Kirche in Düsseldorf Ehe retten am Computerbildschirm

Düsseldorf · Die Katholische Ehe-, Familien- und Lebensberatung (EFL) Düsseldorf stellt Paaren ab März ein Online-Coaching bereit, das bei Beziehungsproblemen helfen soll.

 Paarberatung in der EFL gibt es nicht nur persönlich vor Ort, sondern nun auch mit einem neuen Online-Coaching-Programm.

Paarberatung in der EFL gibt es nicht nur persönlich vor Ort, sondern nun auch mit einem neuen Online-Coaching-Programm.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Sie lernten sich früh kennen und wurden auch früh Eltern. Aber das war es nicht, was ihre Beziehung schon bald belastete. Mit der Zeit hatten sich Eigenarten eingeschlichen. Jeder machte, was so seinen Vorlieben entsprach. Jeder für sich. Und dann kam ein Umbruch im Leben, sagt das Paar, das sich als Markus und Barbara vorstellt, aber so nicht heißt.

Heute sind sie Mitte 50, seit rund 30 Jahren verheiratet. Dass man als Paar auch Probleme haben kann, sei ihnen immer bewusst gewesen. „Das Zusammensein ist kein Selbstläufer.“ Mit Zwiegesprächen, bei denen jeder dem anderen mal frei weg erzählt, was ihn umtreibt und beschäftigt, hatten sie ihre Beziehung schon mehrfach analysiert. Aber als Markus sich beruflich noch einmal gänzlich neu orientierte, sei da eine „Klippe“ gewesen, an der ihre Ehe endgültig zu zerbrechen drohte. „Wir haben alles infrage gestellt.“

Barbara und Markus suchten sich Hilfe. Sie fanden sie bei der Katholischen Ehe-, Familien- und Lebensberatung (EFL). Und dort wurden sie, wie sie sagen, „Versuchskaninchen“ für ein neues Angebot, das die EFL ab März allen Paaren – ganz gleich welcher Religionszugehörigkeit – anbietet. Es heißt „PaarBalance“ und ist ein interaktives Online-Lernprogramm, wie Michael Bruckner, Leiter der Düsseldorfer Beratungsstelle bei der Vorstellung erläuterte. Bundesweit sei es einmalig und soll zukünftig allen zwölf Beratungsstellen im Bistum zur Verfügung stehen. „Wir möchten, dass Paare wieder miteinander ins Gespräch kommen“, so Bruckner.

Am Anfang steht ein Test, 60 Fragen in rund 20 Minuten. Der soll Auskunft darüber geben, wie es um die Beziehung bestellt ist. Dazu muss man lediglich seine E-mail-Adresse angeben und erhält dann eine Auswertung mit Ampelfarbe – grün, gelb oder eben rot. Dann können sich die Teilnehmer durch insgesamt 18 Sitzungen arbeiten. Jeder ist ein launiges animiertes Video vorangestellt. Denn die Berater wissen: Humor sorgt für gute Stimmung.

Das Programm geht sanft vor. Erst einmal wird abgefragt, was man am Partner denn schätzt – oder zumindest mal geschätzt hat. Die „heißen Eisen“ kommen später. Und nach jeder Sitzung sind Hausaufgaben zu machen: nett sein, zuhören, sich bewusst Zeit für den anderen nehmen, etwas gemeinsam planen.

Man kann das Programm ganz alleine, auch ohne den Partner und ebenso ohne weitere Beratung durchspielen. Aber EFL-Mitarbeiterin und Diplom-Sozialpä­dagogin Elisabeth Stritzke rät eher nicht dazu. „Eine Begleitung hilft, gibt eine Rückversicherung.“ Auch die „Versuchskaninchen“ Barbara und Markus haben immer wieder die EFL kontaktiert.

Ein wenig hofft man bei der EFL, dass „PaarBalance“, das man letztlich anonym durcharbeiten kann, eine Art Türöffner ist. So würden sich die Leute dann auch trauen, persönlich in die Beratung zu kommen. Gerade Männern falle das oft schwer.

Rund 600 Paare betreut die EFL in Düsseldorf pro Jahr. Und die Gründe, warum es knirscht in einer Beziehung, sind vielfältig. Es kann das erste Kind sein, das die Zweisamkeit belastet. Statt Familienidyll Stress, alles völlig anders als in den Hochglanzbroschüren. Und auch das Alter schützt vor nichts. „Wir haben hier Paare um die 80, bei denen einer eine Außenbeziehung, also eine Affäre, hat“, erzählt Elisabeth Stritzke. Wer die Beratung aufsucht, will die Beziehung in der Regel retten. Aber manchmal ist der Rat der EFL am Schluss, dass es eben doch besser wäre, sich zu trennen.

Davon sind Barbara und Markus nun wieder weit entfernt. Das, was weg war, ist wieder da: Nähe und Intimität, kein bloßes Funktionieren im Alltagmodus mehr. Selbst das Verhältnis zur erwachsenen Tochter, die längst nicht mehr zu Hause wohnt, habe sich entspannt. Und ja, geholfen habe ihnen das Programm, wenn auch zusammen mit der persönlichen Beratung. Vor allem ihre Sprachlosigkeit hätten sie überwinden können.

Gewiss, sagt Barbara, vieles könne man sich selbst denken. Aber manches habe sie auch überrascht. An ihrer Beziehung würden sie weiter arbeiten, aber die Klippe, die sei umschifft.

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