Analyse Noch viel Rot bei der Ampel-Bilanz

Düsseldorf · Ein Drittel der Ratsperiode ist vorbei. Ein guter Zeitpunkt, den Kooperationsvertrag, den die Ampel-Partner SPD, Grüne und FDP geschlossen haben, einem Check zu unterziehen.

Nicht nur in der freien Wirtschaft, auch in Teilen der Stadtverwaltung gehört das Controlling - also die Bestandsaufnahme, wo man steht und wo man hinwill - dazu. In der Politik geschieht das allenfalls hinter den Kulissen. Zwei Jahre regiert im Rathaus die Ampel-Mehrheit aus SPD, Grünen und FDP, ein Drittel der Ratsperiode ist also vorbei. Zeit für eine Zwischenbilanz und einen Check, was vom Kooperationsvertrag angepackt wurde und was noch auf der "To do"-Liste steht:

Finanzen Vor allem die Liberalen, auch die Grünen hatten im Vertrag auf die Einhaltung der Schuldenbremse gepocht. Zudem wurde das Ziel ausgegeben, ab 2015 einen strukturell ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Dabei halten sich Ausgaben und Einnahmen die Waage, ohne dass ein Defizit aus Rücklagen ausgeglichen werden muss. Letzteres ist bisher nicht gelungen - und es sieht nicht danach aus, dass es in absehbarer Zeit gelingen wird. Hinzu kommt, dass die Rücklagen nahezu aufgebraucht sind. Dass die wirtschaftliche Schuldenfreiheit tatsächlich noch gewahrt ist, betont nur noch die FDP. Fakt ist, dass die Stadt in diesem Jahr erstmals seit vielen Jahren wieder Kredite bei einer Bank aufgenommen hat.

Bürgerbeteiligung Dieses Ziel zieht sich wie ein roter Faden durch den Kooperationsvertrag und war den Grünen besonders wichtig. Zwar hat sich manches getan - so gibt es viele Info-Veranstaltungen und Runde Tische -, aber ein Kernpunkt wurde noch nicht angegangen: der Bürger-Haushalt. Während es in anderen Städten, zum Beispiel in Köln, seit Jahren üblich ist, die Bürger intensiv an der Haushaltsaufstellung zu beteiligen, sie auch bei Gegenfinanzierung und Sparvorschlägen mit in die Verantwortung zu nehmen, liegt das in Düsseldorf noch fern. Auch einen Beteiligungsbeauftragten gibt es noch nicht.

Verkehr Es wird deutlich, dass mit der neuen Mehrheit der Schwerpunkt in der Verkehrspolitik anders gesetzt wird: Der öffentliche Personennahverkehr wird gefördert, etwa durch Vorrangschaltungen für Bahnen und Busse. Von der geplanten Bahnanbindung der Bergischen Kaserne, die nach 2018 zum Wohngebiet werden soll, ist aber nichts mehr zu hören. Dafür wird der angestrebte RRX-Halt in Benrath kommen, wobei sich diesen Erfolg auch Landtags- und Bundestagsabgeordnete ans Revers heften. Beim Autoverkehr setzt die Stadt auf Elektromobilität - und stellt Fahrzeuge nach Dienstschluss als Mietwagen für jedermann zur Verfügung. Stärker im Fokus ist der Radverkehr, für den - teils umstrittene - Schnellwege gebaut werden. Beim Aufstellen von ausreichend Radständern hinkt die Stadt aber nach wie vor hinterher. Und das Ziel, mittelfristig, also bis 2020, den Radfahreranteil auf 25 Prozent zu steigern, ist kaum zu erreichen. Auch die autofreie Mühlenstraße lässt noch auf sich warten.

Schulen Hier hat die neue Stadtregierung das meiste Tempo reingebracht. Ob die neue Schulbaufirma IPM dabei geholfen hat, ist aber fraglich. Dennoch geht es voran, auch der seit zehn Jahren geplante Neubau Albrecht-Dürer-Berufskolleg ist endlich auf die Schiene gesetzt. Nicht immer ganz klar ist, wie das alles finanziert werden soll.

Service Davon soll es laut dem Vertrag mehr geben, bei kürzeren Wartezeiten. Da gleichzeitig Stellen abgebaut werden sollen - 20 Prozent in den nächsten vier Jahren -, ist das kaum möglich. Ziel verfehlt!

Kultur Der angekündigte Kulturentwicklungsplan wird derzeit erarbeitet, was dabei am Ende konkret herauskommen wird - wer weiß? Auf jeden Fall kommt die Freie Szene unter der neuen Regierung mehr zum Zug. Die Tonhalle wurde allerdings noch immer nicht in eine GmbH umgewandelt.

Wirtschaft Auch hier setzt die Stadt auf "jung und dynamisch", fördert die Start-up-Szene und hat im Rathaus eine Koordinierungsstelle für Kreativwirtschaft eingerichtet. Auch der Ausbau eines Industriehafens in Reisholz wird forciert.

Bäder Da kann die Ampel ein Häkchen dranmachen. Das Bäderkonzept wird nach Jahren des Wartens und der Ungewissheit umgesetzt.

Stadtteile Rathaus-Chef Thomas Geisel tourt zwar fleißig mit seinem OB-Dialog durch die Viertel. Die versprochenen Quartiersmanager in sozial schwachen Gebieten sind aber noch immer nicht installiert. Und die Bezirksvertretungen klagen, dass sie immer mehr in ihren Kompetenzen beschnitten werden.

(dr)
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