Düsseldorfer Protest-Camp Occupy: Räumung blieb friedlich

Düsseldorf · Dass der Abbruch des Protest-Camps auf dem Martin-Luther-Platz gewaltlos verlief, lag auch an der Taktik von Polizei und Ordnungsdienst: Sie waren ständig mit den Demonstranten in Kontakt. SPD und Grüne kritisieren, dass Oberbürgermeister Dirk Elbers ein Gespräch mit den Aktivisten ablehnte.

Occupy-Lager wird in Düsseldorf geräumt
25 Bilder

Occupy-Lager wird in Düsseldorf geräumt

25 Bilder

Heinz Lennartz streckte die Waffen zuerst. "Ich biete ein Gespräch an, und ich lege dazu meine Waffe ab", sagte der Leiter der Mönchengladbacher Hundertschaft zu einem so vermummten wie verdutzten Demonstranten. Hinter dem Polizisten hockten mehrere Aktivisten auf den mit Transparenten behängten Barrikaden des Occupy-Camps. "Ohne Helm und ohne Knüppel seid ihr nichts!" brüllten sie in Richtung der wartenden Beamten — doch die blieben regungslos. Fünf Minuten später stand Lennartz mit zwei Camp-Bewohnern abseits und diskutierte das weitere Vorgehen.

"Bei einem Einsatz wie diesem ist Kommunikation das Wichtigste", sagt Polizeisprecherin Susanna Heusgen. Dass die Räumung des Camps ohne Zwischenfälle verlief, lag wohl vor allem an dieser Taktik. Gegen sechs Uhr morgens war zunächst das Ordnungsamt auf dem Martin-Luther-Platz angerückt, forderte die Aktivisten per Lautsprecher zur Räumung des Zeltlagers auf. Als das nichts nutzte, übernahm die Polizei, die mit mehreren Hundertschaften vor Ort war. Und die reagierte besonnen. "Wir werden euch nicht überfallen", sicherte Lennartz den Demonstranten zu.

"Lieber zwei Stunden warten"

"Ich hab gedacht, die überrennen uns", wunderte sich eine Kapitalismus-Kritikerin mit Blick auf die Hundertschaft in ihren robusten grünen Anzügen. Doch da hatte sie sich getäuscht. Immer wieder sprachen die Polizisten die Camp-Bewohner an. Mehrmals verlasen sie die Verfügung des Ordnungsamtes, boten den Demonstranten schließlich an, samt Info-Pavillon auf die Fläche vor dem Justizministerium zu ziehen. "Man muss erklären, was die nächsten Schritte sind und ihnen Zeit geben, darüber nachzudenken", sagt Heusgen. Bei Protestlern müssten Entscheidungen oft in der Gruppe abgesprochen werden — und das könne dauern. Zwei Stunden länger zu warten sei aber besser, als eine Eskalation zu riskieren.

"Wir wollen, dass der Oberbürgermeister mit uns spricht", forderte Patrick, einer der Demonstranten. Polizei und Ordnungs- und Servicedienst (OSD) versuchten daraufhin, Dirk Elbers zu erreichen. Einzig Patricks Vorschlag, die Stadt solle der Bewegung doch ein paar Ersatzräume zur Verfügung stellen — mit einem Fingerzeig auf die leerstehende Etage eines Bürogebäudes an der Josephinenstraße — ging der Polizei zu weit. Dreieinhalb Stunden harrten die Beamten aus, ehe sie schließlich den Holzzaun um das Camp mit Brechstangen und Vorschlaghämmern durchbrachen. Einige Aktivisten, die sich in der Mitte des Camps verschanzt hatten, verließen das Lager freiwillig, andere ließen sich nach draußen tragen. Dabei verhielten auch sie sich friedlich — von ein paar systemkritischen Parolen, Geschrei und Schimpfwörtern abgesehen.

Polizei und OSD hätten "Hand in Hand gearbeitet", sagte Stadtsprecherin Natalia Fedossenko. "Es war eine erfolgreiche Aktion — wenn man das so sagen kann." Martin Volkenrath, Vorsitzender des Ordnungs- und Verkehrsausschusses, war froh, dass alles friedlich verlaufen war. Er kritisierte jedoch, dass Oberbürgermeister Dirk Elbers sich nicht auf ein Gespräch mit den Demonstranten eingelassen hatte. Fedossenko wehrte die Kritik ab. "Die Demonstranten hatten monatelang die Möglichkeit, mit der Stadt zu sprechen. Warum kurz vor sieben am Tag der Räumung? Das ist eine theatralische Pose." Enttäuscht äußerte sich Norbert Czerwinski, Fraktionssprecher der Grünen im Rat. "Es wäre eine Chance gewesen, die Sorgen derjenigen ernst zu nehmen, die da campiert haben. Aber die Stadt hatte einfach keine Lust mehr." Die Occupy-Aktivisten vorerst offenbar auch nicht. Eine neue Demo wollten sie nach der Räumung nicht anmelden, stattdessen zogen sie zum Rathaus weiter. Die Awista kehrte auf dem Martin-Luther-Platz derweil tonnenweise Überreste aus fast zehn Monaten Camp zusammen. Der Platz wird vorübergehend noch abgesperrt bleiben, sagt Fedossenko: Einige Aktivisten hatten bereits angekündigt, zurückzukehren.

(RP/ila/jco)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort