Umstrittene Stammzelltherapie Neue Vorwürfe gegen XCell

Düsseldorf · Nach dem Tod eines kleinen Jungen bei einer Stammzelltherapie werden gegen die Firma XCell weitere Vorwürfe laut. "Auch bei einem meiner Patienten wurde eine solche Operation durchgeführt", sagte gestern der Düsseldorfer Neurologe Michael Lorrain der Rheinischen Post. Doch geholfen habe der Eingriff dem seit 20 Jahren an Parkinson erkrankten Mann nicht.

 Die umstrittene Klinik hatte ihren Sitz im Dominikuskrankenhaus in Heerdt.

Die umstrittene Klinik hatte ihren Sitz im Dominikuskrankenhaus in Heerdt.

Foto: RP, Thomas Busskamp

Stattdessen habe der ehemalige Taxifahrer, so Lorrain, 9000 Euro los, die er sich zuvor bei Verwandten geliehen hätte. "Die OP war für die Katz", urteilt der Neurologe, der die Methode, Patienten Stammzellen ins Gehirn zu spritzen, für wissenschaftlich nicht seriös hält. Gerade bei Parkinson-Kranken könne es später sogar zu einer Verschlechterung kommen, fürchtet Michael Lorrain, der darum seinen Patienten dringend abrät, sich der Prozedur zu unterziehen.

Derweil laufen die Ermittlungen der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft gegen eine ehemalige Ärztin von XCell weiter. Es bestehe der Anfangsverdacht, die Medizinerin habe sich bei der Operation des eineinhalbjährigen Jungen der fahrlässigen Tötung schuldig gemacht. Dabei steht jedoch nicht allein der Fall des verstorbenen Babys im Raum. Denn auch bei zwei anderen Jungen sollen Operationen durch die Ärztin zu Komplikationen geführt haben.

Dabei ist allerdings noch nicht abzusehen, ob es am Ende tatsächlich auch zu einer Anklage gegen die Frau kommt. Voraussetzung wäre ein eindeutiges Gutachten eines Sachverständigen, sagte gestern der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Christoph Kumpa. Und hierfür müssten erst einmal die betreffenden Krankenakten angefordert werden. Staatsanwalt Kumpa schätzt, dass dies Mitte November der Fall ist, mit der Expertise eines Experten sei in rund einem halben Jahr zu rechnen. Und erst dann mache es — gegebenenfalls — Sinn, die Ärztin zu vernehmen.

Ärztin droht Strafe

Ihr droht, sollte sie tatsächlich in einem Gerichtsverfahren verurteilt werden, eine Geldstrafe oder sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. Und auch die Konsequenzen für die Firma XCell selbst, die nicht Gegenstand der staatsanwaltlichen Ermittlungen ist, könnten schwerwiegend sein. Denn nach dem Tod des kleinen Jungen gab das Paul-Ehrlich-Institut als zuständiges Bundesamt eine Stellungnahme zu dieser Art von Stammzellentherapie ab. Und darin halte das Institut diese Methode für nicht vertretbar, sagte Staatsanwalt Kumpa. XCell hatte auf Anfrage der Rheinischen Post erklärt, einstweilen keine Stammzellen mehr in das Gehirn von Patienten zu spritzen.

(RP)
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