Philipp Brosi Dieser Mann ist Düsseldorfs erster Fleisch-Sommelier

Düsseldorf · T-Bone, Entrecôte, Hüftsteak? Sind lecker, aber von gestern. Philipp Brosi, Düsseldorfs erster Fleischsommelier, will im Sommer frischen Wind auf den Grill bringen und erklärt im Video, aus welchen Teilen von Rind und Schwein man noch köstliche Steaks schneiden kann.

 Fleischermeister Philipp Brosi im Produktionsraum des elterlichen Betriebs. Er weiß genau, was man aus Rind alles machen kann.

Fleischermeister Philipp Brosi im Produktionsraum des elterlichen Betriebs. Er weiß genau, was man aus Rind alles machen kann.

Foto: Andreas Endermann

Die Linke zupft, die Rechte schneidet. Einmal von rechts nach links. Es dauert keine drei Minuten, dann ist das massige Stück Rindfleisch von allen Silberhäutchen befreit. "Ich hab jetzt mal langsam gemacht", sagt Philipp Brosi. "Damit es extra ordentlich aussieht." Er wischt sein Messer ab. Sechs Stück hat er hier hängen, stets perfekt geschliffen. "Mein Vater klaut sie mir deswegen auch gerne, seine sind nicht so scharf."

Brosi, 25 Jahre alt, trägt seinen Nachnamen nicht aus Angeberei auf dem Poloshirt. Höchstens aus Stolz - Stolz auf die jahrzehntelange Tradition des Familienbetriebs, den er einmal leiten wird. Metzgerei Brosi, vor 50 Jahren gegründet von Philipps Großeltern, seit 1965 auf der Nordstraße: Laden im Erdgeschoss, dahinter Produktions- und Kühlräume. Oben ein Aufenthaltsraum für die Mitarbeiter und das Büro. Noch weiter oben: die Wohnräume der Familie. "Ist ganz praktisch", sagt er. "Mein Arbeitsweg dauert 15 Sekunden."

Was auch heißt: Wenn mal was ist, klingelt das Telefon. Seit die Metzgerei Brosi Catering und Partyservice anbietet, auch am Wochenende. Trotzdem glaubt man Philipp Brosi, wenn er sagt, dass er nie etwas anderes machen wollte. Spätestens seit er vom zweiwöchigen Lehrgang zum Fleisch-Sommelier an der Fleischerschule Bayern wiedergekommen ist, brennt er für den Job.

Wurst ist nicht gleich Wurst - und Steak nicht gleich Steak

Warum, könnte man fragen, macht einer, der schon mit 21 Jahren Fleischermeister war, noch einen Lehrgang? Wurst ist doch Wurst. Nix da, sagt Philipp Brosi, der vor Weihnachten die Brosi-Kunden mit einer Wildschweinpastete verblüfft hat. Wurst ist eben extrem vielfältig. Und nicht mal Steak - simpel gesagt, ein Stück Fleisch zum Kurzbraten - ist heutzutage noch Steak.

Das Stück Rind, das Brosi so geschickt von Unzerkaulichem befreit hat, nennt sich beispielsweise Flat Iron Steak. Kennt in Deutschland praktisch kein Mensch. Jedenfalls nicht als Steak. Denn es kommt aus der Schulter und die gilt hierzulande als klassisches Schmorstück. Es kommt halt auf den richtigen Schnitt an. Für Brosi war das ein Aha-Moment während seiner Schulung: "Erst habe ich auch gedacht: Die schneiden Steaks aus der Rinderschulter, haben die sie noch alle?"

Außer Handwerkskursen hat Philipp Brosi in Augsburg Seminare zu Haltung, Rassen, Fütterung und kulinarischer Ethnologie besucht: Warum essen wir eigentlich Fleisch? Warum essen manche Schwein und andere nicht? Als Fleisch-Sommelier ist er jetzt Experte beim Thema Zubereitungsarten, kennt für jedes Stück Fleisch die Kerntemperatur auswendig und hat sich auch mit Marketing befasst. Denn das ist die Hauptsache: dass der Kunde lernt, dass Steak nicht immer aus dem Filet kommen muss. Dass man auch andere Teile zwischen Schnauze und Schwanz des Tieres mit Genuss essen kann - wenn man richtig mit ihnen umgeht. Dass man nach ungewöhnlichen Stücken fragen muss, bis der Metzger des Vertrauens sie anbietet.

Bei Brosi ist es umgekehrt. Demnächst werden Schildchen mit Wörtern wie "Teres Major", "Skirt vom Rind" oder "Cuscino" in der Auslage liegen. Und hinter der Theke wird dann einer stehen, der geduldig erklärt, dass Kachelfleisch vom Rind das Gleiche ist wie ein Spider-Steak, dass es wegen der Marmorierung, die an ein Spinnennetz erinnert, so heißt, dass es aber trotzdem sehr zart ist und nur sehr kurz angebraten werden muss.

Brosi kann nämlich nicht nur mit Messern umgehen, sondern auch mit der Pfanne. Kochen ist seine Leidenschaft, gleich nach der Metzgerei, sonst macht er noch gern Sport oder trifft sich mit Freunden. Sein Lieblingsessen? Früher war es Entrecôte, ein Rindersteak aus der Zwischenrippe. Aber jetzt will sich Philipp Brosi nicht mehr festlegen. "Es gibt einfach zu viel, was unglaublich gut ist, und jedes Stück schmeckt ein bisschen anders und passt zu einer anderen Gelegenheit." Abends kommt deshalb auch meistens Fleisch auf den Teller bei Fleischermeister Brosi. Morgens dagegen darf es auch mal einfach ein Joghurt sein.

Metzgereiensterben Vor einigen Jahrzehnten gab es nach Auskunft von Inhaber Jürgen Brosi 450 Fleischereien in Düsseldorf. Heute sind es nur noch zwei Dutzend.

Produktion vor Ort Die Metzgerei Brosi produziert 85 Prozent der Ware noch selbst. Rindfleisch wird vor Ort drei bis vier Wochen gereift.

(hpaw)
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