Interview mit Organisator Philipp Maiburg Open Source Festival: "Wir haben die Nase im Wind"

Zum Open Source Festival am Samstag auf der Galopprennbahn in Grafenberg haben sich Topacts wie Tomte, Dendemann und Bonaparte angekündigt. Wir haben vorab mit dem Organisator des Festivals, Philipp Maiburg, gesprochen.

 Philipp Maiburg organisiert das Open Source Festival.

Philipp Maiburg organisiert das Open Source Festival.

Foto: Zack Bumm GbR

Herr Maiburg, das Open Source Festival findet am Samstag zum 5. Mal statt. Warum braucht Düsseldorf dieses Festival?

Wir hatten die Idee, weil es zuvor noch kein Festival in Düsseldorf gab. Auch die Club-Landschaft war hier mau. Da ich selber als DJ und Produzent mit meinem elektronischen Projekt "Phoneheads" viel auf Festivals unterwegs war, dachte ich: "Hier in Düsseldorf muss jetzt endlich mal was passieren." Dann habe ich 2006 mit den beiden Veranstaltungskaufleuten Florian Pehle und Christian Fleischer das Open Source Festival aufgebaut.

Was wollen Sie mit "Open Source" eigentlich aussagen?

"Open Source" heißt übersetzt "offener Quellcode". Den Namen habe ich der Software-Industrie entlehnt. Eigentlich versteht man darunter, dass man als User eine Software-Plattform mitbestimmen und an die Quellcodes kommen kann. Wir verstehen unter "Open Source" eine ständige Weiterentwicklung, ein Synonym für Zukunftsorientierung und Einflussnahme aus der Düsseldorfer Musik-Szene.

Wie hat sich die Veranstaltung denn seit 2006 weiterentwickelt?

Damals war das Festival noch im Strandbad Lörick, jetzt ist es auf der Galopprennbahn. Damals hatten wir "Zoot Woman" und die Lokalheroen "Mouse on Mars" als Headliner und wollten ein elektronisches Festival machen, aber es hat sich schnell erweitert, weil wir immer mehr Bandformate gebucht haben. Mit "Dendemann" haben wir dieses Jahr einen Hip-Hopper der anderen Art, mit "Tomte" eine Indierockband und mit "Bonaparte" eine eher elektronische / performance Band.

Wie wird sich das Festival in diesem Jahr zum Vorjahr verändern?

Das offene Konzept zeigt sich in diesem Jahr darin, dass wir die besser präsentierten zwölf "Kultur(zu)stände" auf dem Gelände haben, an denen sich zwölf kreativwirtschaftliche Ideen aus Mode, Design und Kunsthandwerk präsentieren. Seit letztem Jahr haben wir neben der Hauptbühne mit den großen Künstlern und der elektronischen "Carhartt-Bühne" auch die konzeptionell offene "Young Talent"-Bühne mit jungen Künstlern aus Düsseldorf. Außerdem haben wir das Nachtprogramm erweitert. Zu den beiden Flingeraner Locations "zakk" und "Rotkompot" kommen die Altstadt-Hotspots "Pretty Vacant" und der "Salon des Amateurs" hinzu. Ein Highlight ist nachts sicherlich der Auftritt von DJ Theo Parrish aus Detroit, der ab ein Uhr im Salon des Amateurs auflegt. Dass wir das Festival mit solchen Stars das erste Mal in die Stadt tragen, zeigt, dass sich der Event jährlich weiterentwickelt.

Welche Zielgruppe möchten Sie mit dem "Open Source Festival" ansprechen?

Die Zielgruppe sind 16- bis 49-jährige Musik- und Kulturinteressierte, die nicht unbedingt "Deutschland sucht den Superstar" gucken, sondern nach echten Inhalten suchen. Es sind nicht mehr nur die Kids, sondern auch Eltern, die mit ihren Kindern herkommen. Das ist eine neue Generation von Festivalgängern. Eine Generation, die vollständig mit Pop sozialisiert wurde und selbstverständlich auf Festivals geht. 30 Prozent der Zuschauer kommen auch aus großer Entfernung. Wir haben sogar Karten nach Luxemburg, Österreich und in die Schweiz verkauft.

Wer verkörpert diese "echten Inhalte" am besten - oder stehen dafür alle 34 Acts?

Eigentlich alle, denn das sind alles Leute, die sehr an ihre Sache glauben. Jeder zieht sein eigenes Ding durch und ist damit mehr oder weniger erfolgreich. Es gibt keine Band, die sich irgendeiner Sache angebiedert oder angepasst hat. Es sind Künstler, die sehr stark ihre eigenen Konzepte verfolgen. Das ist auch das Alleinstellungsmerkmal für Musik aus Düsseldorf. Konzepte wie Kraftwerk, Kreidler oder Mouse on Mars sind sehr speziell. Sie sind eher inspiriert von der Kunstakademie als von RTL.

Könnte dieser individuelle Düsseldorfer Stil auch Lena Meyer-Landrut vor zwei Jahren aus Hannover nach Düsseldorf gelockt haben?

(lacht) Es ist eigentlich eher Zufall, dass wir das herausgefunden haben. Als ich als Dozent bei den Medien- und Kulturwissenschaftlern eine Powerpoint-Präsentation über das Konzept "Open Source Festival" gehalten habe, ist den Studenten Lena auf den Bildern aufgefallen. Dass Lena sich für dieses Festival als 17-Jährige auf den Weg von Hannover nach Düsseldorf gemacht hat, zeigt, dass Düsseldorf diese Veranstaltung braucht, um junge Leute für Musik zu motivieren. Es ist für uns auch ein Argument, so ein Festival für junge Menschen nicht sterben zu lassen, denn es ist einzigartig in Düsseldorf. Ansonsten haben wir den Alstadt-Herbst, die Jazz-Rallye, Ski-Langlauf am Rhein und DTM auf der Königsallee, aber einen Event wie diesen nicht. Wie wichtig das ist, zeigt auch unsere "Young Talent"-Bühne. Wir haben trotz des knappen Budgets jede Menge Bewerbungen. Das ist es wahrscheinlich auch, was Lena motiviert hat, hierher zu kommen. Hier sieht man eben Bands, die man nicht an jeder Ecke sehen kann. Die Stadt hat die Bedeutung, die dieses Festival inzwischen gewonnen hat, aber leider noch nicht erkannt. Wir haben nicht mal eine feste Stelle im Kultur-Etat.

Fordern Sie diese feste Stelle im Kultur-Etat?

Wir würden sie uns wünschen, weil wir alleine dieses Festival nicht finanzieren können. Allein in den vergangenen Jahren musste jeder von uns - mittlerweile fünf - Organisatoren tief in die Tasche greifen um das Festival weiterführen zu können. Wir werden dieses Jahr zwar auch von der Stadt unterstützt, aber nicht in dem Maße, wie es bei einer festen Stelle im Kultur-Etat der Fall wäre.

Was entgegnen Sie Kritikern, die sagen, dass das "Open Source 2009" mit Main-Act Tocotronic besser besetzt war?

Das würde ich nicht sagen. Es gab im letzten Jahr mit "Tocotronic" und "The Streets" zwar zwei deutlichere Headliner. Allerdings sind auch "Bonaparte" zurzeit ein ziemlich heißes Thema und für uns ein Glücksgriff, weil ich sie gebucht habe, bevor das neue Album herausgekommen ist und sie zum Titel der "Spex" sowie zur Platte des Monats im "Musikexpress" wurden. Außerdem verkauft Dendemann genauso regelmäßig wie Tocotronic Tausender-Hallen aus und auch Tomte sind als Band, die ehemals in den Top Ten war, ein würdiger Nachfolger von "Toco". Und vielleicht läuft es bei Tomte nach unserem Festival genauso gut wie es bei "Toco" der Fall war: nachdem "Toco" bei uns gespielt haben, sind sie mit dem Album auf Platz 1 eingestiegen und spielen in diesem Jahr überall. Wir sind das Festival, das die Bands bucht, die nicht jedes Jahr auf jedem Festival spielen, denn das fände ich extrem langweilig.

Liegt Ihre Stärke also darin, Newcomer und Trendsetter zu erkennen?

Das ist zumindest bisher immer geglückt. Das Electro-House-Duo "Digitalism" haben wir zum Beispiel gebucht, als sie ziemlich unbekannt waren. Nachher waren sie unbezahlbar. Ähnlich war es bei "The Whitest Boy Alive". Daher kann man schon sagen, dass wir die Nase im Wind haben.

Rechnen Sie wieder mit 4000 Zuschauern wie im vergangenen Jahr?

Das ist stark wetterabhängig, aber wir hoffen, dass wieder 4000 kommen.

Nach aktueller Wettervorhersage regnet es am Samstag. Warum sollten die Zuschauer trotzdem auf die Rennbahn in Grafenberg kommen?

Die Galopprennbahn ist dafür bestens geeignet, weil vor unser Hauptbühne die alte Tribüne liegt, auf der über 900 Zuschauer überdacht sitzen und auf die Hauptbühne gucken können. Auch die "Carhartt Bühne" und die neue "Young Talent"-Bühne können in ein 700 Quadratmeter großes Zelt oder in eine Halle verlegt werden. Diese Möglichkeiten hatten wir auf der grünen Wiese im Löricker Freibad nicht und das kommt uns bei Regen zugute. Auch im letzten Jahr hatten wir eine halbe Stunde Regen, aber das hat das Gelände gut verkraftet, weil das Wasser am Hang und auf dem gekieselten Vorplatz sehr schnell abgelaufen ist.

(jco)
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