Gründung in Düsseldorf Yes-Partei sagt ja zu Europa

Düsseldorf · In Düsseldorf ist eine neue Partei gegründet worden: Young European Spirit oder YES will Europa stärken, indem Kompetenzen klar verteilt werden. Die Macher sind jung und hoffnungsvoll.

 Andere gehen bowlen. Jonathan Lessing, Katharina Hartz und Tobias Uelpenich (alle 22) gründen lieber eine Partei.

Andere gehen bowlen. Jonathan Lessing, Katharina Hartz und Tobias Uelpenich (alle 22) gründen lieber eine Partei.

Foto: Anne Orthen (ort)

Ein Grüner hilft an diesem Abend beim Aufstellen des Beamers. Vielleicht steht das irgendwann mal in den Geschichtsbüchern: Der Düsseldorfer Ratsherr Mathias Meis von Bündnis 90/Die Grünen war dabei, als „Young European Spirit“ im Heine-Haus auf der Bolker Straße in Düsseldorf aus der Taufe gehoben wurde. Meis kann allerdings nichts dafür – er arbeitet im Heine-Haus, das Beamer-Aufstellen gehört zum Service.

Jonathan Lessing und seine Mitstreiter legen derweil Postkarten auf jeden Stuhl im Saal. „Europa ist die geilste Stadt der Welt“, steht darauf. Lessing ist 22 Jahre alt, wirkt aber in Anzug und Krawatte zehn Jahre älter – erst recht, wenn er den Mund aufmacht. Er spricht druckreif, gebraucht kaum Füllwörter oder Verlegenheitssilben, macht selten eine Pause, bevor er nicht am Ende seines Gedankenganges angekommen ist. Seine Redebeiträge haben eine Gliederung, die man hören kann. Das ist häufig so bei Mitgliedern der Studierendenorganisation Aegee (Association des États Généraux des Étudiants de l’Europe), in deren Lokalvorstand in Düsseldorf er sitzt – ebenso wie seine Mitstreiterin Katharina Hartz in Aachen. Hartz studiert Maschinenbau, Lessing ist fertiger Wirtschaftswissenschaftler – er arbeitet bei einer Düsseldorfer Bank. Der Dritte im Bunde, Tobias Uelpenich, macht gerade seinen Abschluss in Sozialwissenschaften.

Andere Leute gehen bowlen oder Bier trinken. Diese 22-Jährigen gründen heute Abend eine Partei. Eine Europa-Partei namens „Young European Spirit“ oder Yes, geschrieben mit einem Ausrufezeichen davor. Eine Partei, die so, wie sie erdacht ist, eigentlich noch gar nicht möglich ist.

Denn Lessing, Hartz und Uelpenich wollen, dass Yes durch und durch europapolitisch ist. Oder, wie es Lessing an diesem Abend vor den etwa 30 Menschen im Saal ausdrückt: „Young European Spirit verspricht, eine Stimme zu sein für eine konsequente Vision von Europa.“

Kurz gesagt, sollen Yes-Abgeordnete – so es sie einmal gibt – immer europäische Interessen vertreten, niemals nationalstaatliche. „Das wäre ein Quantensprung“, sagt Jonathan Lessing.

Im europäischen Interesse kann es – der Parteiphilosophie zufolge – durchaus liegen, Kompetenzen an die Nationalstaaten abzugeben. Den Hut aufhaben soll Europa aber bei der Digitalisierung, der Energie-, Migrations- und Entwicklungspolitik und bei Teilen der Bildungspolitik.

Das Ziel der Gründer: Yes soll 2019 bei der Wahl zum Europaparlament antreten. Am liebsten wäre es Lessing, Hartz und Uelpenich, wenn es dabei bleiben würde. Sie wollen eine rein europäische Partei. Doch dieses Konstrukt gibt es in dieser Form in Europa gar nicht. Yes wird an diesem Abend nicht als europäische, sondern als deutsche Partei gegründet – was nach dem Parteiengesetz bedeutet, dass sie ihre Rechtsstellung als Partei verliert, wenn sie sechs Jahre lang weder an einer Bundestags- noch an einer Landtagswahl teilgenommen hat. Yes-Abgeordnete werden also möglicherweise irgendwann wider Willen bei einer Bundestagswahl antreten. Lessing: „Dort wollen wir dann unter anderem dafür kämpfen, dass es in Zukunft rein europäische Parteien gibt.“

Wirklich voll wird es nicht an diesem Abend – aber das Publikum ist engagiert und stellt viele Fragen. Gekommen sind hauptsächlich Menschen im Studentenalter. Die älteren Gäste outen sich schnell als politisch bereits aktiv. Einer bei den Grünen, ein anderer bei der Bewegung „We are Europe“. Der diagnostiziert „Start-up-Fieber“ in Europafragen. Überall keimten die politischen Bewegungen auf. Das stimmt. Neben „We are Europe“ gibt es schon länger „Pulse of Europe“, weniger bekannt ist „Volt“. Inzwischen hat sich in Düsseldorf eine Gruppe namens „Force of Europe“ gegründet. Braucht es da noch eine Europa-Partei?

Ja, sagt Jonathan Lessing, weil der Europa-Fan an sich keine Partei habe, die er 2019 glaubwürdig wählen könne. Damit das tatsächlich möglich wird, müssen die Mitglieder von Young European Spirit bis März 4000 Unterschriften gesammelt haben. Das ist die Voraussetzung, bei der Europawahl auf den Wahlzetteln aufzutauchen. 49 Mitglieder hat Yes aktuell. Wer für Straßburg kandidiert, soll bei einem Sonderparteitag Anfang 2019 entschieden werden.

Sie hätten viel positives Feedback auf ihre ersten Ideen bekommen, sagt Tobias Uelpenich im Heine-Haus. „Oft haben wir gehört: Schöne Idee, macht ihr mal – wir steigen dann ein, wenn es konkret wird.“ Jetzt soll es so weit sein. Die Yes-Gründer hoffen, dass die Parteiwerdung nur der erste Schritt ist.

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