Düsseldorf Ordensfrauen beten für andere

Düsseldorf · Die katholische Kirche will es Menschen erleichtern, ihre Anliegen Gott vorzutragen. Per Postkarte oder E-Mail können sie Fürbitten einsenden, die dann von Schwestern in ihr tägliches Gebet eingebunden werden.

Der Wunsch in der E-Mail einer Düsseldorferin ist eindeutig: Ihr Bruder soll nicht arbeitslos werden, steht dort als Fürbitte an Gott. Schwester Lucia Maria vom Orden der Schwestern Unserer Lieben Frau schließt diese Fürbitte in das tägliche Stundengebet im Kloster ein. Dieses Beten für andere ist zugleich eine neue Erfahrung für die Ordensschwester: "Die anonyme Masse der Düsseldorfer bekommt durch die Anliegen plötzlich Gesichter, obwohl ich die Menschen, die die Fürbitte formuliert habe, nicht kenne. Aber es werden Wünsche und Schicksale deutlich", schildert sie ihre Empfindungen, die sie beim neuen Angebot der katholischen Stadtkirche "Wir beten für Sie" hat.

Ihr Orden beteiligt sich mit sechs weiteren an der Aktion. Das Prinzip ist einfach. Jeder kann ein Anliegen oder eine Fürbitte auf einer Postkarte oder in einer E-Mail formulieren und losschicken. Sie werden dann von Schwestern ins tägliche Gebet aufgenommen. Damit führt die Kirche ein Projekt der Missionale der katholischen Kirche rund um Pfingsten fort. "Wir hatten damals die Idee, dass Menschen auf Wunsch für die Anliegen von anderen beten können", berichtet Martina Kreß vom Caritasverband. Die Referentin für geistliche Begleitung erinnert sich gern an die große Überraschung über die Resonanz. Denn die Karten mit einem Anliegen, die Düsseldorfer geschickt hatten, füllten Körbe. Da lag es nahe, das Beten für andere als generelles Angebot der katholischen Kirche einzuführen.

Für die Schwestern liegt das Unterstützen der Aktion auf der Hand. "Schließlich gehört das Beten für andere Menschen zur Aufgabe eines Ordens", erklärt Schwester Elisabeth von den Servitinnen. Sie geht aber nicht davon aus, dass Menschen das Beten auf andere abschieben wollen, um einfach und bequem Gottes Hilfe zu bekommen. "Sie bauen eher auf Solidarität, hoffen, dass andere ihre Bitten verstehen und diese mittragen", ist Schwester Elisabeth überzeugt. Viele hätten auch Schwierigkeiten zu beten. "Da sind wir als Experten gefragt", weiß Schwester Lucia Maria aus Erfahrung.

Auch deshalb gibt es das Angebot "Wir beten für Sie". Die Kirche wende sich in erster Linie nicht an die Gläubigen vom Kernbereich der Kirche, sondern vor allem an Fernstehende. Deshalb werden die Karten für die Anliegen in Gaststätten ausgelegt, gibt es eine Internet-Adresse. "Die Kirche muss auch in den neuen Medien präsent sein", sind die Initiatorinnen des Projektes überzeugt.

Sie glauben an die Kraft des Gebetes. "Aber wir produzieren dabei keine heile Welt. Es gehen nicht alle Wünsche genau in Erfüllung, wenn nur lange genug inständig gebetet wird", erläutert Schwester Elisabeth. Denn schließlich sei Gott allmächtig und somit souverän. Aber ihm seien die Menschen nicht gleichgültig, das zeige auch das Weihnachtsfest. "Jesus ist als Gottes Sohn auch Mensch, hat wie wir gelebt", sagt Schwester Elisabeth.

Richtig verstanden sei der Betende kein bloßer Bittsteller, "sondern bringt sich in eine Beziehung zu Gott", sagt Kreß. Auf dem Hintergrund von vielen Schwierigkeiten im Leben könne ein Gebet auch ein Wutschrei sein oder eine Anklage. "Wir müssen uns der Wirklichkeit stellen, müssen anerkennen, dass es im Leben helle und dunkle Seiten gibt", erklärt Schwester Elisabeth. Wichtig sei es, dass man schwierige, leidvolle Situationen anzunehmen und zu meistern lerne. Nicht von ungefähr heiße es im Vater Unser "Herr, Dein Wille geschehe".

Allein mit Beten sei es oft auch nicht getan, so Kreß. Auf der Internet-Seite gibt es daher nicht nur Tipps für das Formulieren von Anliegen, sondern auch Hinweise für persönliche, seelsorgerische Beratung und auf unterschiedliche Hilfsangebote von Verbänden. "Denn das Gebet allein macht Menschen nicht unbedingt zufrieden, sie brauchen oft auch konkrete Hilfe im Alltag. Und die wollen wir zeigen", erklärt Kreß. Nicht ausgeschlossen, dass der von Erwerbslosigkeit bedrohte Bruder, für den die Schwestern gebetet haben, doch einmal die Arbeitslosenberatung einer Hilfsorganisation braucht und froh ist, unterstützt zu werden.

(RP)
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