Düsseldorf Pferdebahn auf der Wehrhahn-Linie

Düsseldorf · Die Geschichte des Schienen-Nahverkehrs in Düsseldorf reicht zurück bis ins Jahr 1876. Wir erklären die wichtigsten Schritte.

 Der Künstler J.A.S. Nikutowski malte eine Pferdebahn-Szene 1886 unter dem Titel "Die alten Bahnhöfe am Graf-Adolf-Platz".

Der Künstler J.A.S. Nikutowski malte eine Pferdebahn-Szene 1886 unter dem Titel "Die alten Bahnhöfe am Graf-Adolf-Platz".

Foto: Stadtmuseum Düsseldorf

"Et kütt - Netz met Häzz" verkünden seit vielen Wochen Plakate der Rheinbahn. Die Eröffnung der Wehrhahn-Linie vom Bilker Bahnhof bis zum S-Bahn-Bahnhof "Am Wehrhahn" steht nach langen Bauarbeiten bevor. Vor 140 Jahren, am 6. Februar 1876, begann zum größten Teil auf gleicher Streckenführung die Geschichte des schienengebundenen Nahverkehrs in Düsseldorf.

Spätestens nach dem deutsch-französischen Krieg (1870/71) entwickelte sich in Düsseldorf ein wirtschaftlicher Aufschwung, der für Handel, Industrie und die anwachsende Bevölkerung ein angemessenes Nahverkehrs-System erforderte. Die Modernisierung und Erweiterung des Personen- und Gütertransports zwischen Büros, Ämtern und Geschäften in der Innenstadt, Industrie- und Fabrikationsanlagen im Randgebiet der Stadt sowie den dazwischen gestreuten Wohngebieten und Parks wurden für die wachsende Industriestadt Düsseldorf verpflichtend. Die innerstädtischen Wege wurden immer länger, unbequemer und zeitraubender. Handkarren aller Art, Pferdefuhrwerke über holprigem Pflaster und Droschken, in denen die Passagiere durchgerüttelt wurden, waren dem guten Ruf der Stadt längst nicht mehr zuträglich. Die Stadtverwaltung entschloss sich, eine Pferdebahn einzurichten.

Nach einer öffentlichen Ausschreibung erhielt 1875, gegen Nachweis eines sechsstelligen Betriebskapitals und einer sechsstelligen Kaution der belgische Unternehmer Leopold Boyaert die Konzession, über 25 Jahre eine Pferdebahn zu betreiben. Vertragsinhalte waren zum Beispiel eine jährliche Abgabe, und "...die Stadt behielt sich aber vor, frühmorgens vor Betriebsbeginn die Gleise mit eigenen Fahrzeugen für den Transport von Straßenbaumaterial, die Abfuhr von Straßenkehricht und für Leichentransporte zu benutzen, und zwar unentgeltlich. Kostenlos mussten auch städtische Arbeiter und Polizeibeamte im Dienst befördert werden."

Am 6. Februar 1876 eröffnete Boyaert feierlich drei Strecken mit einer Länge von zweieinhalb Kilometern. Zwei Strecken gingen vom ersten Betriebshof am Burgplatz bis zum Bergisch-Märkischen Bahnhof (heute etwa Graf-Adolf-Platz): eine über die Kasernenstraße, die andere über Mühlenstraße und Königsallee. Eine dritte Strecke verband den Burgplatz mit der damaligen Tonhalle. Wer sich diese Strecken auf dem Stadtplan genau anschaut, sieht, dass dies fast der neuen Wehrhahn-Linie entspricht.

Geplant war, im Sommer 14 Stunden und im Winter zwölf Stunden täglich mit einer Höchstgeschwindigkeit von zwölf km/h zu fahren. Einen Monat nach dem Start der "Bahn mit Hafermotor" wurde eine Strecke vom Bahnhof bis zum Rheinischen Bahnhof (Nähe Zoo) eingerichtet. Sonntags fuhren die Bahnen bei schönem Wetter zur Grafenberger Allee und zur Tiergartenstraße. Ab Oktober 1876 fuhr die Pferdebahn den Köln-Mindener-Bahnhof (in direkter Nachbarschaft zum Bergisch-Märkischen Bahnhof) an, darüber hinaus sonntags den Florapark - an Mittwochnachmittagen allerdings auch, dann nämlich, wenn die Beamten ihren freien Nachmittag hatten.

So sehen die neuen U-Bahnhöfe der Wehrhahnlinie aus
18 Bilder

So sehen die neuen U-Bahnhöfe der Wehrhahnlinie aus

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Foto: Endermann, Andreas

Anfangs hatten die Wagen zwei Laufachsen, Schiebetüren sowie eine Plattform vorne und eine hinten. Die Sommerwagen waren seitlich offen, sie boten Sitzplätze für zwölf Personen und 18 Stehplätze. Zunächst waren alle Strecken eingleisig, an den Endhaltestellen wurde das Pferd ausgespannt und am anderen Ende wieder eingespannt, dann ging die Fahrt zurück. Feste Haltestellen gab es nicht, zum Ein- und Aussteigen musste man dem Schaffner oder dem Pferdeführer ein Zeichen geben. Bei Inbetriebnahme der Bahn kostete eine Teilstrecke (bis 1200 Meter) zehn Pfennige in der 2. Klasse, in der 1. Klasse fünf Pfennige mehr. Für jede weitere Teilstrecke erhöhte sich der Fahrpreis um fünf Pfennige.

Ende 1876 wurde ein Transportdienst eingerichtet, mit dem die Marktleute ihre Gemüsekörbe zwischen Burgplatz, Nordstraße oder Bergisch-Märkischem Bahnhof befördern lassen konnten. 1877 konnten Berufstätige und Schüler Dauerkarten mit 25 prozentiger Ermäßigung erwerben. 1880 nannte Leopold Boyaert seine Firma "Société Anonyme des Tramways de Dusseldorf", das Gleisnetz betrug etwa zehn Kilometer Länge. Zum Bestand des Betriebes gehörten jetzt 124 Pferde und 28 Wagen.

1882 wurde Düsseldorf zur Großstadt mit mehr als 100.000 Einwohnern. Gewerbe- und Industrieanlagen, sowie Wohn- und Verkehrswege mussten den wachsenden Bedürfnissen angepasst werden. Betriebshöfe entstanden, wie beispielsweise an der Erkrather Straße (heute Tanzhaus und Capitol), wo auch ein elektrischer Aufzug eingebaut wurde und wo im Sommer die Winterwagen, im Winter die Sommerwagen im Keller standen. 1891 wurde der neue Zentralbahnhof an der Stelle des heutigen Hauptbahnhofs gebaut, der musste auch ans rasant wachsende Streckennetz angebunden werden.

Boyaert fehlte es an notwendigen Mitteln, es gab Streit um Konzessionszahlungen und um die Erweiterung der Pferdebahn. Die Stadt kündigte 1892 den Vertrag und verpachtete im gleichen Jahr die Pferdebahn an Herrn von Trippelskirch, Direktor der Koblenzer Pferdebahn. Den Gleis- und Depotbau übernahm die Stadt in Eigenregie. Haltestellen wurden eingerichtet und die Geschwindigkeit erhöht. Kritiker meinten, dass die Bahn nun mehr hielt als fuhr.

1894 begann die Stadt den Bau der ersten elektrischen Straßenbahn-Linie von der Schützenstraße bis nach Grafenberg. In der Innenstadt wollten viele Hausbesitzer keine Fahrleitungen und Haken dafür an ihren Häusern befestigt sehen. Die ersten "Elektrischen" fuhren dann im Januar 1896. Zwei Jahre später hatte das Streckennetz seine größte Ausdehnung mit etwa 24 Kilometern erreicht, 370 Pferde standen in den Ställen und 88 Wagen waren unterwegs. 1898 ging auch die "erste elektrische Schnellbahn Europas" von Düsseldorf aus nach Krefeld über die im gleichen Jahr eröffnete Oberkasseler Brücke in Betrieb. Zwei Jahre zuvor wurde unter anderem dazu die "Rheinische Bahngesellschaft AG", also die Rheinbahn, gegründet. Im Jahre 1900 schlug das letzte Stündlein für die "Pähdsbahn". In ihrem letztem Geschäftsjahr wurden rund zehn Millionen Fahrgäste verzeichnet.

(RP)
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