Naturkunde Einblicke in die Welt der Neozoen
Düsseldorf · Am Donnerstagabend öffnet die neue Sonderausstellung „Tierische Neubürger und einheimische Exoten“ des Naturkundemuseums Schloss Benrath mit einer Vernissage. Kurator Gunnar Gad gibt einen ersten Einblick.
Einwanderer, Neubürger, Rückkehrer – im Naturkundemuseum Schloss Benrath dreht sich ab Freitag, 31.März, alles um sogenannte Neozoen, also Tiere, die vom Menschen hier angesiedelt wurden, teilweise aber auch von selbst nach Deutschland gekommen sind oder aufgrund verbesserter Lebensgrundlagen wieder hierher zurückgekehrt sind. Bereits seit 2020 plant Museumsdirektor und Kurator Gunnar Gad die Ausstellung „Neozoen. Tierische Neubürger & einheimische Exoten“, doch zuerst hat ihm die Corona-Pandemie einen Strich durch die Rechnung gemacht, jetzt ist es der Krieg in der Ukraine. „Um Heizkosten zu sparen, hatten wir über den Winter geschlossen, aber jetzt soll es endlich wieder richtig losgehen“, erklärt Gad.
Zu sehen sind Tierpräparate von Arten, die in ganz Deutschland ein neues Verbreitungsgebiet bereits gefunden haben oder deren Ausbreitung in den nächsten Jahren wahrscheinlich wird. „Obwohl die Artenvielfalt leidet und viele Tiere Probleme mit dem Klimawandel haben, gibt es auch etliche Arten, die davon profitieren und neue Lebensräume erschließen“, erläutert Gunnar Gad. Die Ausstellung geht auch auf die Unterschiede ein: So gelten Tiere, die seit 1492 vom Menschen verbreitet wurden, als Neozoen; Tiere, die bereits vor diesem Jahr eingeführt wurden, nennt man Archäozoen. Als einheimische Pflanze oder Tier gilt, wer sich seit der letzten großen Eiszeit vor 10.000 Jahren hier angesiedelt hat. „Gebietsfremde Tiere“ sind diejenigen, die selbstständig eingewandert sind; als Rückkehrer werden solche bezeichnet, die über einen längeren Zeitraum in einem Gebiet als ausgestorben galten, etwa der Wolf. Besonders viel Aufmerksamkeit erhalten oft die invasiven Arten, die wirtschaftliche Schäden ebenso wie ökologische verursachen, teilweise verdrängen sie einheimische Arten oder werden zu deren Fressfeinden.
„Gerade bei den Rückkehrern, die oft auch menschliche Hilfe etwa durch Auswilderungsprogramme bekommen, wird deutlich, dass die Umweltpolitik vergangener Jahrzehnte wirkt“, meint Gunnar Gad. Dies merke man etwa am Beispiel der Stelzenvögel, etwa verschiedene Reiher oder Kraniche, die sich nun wieder vermehrt in renaturierten Mooren und Flussauen ansiedeln. Der Uhu etwa sei in Solingen wieder in den Wäldern anzutreffen, nachdem dort seit den 1970er Jahren ein Zuchtprogramm laufe. In der Urdenbacher Kämpe habe seit kurzem der Biber wieder zurück gefunden.
Dabei gibt es in Deutschland auch einige Exoten, die in der Ausstellung nicht fehlen dürfen. Während der Nandu in Mecklenburg-Vorpommern inzwischen in größerer Zahl vorzufinden ist, gibt es in NRW nahe der niederländischen Grenze im Naturschutzgebiet Zwillbrocker Venn die einzige freilebende deutsche Flamingo-Kolonie. „Allgemein ist NRW das Bundesland mit den meisten Neozoen“, sagt Gunnar Gad. Düsseldorf selbst gilt als Stadt der Kanadagans und ist seit vielen Jahren bei verschiedenen Gansarten beliebt – so sehr, dass es schon zu Problemen wegen Überpopulation kommt. Das Thema Neozoen beschäftige viele Menschen und es gebe immer wieder spannende neue Entwicklungen.
Auch deshalb ist die Ausstellung mit offenem Ende konzipiert. So sollen immer wieder neue Schwerpunkte behandelt werden und neue Entwicklungen und Tiere in die Ausstellung integriert werden. „In erster Linie liegt diese Überlegung aber darin begründet, dass wir nicht wissen, wann genau die Sanierungsarbeiten im Naturkundemuseum starten werden“, so Gad. Daher wolle man keine neue Sonderausstellung planen, die dann vielleicht gar nicht umgesetzt werden kann.
Die Neozoen-Ausstellung ist in die reguläre Ausstellung integriert. „Wir sind ein Sackgassen-Museum – das heißt, die Besucher müssen noch einmal durch alle Ausstellungsräume zurück.“ Daher habe man beschlossen, schon in vorherigen Räumen kleinere thematische Exkurse unterzubringen. Erst in den letzten Räumen geht es ausschließlich um Neozoen.
Die Exponate stammen dabei zum Teil aus den Beständen des Museums, andere kommen aus dem naturkundlichen Fuhlrott-Museum in Wuppertal. „Einige Tierpräparate mussten wir auch zukaufen“, erzählt Gunnar Gad. Das liege unter anderem daran, dass manche Tiere hier nicht so einfach zu bekommen sind, weil sie sich gerade erst langsam ansiedeln, oder erst in Zukunft kommen werden. „Ein gutes Beispiel ist der Goldschakal“, meint Gad und weist auf das Exponat. Man habe es sehr preisgünstig erhalten – wegen einer fehlenden Schwanzspitze, die nachträglich angefügt wurde. „Normalerweise kann man mit rund tausend Euro rechnen, wir haben rund ein Drittel gezahlt.“