Olaf Scholz beim Ständehaus-Treff „Wir sollten uns besser auf die Arbeit konzentrieren“

Düsseldorf · Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) spricht beim Ständehaus-Treff über Sozialreformen, den Umgang im Kabinett und Privates.

Ständehaus-Treff 2018 mit Bundesfinanzminister Olaf Scholz in Düsseldorf
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Fotos vom 78. Ständehaus-Treff mit Bundesfinanzminister Olaf Scholz

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Foto: Bretz, Andreas (abr)

Die beiden Volksparteien befinden sich nach den verheerenden Wahlschlappen in Bayern und Hessen im Krisen-Modus. Doch während bei der CDU nach dem Verzicht Angela Merkels auf den Parteivorsitz eine neue Aufbruchstimmung herrscht, kommt die SPD, die nur noch 14 Prozent in Umfragen erreicht, einfach nicht aus ihrem Tief. Das beunruhigt auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD). „Es ist nicht alles gut gelaufen“, räumte er am Montag beim Düsseldorfer Ständehaus-Treff vor 500 Gästen ein.

Eine solche Einschätzung helfe aber nur teilweise weiter. „Wir hatten zu oft die Erkenntnis, dass es nicht rund läuft. Wir sollten uns deshalb besser auf die Arbeit konzentrieren.“ So biete der Koalitionsvertrag einen Maßstab dafür, was getan wurde und was noch zu tun sei. Er könne dabei als SPD-Finanzminister auf eine Reihe von Erfolgen verweisen. „Wir machen keine Schulden. Die SPD hat ein Paket von Steuerentlastungen für Familien in Höhe zehn Milliarden durchgesetzt.“ Dazu gehörten auch Themen wie Erwerbsminderungsrenten, Absicherung von Müttern und ein stabiles Rentenniveau.

Besonders wichtig für Scholz ist die Sicherung des Rentenniveaus. „Wir müssen den Menschen, die mit 17 Jahren in das Erwerbsleben eingetreten sind, eine Perspektive bieten, dass sie ein auskömmliches Einkommen haben, wenn sie 50 Jahre später einen Rentenantrag stellen.“ Deshalb müsse das Rentenniveau, also das Verhältnis von Renten zum Nettolohn, bei 48 Prozent stabilisiert werden. Sonst, so Scholz mit Bezug auf die AfD, würden sich die Bürger bei Parteien umschauen, die ganz einfache Lösungen für solche Probleme anböten.

Scholz verteidigte die Hartz-Reformen auch gegen innerparteiliche Kritiker. „Das, was damals gemacht wurde, war richtig“, sagte er mit Blick auf die Aussage seiner Parteichefin Andrea Nahles, dass Hartz IV überwunden werden müsse. „Wir hatten damals Defizite in der Sozialversicherung, heute haben wir Überschüsse.“ Jetzt gebe es 45 Millionen Erwerbstätige und viel weniger Arbeitslosigkeit. Trotzdem trat er für eine Weiterentwicklung von Hartz IV ein. „Deutschland muss auch Menschen mit 49 oder 51 noch die Möglichkeit geben, beruflich neu anzufangen, ohne alles aufzugeben, was sie sich bis dahin aufgebaut hatten.“

Als ärgerlich empfand Scholz die Steuervermeidung großer Konzerne. „Bei uns ist üblich, dass Unternehmen dort Steuern zahlen, wo sie produzieren.“ Das sei bei Internetunternehmen nicht mehr genau zu bestimmen. Scholz will sich für Mindeststeuersätze im internationalen Rahmen einsetzen. Dazu will er schon im Dezember mit seinen europäischen Kollegen einen Lösungsvorschlag erarbeiten.

Der Finanzminister gab auch Einblicke in sein Privatleben. Seine Ehe mit Britta Ernst, die in Brandenburg Sportministerin ist, dauert bereits 20 Jahre. Die Beziehung bestehe schon seit 35 Jahren. „Das spricht doch für eine gewisse Solidität“, meint der SPD-Politiker. Sie sei es auch gewesen, die ihn zum Sport gebracht hätte. Er war als jüngerer Politiker eher etwas füllig gewesen. So könne das nicht weitergehen, habe seine Frau gesagt. Am Anfang sei er aber mit seinen Läufen nicht sehr weit gekommen. Inzwischen laufe er zwei bis drei Mal in der Woche, am Sonntag sogar anderthalb Stunden von seinem neuen Zuhause in Potsdam aus. „Da passiere ich gelegentlich die Glienicker Brücke.“ Die war früher der Austauschpunkt von Spionen zwischen Ost und West.

Sozialdemokrat sei Scholz geworden, weil ihm Politiker wie Willy Brandt und Helmut Schmidt imponiert hätten. Auch weil er als einer von sieben Schülern aus fünf Grundschulklassen mit jeweils 30 Schülern in das Gymnasium kam. „Das ist doch heute ganz anders.“ Die SPD stehe eben für Aufstieg und Wohlstand der kleinen Leute.

Ob die große Koalition noch bis 2021 halte, wollte er nicht kommentieren. Auch nicht, ob er als Vizekanzler den ersten Zugriff auf die Kanzlerkandidatur habe. „Die SPD wird diese Frage früher entscheiden als beim letzten Mal“, meinte er vielsagend. Aber als Pressesprecher der Kanzlerin würde er mit voller Überzeugung sagen, dass sie bis 2021 im Amt bleibe.

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