Wirtschaft Orte erinnern an Wirtschaftsgeschichte

Düsseldorf · Dass Firmen eine „eigene“ Adresse erhalten, ist eine Düsseldorfer Tradition, die bis heute gelebt wird. Aber viele Straßennamen erinnern an Unternehmen, die heute gar nicht mehr existieren.

 bild andreas bretz,160104,Straßenschild Mannesmannufer. Im Hintergrund das Gebäude von Vodafone

bild andreas bretz,160104,Straßenschild Mannesmannufer. Im Hintergrund das Gebäude von Vodafone

Foto: Bretz Andreas/Bretz, Andreas (abr)

Düsseldorf ist unbestritten ein unverändert prosperierendes Wirtschaftszentrum. Das ist nicht neu, sondern elementar für den Aufstieg Düsseldorfs von der kleinen Provinzstadt zum „Schreibtisch des Ruhrgebiets“ in der Hochzeit der deutschen Industrialisierung. Düsseldorf ist auch bekannt dafür, Firmen, die ihre Zentrale in der Stadt errichten, eine eigene Firmenadresse zu spenden. Wie etwa jüngst der Ergo-Versicherung, die seit wenigen Wochen an der neuen Adresse Ergo-Platz liegt.

Doch Düsseldorf ist auch groß darin, Straßennamen zu belassen – von Firmen, die so oder überhaupt nicht mehr existieren. Bei manchen ist der Ursprung offensichtlich, bei anderen aber ist der industrielle Hintergrund bei vielen Düsseldorfern in Vergessenheit geraten.

Jedenfalls sind die Düsseldorfer stolz auf ihre alten Ortsbezeichnungen, auch wenn der Hintergrund längst Geschichte ist. Als vor einigen Jahren der damalige NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin das Mannesmann-Hochhaus in Richard-von-Weizsäcker-Hochhaus umbenennen wollte, gab es einen Sturm der Entrüstung.

Hunderte alte Mannesmann-Mitarbeiter, die Düsseldorfer Jonges und andere Heimatfreunde schrieben wütende Leserbriefe. Schließlich musste der Minister die Änderung absagen. Würde jemand den Vorschlag äußern, das Mannesmannufer, die Adresse des Hauses, zu ändern, der Aufruhr dürfte ähnlich sein.

Der Name erinnert an das einst vielleicht neben Henkel bedeutendste Düsseldorfer Industrieunternehmen. Noch Ende der 1990er Jahre beschäftigte der Traditionskonzern mehr als 130.000 Menschen. Im Jahr 2000 wurde der damalige Dax-Konzern in der mit einem Kaufpreis von 190 Milliarden Euro bis heute teuersten Übernahme der Welt vom britischen Mobilfunkunternehmen Vodafone geschluckt.

Ein anderes Beispiel für Firmen, die heute ganz anders heißen aber Adressen belegen, ist etwa der Victoria-Platz. Der Name Victoria ist längst Geschichte, die Marke ging in der Ergo auf und wird seit Jahren nicht verwendet. Aber die Haltestelle Victoriaplatz bleibt weiter bestehen. 1963 errichtete die Düsseldorfer Familie Gatzweiler eine moderne Großbrauereianlage in Heerdt. Dort wurde neben Schlüssel Alt die Massenmarke Gatzweilers Alt gebraut. Die Brauerei erreichte 1977 mit 530.000 Hektolitern den größten Ausstoß ihrer Geschichte. 1990 wurden die Gaststätte und die Brauereianlage im Stammhaus aufwändig renoviert. Ab Mitte der 1990er Jahre brach der Absatz um über die Hälfte ein. Daraufhin entschloss man sich, die Brauerei in Heerdt zu verkaufen und nur das Stammhaus in der Altstadt weiterzubetreiben. Die Biermarke Gatzweilers Alt (Gatz) wurde ebenfalls abgestoßen und wird heute für den Carlsberg-Konzern in Krefeld hergestellt. An diese Geschichte erinnert bis heute der Simon-Gatzweiler-Platz. Die Familie Poensgen kam im 19. Jahrhundert aus der Eifel nach Düsseldorf. Im 20. Jahrhundert war sie eine der bedeutendsten Unternehmerfamilien der Stadt.

Gleich vier Mal hat sich der Clan mit Straßennamen in Düsseldorf verewigt: Albertstraße in Flingern (nach Albert Poensgen), Ernst-Poensgen-Allee in Grafenberg, Gustav-Poensgen-Straße und Karl-Rudolf-Straße (Karl-Rudolf Poensgen war von 1907 bis 1933 Präsident der IHK), die beide in Friedrichstadt liegen. „Es ist allzu verständlich, dass eine Vielzahl von Straßen und Plätzen nach den Unternehmern vergangener Zeiten benannt worden sind“, sagt heute IHK-Hauptgeschäftsführer Gregor Berghausen. Das gelte beispielsweise auch für den Simon-Gatzweiler-Platz oder das Mannesmannufer – „die beide einen großen Namen tragen, obwohl es die namensgebenden Unternehmen nicht mehr gibt“. „Straßen und Plätze aber erinnern an die Macher von damals, die die Entwicklung des Wirtschaftsstandorts Düsseldorf maßgeblich geprägt haben“, sagt Berghausen.

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