 an. Dafür müssen noch die Beschlüsse eingeholt werden.

War aber nicht die Ursprungsplanung mal, 2020 mit allem fertig zu sein?

Törkel Das hatten wir mal gesagt, aber nachdem wir die Entwurfsplanung gemacht haben, wurde die Summe für den Wiederaufbau immer belastbarer und das musste natürlich mit der aktuellen Haushaltsplanung des jeweiligen Jahres korreliert werden. Nach Abschluss aller Arbeiten werden wir die Summe ermitteln, die uns der Wiederaufbau gekostet hat. Dadurch kam jetzt diese neue Zeitplanung zustande.

Das heißt, fertig mit allem sind Sie nach aktueller Planung wann?

Törkel Im Jahr 2022.

Wie lief der Wiederaufbau an den anderen Stellen?

Törkel Im Forst haben wir alle Arbeiten abgeschlossen, die Friedhöfe sind fertig und auch die Reparaturarbeiten an Spielplätzen und in den Kleingartenanlagen sind beendet. In den Bereichen Parkanlagen und Straßenbäume haben wir den Wiederaufbau noch nicht abgeschlossen.

Kommen wir noch einmal zurück zum Rheinpark: Worauf müssen Sie dort achten, wenn Sie mit dem Wiederaufbau beginnen?

Törkel Während es für den Hofgarten keine genauen historischen Pläne mehr zur Bepflanzung gibt, sondern man oft nur ahnen kann, was gemeint war, verfügt der Rheinpark über ganz authentische Pflanzlisten. Der Park ist von Engelhardt entworfen worden. Er hatte 1906 die Leitung des Gartenamtes übernommen. In seinen Plänen kann man genau sehen, an welcher Stelle er welchen Baum gepflanzt hat. Das hilft uns sehr, denn der Rheinpark - das sieht man sehr deutlich - hat durch Ela seine Struktur verloren.

Das heißt, diesen Park stellen sie 1:1 wieder her?

Törkel Nicht ganz. Denn Engelhardt hatte auch in Teilen sehr windbruch-anfällige Bäume verwendet. Davon sind wir abgerückt. Wir versuchen, die Struktur, die er sich für den Park überlegt hat, aufrechtzuerhalten, aber ihn mit windstabileren Arten zu bestücken.

Stichwort Klimawandel: Heftige Wetterereignisse wie Starkregen und Hitzeperioden nehmen zu. Müssen Sie sich da auch in der Parkplanung neu aufstellen?

Törkel Düsseldorf hat da schon mit dem Klimaanpassungskonzept reagiert. Darin geht es darum, zum einen der extremen Hitzebelastung durch mehr Grün entgegenzuwirken. Dann geht es darum, neu zu schaffende Grünanlagen zu Retentionsflächen zu machen, dass also bei Starkregen, wenn die Straßen überflutet sind, das Wasser in die Grünanlagen umgeleitet werden kann. Und was die Straßenbäume betrifft, geht es darum, Arten auszuwählen, die Hitze auch mit wenig Wasser aushalten können. Dafür haben wir eine Zukunftsbaum-Liste aufgestellt.

Was ist denn zum Beispiel ein sehr hitzeresistenter Baum?

Törkel Wir haben schon viele Amberbäume nachgepflanzt nach Ela. Als Straßenbaum gut geeignet sind Magnolien, genauso wie die Celtis oder Tulpenbäume.

Seit Ela sind Bäume ein sehr emotionales Thema in der Stadt. Wie haben Sie das damals erlebt?

Törkel Das war sehr besonders. Und was typisch Düsseldorf ist: Es kamen viele kreative Ideen. Es wurde nicht nur Geld gespendet, sondern auch durch Aktionen viel gesammelt. Und es riss auch nicht ab: Über lange Zeit kamen immer wieder neue Ideen und Impulse.

Was haben Sie aus dieser Zeit nach Ela für sich mitgenommen?

Törkel Wir haben im Amt noch einmal einen Leitfaden aufgestellt, wie wir uns im Krisenfall organisieren, wenn es noch mal passiert. Ich persönlich - ich war ja gerade mal ein Jahr hier, als Ela passierte - habe für mich mitgenommen, dass ich eine ganz tolle Mannschaft hinter mir habe.

(RP)
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