Düsseldorf Pfarrerin hat ein offenes Ohr für Düsseldorfer Polizisten

Düsseldorf · Seit neun Jahren hilft Bianca van der Heyden den Beamten, schlimme Ereignisse zu verarbeiten.

 Seelsorgerin Bianca van der Heyden im Gespräch mit einem Polizisten. Die Beamten vertrauen ihr verschiedene Sorgen an.

Seelsorgerin Bianca van der Heyden im Gespräch mit einem Polizisten. Die Beamten vertrauen ihr verschiedene Sorgen an.

Foto: Anne Orthen

Für Bianca van der Heyden gibt es keinen typischen Arbeitstag. Vom Gespräch bei einer Tasse Kaffee auf der Wache bis hin zur Begleitung von Polizeieinsätzen bei Demonstrationen ist ihr Arbeitsalltag vielfältig. Denn die evangelische Pfarrerin arbeitet seit neun Jahren als Polizeiseelsorgerin in Düsseldorf. Ein in vielerlei Hinsicht herausfordernder Job.

Zur Polizeiseelsorge kam Bianca van der Heyden zufällig. Während ihres Vikariats wollte sie eigentlich eine Zusatzausbildung zur Notfallseelsorgerin machen, wurde dann aber gefragt, ob sie sich auch Polizeiseelsorge vorstellen könnte. "Meine erste Reaktion war: Warum brauchen Polizisten eine eigene Seelsorge?", erzählt van der Heyden. Doch nach einem Praktikum bei einer Polizeiseelsorgerin änderte sie schnell ihre Meinung. Denn die Erfahrungen aus den Einsätzen hinterlassen Spuren bei den Beamten.

Doch die Polizeiseelsorge ist noch mit weiteren Herausforderungen verbunden, da erst einmal das Vertrauen der Polizisten gewonnen werden muss. "Die Polizei ist ein geschlossenes System und ich bin die einzige außerhalb davon", erzählt sie. Daher bestand in der ersten Zeit ihre Aufgabe darin, Klinken zu putzen. Denn als Außenstehende und dazu noch Pfarrerin wurde sie anfangs noch kritisch beäugt. Doch mit den Jahren hat sich van der Heyden zu einer festen Institution auf der Wache entwickelt, die als Ansprechpartner für Probleme aller Art zur Verfügung steht. Wenn sie die Polizeiwache in der Altstadt betritt, wird sie von den Kollegen gegrüßt, als würde sie selbst zur Polizei gehören, denn für ihr offenes Ohr wird sie von den Kollegen sehr geschätzt.

Trotzdem ist es ihr wichtig, auch weiterhin als Person von außerhalb wahrgenommen zu werden. "Ich gehöre nicht dazu, aber ich bin dabei", sagt sie. Denn sie ist kein Teil der polizeilichen Strukturen und - das ist für die Polizisten besonders wichtig - die Gespräche sind durch van der Heydens Schweigepflicht streng vertraulich, damit jeder offen und frei ansprechen kann, was ihn bedrückt.

Die Probleme der Polizisten sind vielfältiger Natur. Das können zum Beispiel private Sorgen, Ärger mit dem Vorgesetzten oder Bilder von Schwerverletzten bei Unfalleinsätzen sein, die den Polizisten nicht mehr aus dem Kopf gehen. Nicht selten stellen sich Polizisten auch die Frage, ob sich ein Verbrechen hätte verhindern lassen. Ebenso ist sie Ansprechpartnerin nach Angriffen gegen Polizisten, die neben physischen Wunden oft auch seelische Spuren hinterlassen. In diesen Fällen spricht Bianca van der Heyden mit den Betroffenen über deren Erlebnisse und gibt ihnen Ratschläge zum Umgang mit dem Erlebten. Doch auch wenn sie für ihre Arbeit als Seelsorgerin schon Weiterbildungen absolviert hat, hat auch ihre Arbeit Grenzen. "Ich bin keine Therapeutin", sagt sie, so dass sie in schwerwiegenden Fällen Betroffene an professionelle Therapeuten weiterverweist.

Diese Arbeit hinterlässt auch bei ihr Spuren. "Insbesondere zu Beginn meiner Tätigkeit musste ich mich an die Härte vieler Geschichten gewöhnen", sagt sie. Darüber hinaus sei es wichtig, dass sie selbst Abstand behält. Gerade im Fall von Todesfällen unter Polizeiangehörigen sei das keine leichte Aufgabe. "Um meinen Kopf frei zu bekommen, gehe ich gerne mit meinem Hund im Wald spazieren", sagt sie.

Mitunter hat sie aber auch schon Polizisten bei Außeneinsätzen in der Altstadt oder bei Demonstrationen begleitet. Sie hält immer gebührend Abstand zum Geschehen und wird von den Polizisten geschützt. "Ich muss nicht an vorderster Front mitkämpfen", sagt sie. Angst hatte sie dabei nie, doch in manchen Fällen sei ihr Puls in die Höhe geschnellt. Zum Beispiel, als die Polizisten bei einem Routineeinsatz plötzlich mit einem Messer bedroht wurden.

Doch ihre Arbeit mit der Polizei dreht sich nicht nur um das Leid. So hat sie als Pfarrerin auch schon Polizisten im privaten Kontext bei ihrer Hochzeit getraut. Besser ließe sich wohl kaum beschreiben, wie viel Vertrauen Bianca van der Heyden unter den Polizisten genießt.

(RP)
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