Düsseldorf Norovirus: Vorwürfe gegen Krankenhaus

Düsseldorf · Eine 96-Jährige hat sich während ihres Aufenthaltes in der Geriatrie des St.-Martinus-Krankenhauses mit dem hochansteckenden Magen-Darm-Erreger infiziert. Die Tochter erhebt schwere Vorwürfe gegen die Klinik.

 Im St.-Martinus-Krankenhaus gehe man mit Patienten, die hochansteckende Krankheiten haben, nachlässig um, sagt die Tochter einer Patientin.

Im St.-Martinus-Krankenhaus gehe man mit Patienten, die hochansteckende Krankheiten haben, nachlässig um, sagt die Tochter einer Patientin.

Foto: andreas Endermann

Als Brigitte Reinhardt ihre Mutter Ruth Knothe in das St.-Martinus-Krankenhaus brachte, ging sie davon aus, dass man sich dort gut um die 96-Jährige kümmern würde. "In der Geriatrie sollten die neurologischen Ursachen dafür abgeklärt werden, warum meine Mutter, die anfängliche Demenz hatte, fast auf einen Schlag zunehmend orientierungslos war und sogar halluzinierte", sagt die ehemalige Arzthelferin. Zu dem Zeitpunkt sei die Mutter für ihr Alter in körperlich guter Verfassung gewesen. Das habe sich während des Klinikaufenthaltes jedoch drastisch geändert: "Meine Mutter hat sich im Krankenhaus mit dem Norovirus angesteckt, es ging ihr wegen des andauernden Durchfalls und Erbrechens viele Tage sehr schlecht, sie war entkräftet."

Das hätte das Krankenhaus verhindern können, meint die Tochter: "Wenn man mit den Hygienemaßnahmen nicht so mangelhaft umgegangen wäre." So habe Reinhardt, die für ihre Mutter eine Vorsorgevollmacht hat, bei den vielen Besuchen bei ihrer Mutter immer wieder gesehen, wie nachlässig Ärzte und Pfleger mit Hygiene- und Sicherheitsvorkehrungen bei Patienten mit ansteckenden Krankheiten umgingen. Das habe bei der Unterbringung der Mutter in einem Zimmer mit einer Patientin angefangen, bei der wegen andauernden Durchfalls und Erbrechens der Verdacht auf die bakterielle Erkrankung Clostridien bestand. Das Robert-Koch-Institut (RKI) empfiehlt in diesen Fällen die Einzelunterbringung, da die Betroffenen "vegetative Bakterien und Sporen des Erregers ausscheiden und die Umgebung kontaminieren". "Auf meine Frage, ob nicht Gefahr bestehe, dass sich meine Mutter ansteckt, sagten aber Ärzte und Pfleger: ,Es gibt keinen Grund zur Sorge!'" Das Personal, aber auch Besucher hätten allerdings keine korrekte Schutzkleidung getragen.

Zwei Wochen nach der Aufnahme brach dann der Norovirus bei der Mutter aus. Der Virus, der dem Gesundheitsamt gemeldet werden muss, kann für ältere Menschen gefährlich werden, da der Brechdurchfall und damit verbundene hohe Flüssigkeits- und Elektrolyte-Verlust sie schwächt. Übertragen werden die Erreger durch Kontakt mit Stuhl, Erbrochenem oder verunreinigten Gegenständen. Wie das Klinik-Personal mit dem Noro-Fall umging, sei für Reinhardt umso "unfassbarer". Ein Arzt habe ohne Handschuhe der Mutter eine Kanüle gelegt. Auch ein Pfleger habe ohne Schutzkleidung das Zimmer betreten. Das RKI rät zur "Pflege der Patienten mit Einweghandschuhen, Schutzkittel und gegebenenfalls geeignetem Atemschutz zur Vermeidung einer Infektion". Eine Ärztin, die zur Blutabnahme kam und sah, dass Vorsichtsmaßnahmen nicht eingehalten würden, habe gesagt: "Dann handhabt man das auf der Geriatrie wohl anders." "Vielleicht denkt man in der Klinik, dass Menschen wie meine Mutter so alt sind, dass es nicht wichtig ist. Man sagte mir sogar, dass meine Mutter den Virus mitgebracht habe", sagt Brigitte Reinhardt. Laut RKI beträgt die Inkubationszeit aber sechs bis 50 Stunden. "Und wieso hat man die beiden Mitpatientinnen nicht verlegt, um zu verhindern, dass sie sich anstecken?", fragt sie.

Auf RP-Anfrage sagt Geriatrie-Chefarzt Herbert F. Durwen, dass die Noro-Infektion von Ruth Knothe keinen Rückschluss darauf zuließe, dass in der Klinik "Dinge unhygienisch gehandhabt" würden. Im Nachhinein sei es schwierig, die Ursache für die Erkrankung zu identifizieren. So könnten die Erreger von Besuchern ins Krankenhaus gebracht worden sein. Alle Mitarbeiter seien über Sicherheits- und Hygienemaßnahmen bei Norovirus und Clostridien informiert und würden diese einhalten. Die Mitpatientinnen seien nicht verlegt worden, weil "es in diesen Fällen dann leider so ist, dass sie erst mal Mitgefangene im Zimmer sind".

Schon bei Verdacht auf Norovirus sollte der Patient isoliert werden, sagt indes Ortwin Adams vom Institut für Virologie an der Uniklinik. Denn da der Virus mit unkontrolliertem Erbrechen und Durchfall verbunden sei, könnten sich die Erreger überall im Zimmer ausbreiten. Damit sei die Ansteckungsgefahr für andere Patienten besonders hoch: "Das Einschleppen des Virus kann man nicht verhindern, aber etwas gegen die Ausbreitung tun, damit kein Ping-Pong-Effekt entsteht."

Der sei im St.-Martinus-Krankenhaus aber eingetreten, sagt Reinhardt: "Auch ich habe mich dort mit dem Virus angesteckt und vielleicht auch andere Menschen." Reinhardt hat den Virus inzwischen überstanden, doch ihre 96-jährige Mutter sei immer noch geschwächt.

Internet Tipps zur Vorbeugung auf www.rp-online.de/duesseldorf

(RP)
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