Mein Laden in Düsseldorf Ein Friedhof für Wahlplakate

Reisholz · Die Künstlerin Lena Hinckel macht in ihrem Atelier in Reisholz nachhaltige Notizhefte aus Papierabfällen für ihr kleines Start-up „Schnittstelle Kunst“. Nach der Kommunalwahl hat sie jetzt auch Verwendung für alte Wahlplakate.

 Lena Hinckel von Schnittstelle Kunst zeigt in ihrem Atelier, wie sie ihre Notizbücher bindet. Aus Papierabfällen stellt die Künstlerin Notizbücher, -hefte und -zettel her. Bald möchte sie diese in Düsseldorf verkaufen.

Lena Hinckel von Schnittstelle Kunst zeigt in ihrem Atelier, wie sie ihre Notizbücher bindet. Aus Papierabfällen stellt die Künstlerin Notizbücher, -hefte und -zettel her. Bald möchte sie diese in Düsseldorf verkaufen.

Foto: Patrick Müthing

Konzentriert zeigt Lena Hinckel, wie sie ein Buch bindet. Sie streicht mit einem Pinsel vorsichtig Leim auf die Rückseite eines eingespannten Papierstapels und legt dann Mull, die sogenannte Gaze, auf den Leim. Getrocknet ist diese Stelle später der Buchrücken, der den Stapel zusammenhält. Mit ihrem jungen Unternehmen „Schnittstelle Kunst“ versucht Hinckel „Ästhetik und Ethik“ miteinander zu verbinden. Sie produziert Notizhefte, Blöcke und Notizzettel aus den unterschiedlichsten Papierabfällen.

Hinckels Atelier liegt in einer alten Fabrik in Reisholz, auf dem Boden liegen stapelweise Wahlplakate von der Kommunalwahl. „Die wurden erst vor kurzem bei mir abgeliefert“, erzählt die Künstlerin. Aus den Plakaten sollen Mappen für Dokumente oder Pressematerialien werden. Noch tastet sie sich an das neue Material heran, einen ersten Prototypen hat Hinckel schon entwickelt. Das Material, mit dem sie arbeitet, ist Papierabfall. Aus Plakaten werden Notizbücher, aus Briefumschlägen und Verpackungsmaterial Notizhefte, aus den Papierabfällen ihres Ateliers Notizzettel. Dabei schöpft sie das Altpapier nicht zu neuem, sondern nimmt das Papier so, wie es bei ihr ankommt. In einem Notizheft aus alten Briefumschlägen lässt sie die Briefmarken kleben, in dem Notizbuch aus Plakaten ist die Rückseite ein Teil der Vorderseite des Plakats. Die Künstlerin erklärt: „Dadurch erhält alles eine gewisse Individualität. Der Hintergedanke ist Nachhaltigkeit mit einem Designanspruch.“ Und der Aspekt Nachhaltigkeit ist für die Künstlerin ein besonderer Antrieb. „Ich bin mir sicher, dass ich hiermit nicht die Welt retten werde – aber ich versuche meinen Teil beizutragen. Meine kleine Tochter wird noch länger als ich auf dieser Welt leben.“

Die Briefumschläge bekommt sie zurzeit aus ihrer Nachbarschaft in Friedrichstadt, andere Materialien über Kontakte. Für die Zukunft könnte sie sich vorstellen, mit größeren Abfallerzeugern zusammenzuarbeiten. „Ich denke, dass skurrilste Material, habe ich noch gar nicht gesehen. Es gibt bestimmt Firmen, bei denen Produktionsabfälle anfallen, die ich noch nicht kenne, mit denen ich aber arbeiten könnte.“

Studiert hat die 36-jährige Kommunikationsdesign mit dem Schwerpunkt auf künstlerischer Fotografie. Daraufhin schloss sie eine Ausbildung zur Kunsttherapeutin ab. Das Buchbinden hat sie in ihrem Studium gelernt, und Arbeit mit Papier ist seither ihre künstlerische Leidenschaft. „Papier ist ein sehr haptisches Material. Interessant macht es das Berühren oder das Glattstreichen – der Umgang damit, auf verschiedenen Produktionsebenen.“

Papier nutzt sie auch in der Fotografie, um Hintergründe zu schaffen, oder in ihrer Arbeit als Therapeutin. Doch nicht nur anderen, auch ihr selbst tut die Arbeit gut. „Als Künstlerin habe ich viele Skizzenbücher und oft Papierabfall. Das alles verarbeite ich zu neuen Notizzetteln. Die alte Arbeit abzuarbeiten, hat etwas sehr Befreiendes.“

Noch steckt das kleine Unternehmen in den Kinderschuhen. Zurzeit arbeitet Lena Hinckel an einem Onlineshop und entwickelt weitere Produkte. In Zukunft will sie aber zentraler in Düsseldorf vertreten sein. Sie stellt sie sich eine Produktions- und Sammelstätte etwas innenstadtnäher vor. Von da aus möchte sie dann auch ihre Produkte verkaufen. Eine Zusammenarbeit mit Theatern, Museen und Firmen kann sie sich ebenso vorstellen.

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